12.07.2001 Freie Presse, Mike Baldauf
Nachrichten
seit 1990

Gestörtes natürliches Gleichgewicht
Aggressive Erreger auf dem Vormarsch

Viele Kleingärtner ärgern sich dieses Jahr über kranke Rosen.
Zschopau. Mancher Kleingärtner versteht die Welt nicht mehr. Die Kartoffeln wachsen nicht so wie früher, Stachelbeer- und Johannisbeerbäumchen kränkeln schon seit Jahren (1), und nun haben auch noch die Rosensträucher einen Knacks wegbekommen und tragen dunkle Flecken auf ihren Blättern. »Ja, das ist schon eine schlimme Sache mit der Umweltverschmutzung«, wird dann oft versucht, das Unfassbare zu begründen.

Wie Gerippe ragen diese Pappeln an der B101 bei Schönbrunn in die Höhe. Den Kampf gegen den Pilzfraß haben sie verloren.
Christoph Beck, Berater für Pflanzenschutz in der Marienberger Außenstelle des Landwirtschaftsamtes, weiß es besser. Die Häufung von Krankheiten bei bestimmten Arten führt er unter anderem auf die gewachsene Mobilität der Menschen zurück. Der Experte verweist als typisches Beispiel dafür auf die Ulmenkrankheit. Einst im Erzgebirge zu Hause, ist der Baum heute kaum noch in der Region zu finden. Lediglich bei Mildenau hat Beck noch einige gesunde Exemplare entdeckt. Grund für das Sterben ist ein aggressiver Pilz (Ceratocystis), der um 1918 erstmals in Europa auftrat. Eine neue Krankheitswelle erfasste den Kontinent in den 6oer Jahren und raffte seitdem Millionen Ulmen dahin. Eingeschleppt wurde der Pilz Beck zufolge wahrscheinlich aus Asien, wo er schon längere Zeit mit weniger anfälligen Ulmenarten zusammen lebte.

Heute können Touristen auf den entferntesten Erdteilen Urlaub machen. Mitbringsel wie Blumen und Palmen sorgen dann dafür, dass Erreger aus verschiedenen Regionen zusammtreffen und ihr Erbgut neu vermischen können. »Auf diese Weise werden die Krankheitserreger mitunter stark - sprich aggressiver - gemacht«, erklärt Christoph Beck. Während sich eingeschleppte Pflanzen wie der Riesenbärenklau unter hohem Aufwand wieder ausradieren lassen, müssen die Menschen mit den neuen Formen der Krankheitserreger leben, weist der Fachberater auf das Dilemma hin.

Von einem heimtückischen Pilz sind inzwischen auch Pappeln befallen. Zum Teil haben die Gehölze den Kampf, etwa in der Nähe von Schönbrunn an der B 101, verloren. Beck: »Der Erreger ist im Gegensatz zum Ulmenpilz zwar heimisch, konnte aber sein zerstörerisches Werk aufgrund der strengen Winter 1995 und 1996 voll entfalten.«

Der Erreger der Krautfäule wütet indes bei den Kartoffeln mehr denn je und macht Hobby-Bauern zunehmend das Leben schwer. Der Säulenrost befällt dagegen Johannisbeersträucher, an Kiefern tritt der gleiche Erreger in Form von Kiefernblasenrost in Erscheinung.

Für die Rosenkrankheit zeichnen vor allem Sternrußtau und Mehltau verantwortlich - »Pilzrassen, die jetzt wesentlich aggressiver geworden sind.« Beim Kauf sollte deshalb nach der Anfälligkeit gegen diese Krankheiten gefragt werden, rät Beck. Zudem empfiehlt er, Pflanzen immer standortgerecht anzubauen: »Mitbringsel von der Urlaubsinsel haben im Garten nichts zu suchen, beispielsweise aus Tschechien eingeführte Blumentopfpflanzen ebenso wenig.«


Kommentar von H. Doerffel

Aha, sagt sich der Leser. Und was nun? Schließlich sind zunehmende Pflanzenkrankheiten seit geraumer Zeit unser Alltag. Der kluge Herr Beck hat zwar erklärt, warum das so ist - doch was gedenkt er eigentlich in diesem Fall zu tun? Etwa auf bessere Zeiten oder den Chef zu warten?


  1. Da wären aber auch noch die Süßkirschen zu nennen, die man seit Jahren nicht mehr essen kann, weil in JEDER Kirsche ein Wurm ist, und die Sauerkirschbäume, die innerhalb weniger Jahre alle eingingen, und die weißen Bäume 2000, die statt Blätter nur Gespinste trugen.