Ausstellung zur Versammlung am 31.10.1989 im Gasthof Krumhermersdorf

Umweltgefahr Nr. 1

VEB Sportgerätewerk, Betriebsstätte Krumhermersdorf

Dieser Betrieb stellt Tischtennisbälle aus Celluloid her. Eine sehr saubere Produktion, solange sie störfrei läuft.

Celluloid entzündet sich selbst bei Temperaturen über 150 Grad. Dabei werden in großen Mengen Blausäure und nitrose Gase freigesetzt: z.B. aus 5 g Celluloid (2 Bälle) eine für den Menschen tödliche Menge. Das Abbrennen verläuft fast so schnell wie bei Schießpulver.

Auf Grund seiner Gefährlichkeit gibt es eine spezielle TGL zur Verarbeitung von Celluloid. Da diese TGL hier nicht eingehalten werden kann, arbeitet der Betrieb mit einer Ausnahmegenehmigung.

Im Falle eines Celluloidbrandes sind Löschversuche zwecklos (so ältere und neuere Literatur), wenn sie nicht in Sekunden Erfolg haben. Es ist fraglich, ob in Windrichtung stehende Häuser erfolgreich geschützt werden können. Aus den 1...2 Tonnen Celluloid, die sich im Betrieb befinden, wird sich eine Qualmwolke bilden, deren giftiger Bestandteil "nitrose Gase" schwerer als Luft ist und im Tal entlang ziehen wird. Diese Gase können tödliche Lungenschäden verursachen.

Wir halten es deshalb für notwendig, daß Warn- und Rettungspläne erarbeitet werden, die auch die Umgebung dieses Betriebes mit einschließen, und daß Brandschutzübungen dazu im Betrieb durchgeführt werden.


Anmerkungen aus dem Jahr 2000:

Kaum ein anderer Beitrag hat uns so viel Schelte eingebracht!
  • Krumhermersdorf hat einfach Glück gehabt, dass nie was Ernstes passiert ist. Der obige Beitrag stellt die Katastrophen-Möglichkeit eher noch harmlos dar. Die Vorschriften zum Umgang mit Celluloid waren nicht aus der Luft gegriffen, sondern leidvolle Erfahrung vieler Unglücke. NICHTS wurde davon im Sportgerätewerk eingehalten!
  • Falls "nur" der Dachstuhl gebrannt hätte - es gab nicht einmal eine Staustelle im Bach, an der die Feuerwehr hätte saugen können.
  • Mir (damals nach der Wende Betriebsteil-Leiter) wurde zu diesem Problem strenges Stillschweigen durch die Betriebsleitung auferlegt. Allerdings hielt ich mich nicht daran, denn mir war sowieso gekündigt.
  • Ungefähr 1995 war dann das letzte Celluloid entsorgt.