![]() 14.02.2005 Freie Presse, Sandra Häfner | Nachrichten seit 1990 |
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Das Krumhermersdorfer Mitteldorf wird auf einer Länge von einem Kilometer stark zerstört wie dieses Wohnhaus am Hang. |
Ein technischer Fehler (2) war der Grund für das viele Leid, das mit nur einem Angriff über die Krumhermersdorfer Bevölkerung kam. »Die Flieger sollten die drei Kilometer entfernte Neunzehnhainer Talsperre, die für die Trinkwasserversorgung von Chemnitz zuständig war, zerstören. Das hat Ortschronist Kurt Hähnel nachgewiesen«, erklärt Ortsvorsteher Jörg Tausch. Damit die Bomber das ausgespähte Trefferfeld zielgenau anpeilen konnten, warfen Vorabflieger Beleuchtungskörper an Fallschirmen über dem zu treffenden Gebiet ab. Diese im Volksmund "Christbäume" genannten Objekte wurden jedoch durch den Wind abgetrieben - statt der Talsperre verwüsteten die Bomben Krumhermersdorf auf einer Länge von einem Kilometer.
3.000 Menschen wohnten damals in der Gemeinde. »Einige Einwohner haben die "Christbäume" gesehen und konnten sich noch in Sicherheit bringen«, hat Jörg Tausch in Erfahrung gebracht. Wie viele Verletzte der Angriff auf Krumhermersdorf forderte, ist nicht bekannt. »Die Angaben fehlen, die Einwohner hatten mit den Beerdigungen und dem Wiederaufbau genug zu tun«, berichtet der Ortsvorsteher. Der Ort Neunzehnhain wurde durch die Bombardierung zu zwei Dritteln zerstört. Auf Lauterbach wurden 7.000 Brand- und Sprengbomben abgeworfen. Das gesamte Zschopautal war Ziel der nächtlichen Angriffe durch alliierte Bomberstaffeln.
Wenige Kilometer von Krumhermersdorf entfernt wurden in der selben Nacht auch auf Wolkenstein Bomben geworfen. Gegen 0.30 Uhr suchten die Einwohner bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Stunden die Luftschutzkeller auf. Wenige Minuten später brach das Inferno über die Bergstadt, die im bisherigen Kriegsverlauf von Angriffen verschont geblieben war, herein. Dem Brummen der Flugzeuge folgte das Heulen der abgeworfenen Bomben. Kurz darauf zerstörten Detonationen Wohnhäuser, Fabriken und die Schule. Ziel des Angriffs, ist sich Bürgermeister Guntram Petzold sicher, war der Bahnhof. Er wurde jedoch nicht zerstört.
Sechs Einwohner starben in dieser Nacht, 36 Gebäude wurden komplett vernichtet, der Gesamtschaden auf 360.000 Reichsmark geschätzt. Diese Zahlen nannte Guntram Petzold zu einer Erinnerungsstunde an die Bombennacht in Wolkenstein, zu der der Verein Erzgebirgsfreunde eingeladen hatte. Rund 25 meist ältere Uberlebende des Infernos waren gekommen, um über ihre Erinnerungen zu sprechen. »In den ersten Kriegsjahren haben wir den Alarm nie ernst genommen. Erst nach der Bombardierung von Dresden und nachdem wir den Feuerball über der Landeshauptstadt am Horizont gesehen hatten, wurde uns mulmig, wenn wir die Sirenen hörten«, erinnerte sich ein Augenzeuge.Guntram Petzold ist momentan auf der Suche nach Fotos, die Wolkenstein nach dem alliierten Angriff zeigen. Nicht nur er, auch andere Besucher riefen am Donnerstag die Uberlebenden eindringlich auf, ihre Erinnerungen an die Kriegserlebnisse niederzuschreiben und damit die Jugend über die Schrecken des Krieges zu informieren. »Wir müssen unseren Kindern und Enkeln vermitteln, welches Glück es ist, seit 60 Jahren in Frieden zu leben«, sagte ein älterer Einwohner. »Wer wenn nicht wir soll die Erlebnisse aus dem zweiten Weltkrieg aufarbeiten und die Erfahrungen weitergeben«, meinte Hans-Jürgen Donner.
Auch Wolkensteins Nachbargemeinden hatten unter den Angriffen der britischen und amerikanischen Fliegerstaffeln zu leiden. Schönbrunn wurde bombardiert, das Mitteldorf von Gehringswalde stark getroffen, in Hilmersdorf starb ein Einwohner durch den Angriff.
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