Freie Presse 12. November 1991
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LPG wird Agrar-Aktiengesellschaft
Schwierige, aber nicht chancenlose Zukunft für Krumhermersdorfer Landwirte

KRUMHERMERSDORF (DOE/red). Schwierige Zeiten stehen der in Gründung befindlichen Agraraktiengesellschaft Bauernland bevor, zu der die frühere LPG Krumhermersdorf gehört.

Geld verfallen
Von Hermann Doerffel

Die Zeiten für die Landwirtschaft sind nicht die besten, und wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren. Bitter ist das für diejenigen Bauern, die damals die LPG gründen mußten. Als Beitrag mußten sie einbringen, was zwei bis drei Jahresverdiensten entsprach. Und heute bekommen sie zurück, was vier bis sechs Monatsverdiensten entspricht. Ohne Zinsen, versteht sich. Denn die Aktien' die die LPG für Zinsen und andere Erträge ausgibt, werden für die Alteren unter ihnen wohl nur ein Stück Papier bleiben.
So ist für die Alteren nun zum wiederholten Mal ihr Geld verfallen.
Die Gewinnspanne bei landwirtschaftlichen Produkten werde in den nächsten Jahren gering sein, so der Krumhermersdorfer LPG-Vorsitzende Jens Beyer gestern gegenüber der "Freien Presse". Klare Aussagen über die Entschuldung von Altkrediten gebe es noch nicht.

Kürzlich schlug für die LPG die Stunde der Wahrheit. In einer Mitgliederversammlung erläuterte Beyer die gegenwärtige Situation, Vorstellungen zu Inventarbeitrag, Aktien, die Chancen und Aussichten. Zwar hätte die LPG bisher Rechnungen und Löhne termingemäß zahlen können, der Preis aber sei ein bedeutendes Schrumpfen gewesen: Die Belegschaft sei stark reduziert worden.

Tiere für mehr als eine halbe Million hätten ersatzlos verkauft werden müssen, um die Liquidität zu erhalten.

Und noch sei man nicht über den Berg. Finanzielle Schwierigkeiten der Molkereigenossenschaft Chemnitz gelte es mit zu tragen, unbezahlte Rechnungen von Abnehmern belasteten die Bilanz. Hinzu kämen Altlasten, wie die neuen Anlagen in den Feldgüter nahe Krumhermersdorf, für die Kredite zu tilgen seien.

Die LPG-Mitglieder wollten wissen, was mit ihren Inventarbeiträgen werde, die in den 70er Jahren eingezahlt werden mußten.

Entsprechend dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz würden Teile der Inventarbeiträge auf Antrag 1:1 und der Investbeitrag 1:2 zurückgezahlt, so Beyer. Und das innerhalb von fünf Jahren. Der Erwerb von Tieren für die eigene bäuerliche Wirtschaft sei ebenfalls möglich.

Jens Beyer (links) und Tierpfleger Stefan Thamm in der Krum-
hermersdorfer Schweinemastanlage an den Feldgütern. Die Kredite
aus der Vergangenheit für die neue Anlage belasten die in Gründung
befindliche Agraraktiengesellschaft Bauerniand, die aus der LPG
Großolbersdorf hervorgegangen ist. Über eine Entschuldung, so
Jens Beyer, gebe es noch keine klaren Aussagen. Foto Murkowski
Für den Wertzuwachs aus Landnutzung und Arbeit der Mitglieder sowie für Zinsen auf eingebrachte Beiträge werde die in Gründung befindliche Aktiengesellschaft Aktien ausgeben.

Jens Beyer beruhigte die aufbrausenden Bauern, daß man nicht stur am Buchstaben des Gesetzes festhalten wolle. Immerhin sei man kein anonymer Großstadtbetrieb, sondern ein Landwirtschaftsunternehmen, wo jeder jeden kenne. Wo individuelle Lösungen möglich seien, werde man sich darum bemühen. Es nütze keinem, die LPG auszubluten. Bei einem Konkurs blieben vielleicht nur 10 bis 15 Prozent der Inventarbeiträge übrig. Mitglieder würden also unweigerlich ihr Geld verlieren und Noch-Beschäftigte ihren Job, so Beyer.

Man hätte aber noch Chancen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Die Wirtschaftsprüfer hätten dies bestätigt. Rationalisierungsmaßnahmen, neue Vermarktungsstrategien für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Stabilisierung der Preise ließen für die Zukunft eine positive Ertragslage erwarten.