Leseprobe aus
Johannes Arnold
Krumhermersdorfer Hochzeitsnacht

Nur zu einer Hochzeit kommen sie zu solchem Spiel. Sonst nie. Auch nicht bei jeder Hochzeit kommen die Würfel auf den Tisch. Das letzte Mal nahmen sie den Becher, als die Tochter des Weigel, der im Nesselgrund wohnt und Schnaps brennt, gegen den Willen des Vaters einen Knecht vom Wolkensteinhof heiratete. Der Bräutigam war ein richtiger Schnapphahn, die Braut, der Flederwisch, aber auch nicht zu klein. Der Weigel wußte, was aus solchem Mann und solcher Frau wird. Der Knecht, den der Weigel nicht ins Haus haben wollte, ging bald nach der Hochzeit zu den Soldaten. Bis zum Tage ist er nicht heimgekehrt. Keine Nachricht hat er geschickt. Die Krumhermersdorfer rechnen nach, das war vor zwei Jahren.

Einen ordentlichen Schluck aus dem Krug. Man muß die innerliche Genierlichkeit abspülen. Gleich sitzt auch die Zunge lockerer im Maul.

Die Würfel klappern. Die Verlierer zieren sich, denn in jeder Runde haben sie ein Kleidungsstück als Pfand herzugeben. Schon liegen Blusen, Hemden, Bänder auf buntem Haufen. Es ist vorauszusehen, wen die Nacktheit zuerst trifft. Man wird sich an der Schamhaftigkeit weiden. Die zuerst verlieren, werden aber am Ende zuerst glücklich sein. So ein Spaß, es hätte der Pfarrer bleiben sollen, damit er teilnimmt an ihrer Freude; denn, so sagen sie, nur wer die derbe Heiterkeit der armen Leute kennt, kann den Himmel mit Blitz und Donner verstehen.

Da wird Lärm auf dem Schmiedhof, als wären die Kosaken an die Preußen geraten. Sie hören in der Schmiedestube, zwischen zweimal Würfelklappern, den Schmied von oben aus dem Kammerfenster hinunter auf den Hof rufen.
So ein Lärm in der Nacht. Es wird das übermütige Volk sein. Wäre man nicht mitten im Spiel, wollte man den Burschen ordentlich eins mit dem Rutenbesen versetzen.

Es klopft ungestüm an die Stubentür.Den Spielern stockt der Atem. Nicht der leiseste Ton ist von ihnen zu hören. "Im Namen des Königs...!" Fäuste trommeln an die Stubentür.

Die Aufregung ist groß. Hat jemand ihr Spiel verraten, dem Gendarmen vielleicht, das ist unwahrscheinlich. Bestimmt dem Büttel! Man hätte ihn zum Würfeln einladen sollen, damit er schweigen muß, will der Büttel bleiben. Es dauert, ehe jeder seine Kleider beisammen hat und der Riegel zurückgeschoben wird.