![]() Freie Presse, Lokalseite Zschopau vom 4. Mai 1991 |
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Von Bettina Harnisch
Mitspracherechte Von Bettina Harnisch Wenn zum Zschopauer Bierzelt-Talk vom 1. Mai von einer Kindergärtnerin darum geworben wurde, daß bei Entscheidungen um die Zukunft der Kindereinrichtungen nicht das leidige Finanzproblem einziges Kriterium sein sollte, so hatte dies sicher die Zustimmung nicht nur betroffener Eltern. Investitionen in unsere Kinder sind nun mal Investitionen in die Zukunft. |
In Krumhermersdorf hatten bekanntlich nach einem Beschluß des Hauptausschusses über zwei nicht von der Gemeinde zu übernehmende Kindergärtnerinnen die Eltern per Unterschriftensammlung ihr Mitspracherecht eingefordert. Daraufhin äußerte sich Bürgermeister Jörg Tausch gegenüber der "Freien Presse" zunächst etwas verärgert über die Art und Weise der Unterschriftensammlung. Es sei nie die Rede davon gewesen, den Kindergarten zu schließen. Man wolle keineswegs, daß eine Mutti wegen Mangels an Kindergartenplätzen ihre Arbeit verliere. Nur müsse die Gemeinde auf die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung bedacht sein. Da im September von den gegenwärtig 38 bis 42 hier betreuten Kindern 15 in die Schule kämen, nicht ebenso viele Zugänge zu erwarten seien, könnten nur vier Erzieherinnen weiter beschäftigt werden. Zudem rechne man damit, daß infolge der Beschäftigungslage im Ort die Zahl der Kindergartenkinder abnehme, arbeitslose Muttis ihre Kinder daheim behielten. Die Gemeindeverwaltung sei aber bereit, im Bedarfsfall wieder Erzieherinnen einzustellen. Die Gemeinde entlasse im übrigen auch gar nicht, wie behauptet werde, denn die Kindergärtnerinnen würden ja noch vom Schulamt beschäftigt - von demselben also auch bei Nichtübernahme durch die Kommune entlassen (1).
Tausch betonte, daß der Beschluß über die Beschäftigung von nur vier Erzieherinnen vom Hauptausschuß gefällt worden sei - also von gewählten Volksvertretern. Er sei der Meinung, daß man diesen Gremien das Entscheidungsrecht nicht aus den Händen nehmen dürfe. Bei aller Demokratie könne nicht jeder Entscheidungsfindung eine Volksbefragung vorausgehen. (2)
In der Zschopauer Stadtverwaltung ist man da etwas anderer Meinung. Zwar gab es noch in und nach der letzten Stadtverordnetenversammlung Unmut unter den Kindergärtnerinnen, als Beigeordneter Lothar Krenz erläuterte, daß aus wirtschaftlichen Gründen nur 37 von 52 ausgebildeten Kindergärtnerinnen übernommen werden könnten. Eine Analyse der amtierenden Mitarbeiterin des Schulamtes und Leiterin des MZ-Kindergartens, Renate Gottschald, sagte nämlich demgegenüber aus, daß ab September voraussichtlich etwa für 580 Kinder Betreuungskapazität in Kindergärten benötigt wird. Um dies in der vorgeschriebenen Gruppenstärke von 12 bis 14 Kindern und bei einer mehr als zehnstündigen Öffnungszeit abzusichern, sind jedoch diese 52 Kolleginnen erforderlich. Schließlich soll der Kindergarten ja auch nach dem Willen der Eltern keine Bewahr-Anstalt, sondern entwicklungsfördernde Einrichtung sein.
Allheilmittel ABM Von Hermann Doerffel Zur Sitzung der Krumhermersdorfer Gemeindevertretung am Dienstag wurde deutlich, daß Arbeits-Beschaffungs-Maßnahmen ein zweischneidiges Schwert sein können. Sicher keine ganz neue Weisheit. Doch es scheint notwendig, dies wieder einmal ins Bewußtsein zu rücken. Wie schon in den vergangenen Tagen zu lesen war, erhielten alle Kindergartnerinnen eine Kündigung mit dem Zusatz, daß sie nach Möglichkeit durch die Gemeinden über ABM wieder eingestellt werden sollten. Nach Möglichkeit! Aber selbst jene, die unter diese Möglichkeit fallen, sitzen auf einem Schleudersitz. Bekanntlich sind Beschäftigungen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf ein, unter besonderen Bedingungen auf drei Jahre befristet. Und dann? Wenn die Kindereinrichtungen schließlich in voller Verantwortung der Gemeinden stehen - die auch den Lohn zahlen müssen - kommt die Stunde der Wahrheit. Welche Gemeinde hat dann plötzlich zusätzliches Geld zur Verfügung? Die Alternative aber heißt: Höhere Elternbeiträge, weniger Kinder, Personalabbau, weniger Kindergarten- und -krippenplätze für die Zukunft. Hier steht dann wohl die Frage nach dem Sinn der ABM offen. Das erforderliche Geld für die Löhne der in den Kindereinrichtungen Beschäftigten scheint im großen und ganzen vorhanden zu sein. Doch obwohl die Kommunen für eben diese Einrichtungen verantwortlich sind, bekommen sie es nicht in die Hand. Die Leidtragenden sind die Kindergärtnerinnen, Krippenerzieherinnen und nicht zuletzt die Kinder. Die aber sind in solcherart vorläufigen Verhältnissen wohl nicht am besten aufgehoben. |