30.07.2008 Freie Presse, Mike Baldauf
Nachrichten
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Kampf ums Überleben: Das Biotop am Feldrand
Hohndorfer wirft Landwirtschaftsbetrieb Pflegearbeiten mit ungeeigneten Mitteln vor

Eine Kröte sucht Unterschlupf. Reifenspuren im Biotop.

»Sieht so der oft beschworene Schutz der Umwelt aus, indem die letzten kleinen Flecken unbewirtschafteter Flächen plattgemacht werden?«, fragt sich Mirko Zuck. Der Zorn des Hohndorfers richtet sich gegen die Agrarprodukte Krumhermersdorf GmbH, die ein ungenutztes Stück Land entlang einer Senke von den Ganshäusern bis zur Pfarrstraße in dem Großolbersdorfer Ortsteil abgemäht hat. »Allerdings mit völlig ungeeigneter Technik, die auf dem Gelände tiefe Spuren hinterlassen hat«, wirft Zuck dem Landwirtschaftsbetrieb vor. Die gesamte Schatten und Deckung bietende Flora sei buchstäblich niedergewalzt worden.

Der obere Teil der Fläche ist Bestandteil einer Wiese und besteht im Wesentlichen aus Quell- und Feuchtgebieten, die seit Jahrzehnten nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden. »Die Landschaft dort blieb sich selbst überlassen, so dass sich ein durchaus wertvolles Stück Natur - wenn auch durch die umliegende Landwirtschaft stark beeinträchtigt - entwickeln konnte. Allerlei Kleingetier fand darin ein letztes Rückzugsgebiet«, beschreibt Zuck die Entwicklung in den vergangenen Jahren. Seit Jahren bemüht er sich, das Gebiet ökologisch aufzuwerten, legte Ende der 90er Jahre sogar einen kleinen Teich an.

Die Wasserschnecken sind aus dem Teich verschwunden.

Der Pächter der Fläche, die Agrarprodukte GmbH Krumhermersdorf, verteidigt indes den Eingriff mit schwerer Technik. Von Zeit zu Zeit müsse der Wildwuchs beseitigt werden, so Geschäftsführer Jens Beyer. »Normalerweise ist es in dem Gebiet sehr feucht, deshalb sind auch einige Spuren entstanden.« Kay Meister, Leiter des Zentrums für Natur - Umwelt -Nachhaltigkeit in Marienberg, dazu: »Der Betrieb hat das Richtige getan, allerdings mit der falschen Methode.« Durch die Mahd sieht der Biologe keine Beeinträchtigung des Biotops. »Wenn die Pflegearbeiten alle zwei bis drei Jahre vorgenommen werden, ist das sogar förderlich. Allerdings darf das Mähgut anschließend nicht liegen bleiben«, sagt Meister. In seinen Augen müsste die Fläche eigentlich mit der Hand gemäht werden. Allerdings weiß er auch, »dass das kein Mensch schaffen kann. Nicht einmal die Pflegeverbände sind dazu in der Lage«. Keinen Zweifel lässt der Biologe indes an der Schutzwürdigkeit der Fläche (§ 26, Sächsisches Naturschutzgesetz), die sich aus der Tatsache ergibt, dass sich dort Hochstaudengewächse mit Mädesüß entwickelt haben: »Damit sind Maßnahmen, die zu einer Beieinträchtigung führen könnten, nicht erlaubt.«

Dennoch scheint die Landwirtschaft Auswirkungen auf das Biotop zu haben. Seit drei Jahren hat Mirko Zuck im Teich keine Erdkröten mehr gesehen, auch die Wasserschnecken sind verschwunden. Im Frühjahr kam es noch schlimmer: »Algen lösten sich vom Boden und verwandelten das Gewässer in eine braune, stinkende Brühe.« Umweltexperte Meister sieht darin eine Folge des Eintrags von Pflanzenschutz- und Düngemitteln. Obgleich Geschäftsführer Beyer versichert, auf dem Terrain auf diese Mittel zu verzichten - allein um die Brunnenanlagen in dem Quellgebiet nicht zu belasten.

Meister macht den Bauern indes keinen Vorwurf, sieht vielmehr die Verbraucher am längeren Hebel: »Es gibt keine Lösung. Es sei denn, die Menschen ändern ihr Konsumverhalten und stellen ihre Ernährung auf Öko-Produkte um.«