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Dr. Hans Beschorner, Dir. d. Staatsarchivs Dresden
Matthias Öder und die Landvermessungen seiner Zeit in Deutschland


Mitteilungen des Vereins für Erdkunde Dresden, 3 (1924) S. 1 - 29
Bei den Autoren (1986)

In seinem aufsehenerregenden Werke "Die Kartenwissenschaft, Forschungen und Grundlagen zu einer Kartographie als Wissenschaft", dessen erster Band 1921 erschien (Berlin-Leipzig, Vereinigung wissenschaftlicher Verleger), bezeichnet es Max Eckert, Professor der Geographie an der Technischen Hochschule zu Aachen, als zurzeit noch unmöglich, eine Geschichte der Kartographie überhaupt abzufassen. Dagegen dürfte es sich schon ermöglichen lassen, eine Geschichte der Kartographie Deutschlands zu schreiben und damit einem wirklichen Bedürfnis entgegenzukommen. Denn Caspar Gottschlings "Versuch der Historie der Landkarten" (1711), J.0. Gregorii ‚Cürieuse Gedanken von den vörnehmsten und accuratesten Land-Charten. . ." (1713) und E. D. Haubers überhaupt nicht sehr geglückter "Versuch einer umständlichen Historie der Landkarten" (1724) sind mehr als veraltet, und die Bemerkungen, die Burchardi, Groll und Wessely in ihren Kartenkunden oder Kartographien, Peschel, Ruge und S. Günther in ihren Geschichten der Erdkunde (1877, 1904) und K. Kretschmer in seiner Geschichte der Geographie (1912) über die Entwicklung des deutschen im Rahmen des allgemeinen Kartenwesens machen, bieten auch nur verhältnismäßig wenig. Am reichhaltigsten sind immer noch die Angaben Bruno Schulzes über die Entwicklung der Topographie in Preußen (d. h. dem ganzen ehemaligen Königreiche) und die außerpreußiscben Vermessungs- und Kartierungsarbeiten in seinem Werke "Das militärische Aufnehmen" (1903), der gute, angenehm lesbare‚ Historische UeberblIck (Über die Entwicklung der Kartenkunde) in Zon~ervans. Allgemeiner Kartenkunde (1901) uüd W. Wolkenhauers Leitfaden zur Geschichte der Kartographie in tabellarischer Darstellung (Breslau, F. Hirt, 1895), den der ah Realgymnasialprofessor in Bremen wirkende Verfasser (+ 1922) zuerst unter dem Titel "Zeittafel zur Geschichte der Kartographie" in den von ihm herausgegebenen "Deutschen Geographischen Blättern" XVI (1893) erscheinen ließ und daselbst unter dem zusammenfassenden Titel "Aus der Geschichte der Kartographie" neuerdings auch vielfach ergänzte und berichtigte; vgl. Deutsche geographische Blätter XXVII (1904) 95 - 116 (Von der Wiedererweckung des Ptolemäus bis zu Mercator), XXXIII (1910) 239 - 264 (Das Retormationszeitalter der Kartographie. Gerhard Mercator, Jacopo Gastaldi, Philipp Apian, Abraham Ortelius), XXXIV (1911) 120 - 129 (Die Kartographie der Griechen und Römer), XXXV (1912) 29 - 35 (Die patristische und scholastische Kartographie), 36 - 38 (Die Karten der Araber vom 8. - 14. Jahrhundert), 38 - 47 (Die Kompaß- und Seekarten), XXXVI (1913) 136 - 158 (Das Zeitalter des Uebergangs, 1600 - 1750. Die Gradmessungen der neueren Zeit und die französische Landkartenreformation), XXXVIII (1916/17) 101 - 128 (Die Periode der Triangulation und topographischen Aufnahmen, 1750 - 1840) und 157 - 201 (Die moderne Kartographie. Kartographische Bibliographie 1840 - 1917). W. Weilkenhauers Sohn August, der Privatdozent der Geographie in Göttingen war und sich viel mit diesen Dingen beschäftigt hat, leider aber am 25. U. 1915 in den Argonnen fiel, wäre wohl der Mann gewesen, der uns, wenn nicht gar die Geschichte der Kartographie überhaupt, so doch wenigstens der deutschen Kartographie hätte schenken können.

Eine leichte Aufgabe ist das nicht; denn es genügt nicht, die zum Teil sehr umfänglichen Kartenbestände der deutschen Bibliotheken, staatlichen wie städtischen, zu durchmustern, wie dies zum größten Teile Professor Walter Ruge getan hat. Es sei an seine Angaben über "Die Kartenschätze der ehemaligen Universitäts-Bibliothek Helmstädt in Petennanns Mitteilungen 1903 Heft 11 und an seine fünf ergebnisreichen Reiseberichte erinnert, die er unter der Ueberschrift "Aelteres kartographisches Material in deutschen Bibliotheken in den Nachrichten der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Philolog. histor. Klasse", 1904 S. 1 - 66, 1906 S. 2 - 39, 1911 S. 35 - 166 und 1916 S. 1 - 128 veröffentlichte. Es müssen auch andere, namentlich Privatsammlungen, Sammlungen geographischer Gesellschaften, z. B. der Gesellscbaft für Erdkunde zu Berlin oder von Perthes in Gotha, der Generalstäbe, ferner auswärtige Sammlungen, wie die berühmte Kartensammlung des Britischen Museums in London, herangezogen werden. Vor allem gilt es aber auch, wenn man einigermaßen Abschließendes erreichen will, das Augenmerk auf die staatlichen, städtischen und privaten Archive und die in ihnen schlummernden handschriftlichen Kartenschätze zu richten. Welch falsches Bild würde man z. B. von der Entwicklung der sächsischen Kartographie gewinnen, wenn man sich in Dresden nur auf die Kartensammlung der Landesbibliothek verließe, so reichhaltig auch ihre 1904 von Viktor Hantzsch in einem besonderen Buche behandelten Landkartenbestände an und für sich sind. Ohne die Rißsammlung des Hauptstaatsarchivs, mit der seit kurzem auch die alte, wichtige Militärplankammer vereinigt wurde, gewänne man ein ganz falsches Bild. In ihr entdeckte ja auch Sophus Ruge das Ödersche Vermessungswerk.

Die Geschichte der Kartographie Deutschlands müßte zusammenwachsen aus den Geschichten der Kartographie der einzelnen deutschen Länder. Literatur ist über diese in den deutschen Bibliotheken mehr vorhanden, als man auf den ersten Blick vermutet. Für fast alle Bundesstaaten des deutschen Reiches (Oesterreich und die Schweiz mußten zunächst hier beiseite gelassen werden) liegen außer zahlreichen Sonderarbeiten über einzelne Kartographen oder einzelne Kartenwerke früherer Zeiten zusammenfassende Darstellungen der kartographischen Entwicklung vor, zum Teil ganz hervorragende Leistungen.

Ganz ausgezeichnet sind wir über Württemberg und Schwaben unterrichtet durch die äußerst gründlichen Veröffentlichungen des Vermessungsoberinspektors Chr. Regelmann, der in den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde 1893 5. 19 - 70 einen mit genauesten Quellennachweisen und Literaturzusammenstellungen ausgestatteten "Abriß einer Geschichte der Württembergischen Topographie und nähere Angaben über die Schickbartsche Landesaufnahzne Württembergs", außerdem aber auch noch mehrere Sonderarbeiten über einzelne Kartographen (s. im Folgenden) erscheinen ließ. Um die Geschichte der Kartographie Bayerns haben sich u. a. sehr verdient gemacht schon im Anfange des 19. Jahrhunderts (1810) der bekannte Oberbibliothekar an der Centralbibliothek in München Job. Christ. Freiherr von Aretin mit seinem Ueberblick über sämtliche Karten Bayerns von der ältesten bis zu seiner Zeit (in seinem Werke "Literatur der Staatsgescbichte von Bayern", 1. Band, München 1810), weiterhin der Topograph Heinrich Lutz, der 1887 einen mit zwei Kartenbeilagen versehenen Ueberblick "Zur Geschichte der Kartographie in Bayern" im 11. Jahresberichte der Geographischen Gesellschaft in München für 1888 (S. 74 - 125) veröffentlichte, (1) und neuerdings Dr. Max Gasser, Dozent für Geodäsie ... an der Technischen Hochschule in Darmstadt, der u. a. (s. im Folgenden) in den Mitteilungen der eben genannten Gesellschaft 111 (1908) S. 134 - 151 über "Zwei Blüteperioden der bayerischen Topographie unter Apian und Bonne" schrieb (auch gesondert erschienen in Erlangen, K. B. Hof- und Universitäts- Buchdruckerei von Junge & Sohn). - Dem Lutzschen Ueberblick über die bayrischen Verhältnisse lassen sich die beiden auch sehr gediegenen und reich mit Kartenproben ausgestatteten neuen Abhandlungen von Dr. Johannes Werner über "Die Entwicklung der Kartographie Südbadens im 16. und 17. Jahrhundert" (Abhandlungen zur badischen Landeskunde 1, 1913) und Karl Schott s über "Die Entwicklung der Kartographie des Elsaß von ihren ersten Anfingen bis zur Cassinischen Karte" (Mitteilungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Straßburg IV, 1914, 5. 105 - 172), letzteres wohl eine Doktorarbeit, an die Seite stellen. Wegen der Rheinpfalz findet man Aufschlüsse in dem Aufsatze von A. Weiß "Die Charta Palatina des Christian Mayer, Hofastronomen und Professors der Mathematik und Physik an der Universität Heidelberg" (Mitteilungen des Histor. Vereins der Pfalz XXVI, 1903, S. 1 - 40).

Im Gegensatze zu Süddeutschland ist Mitteldeutschland bisher hinsichtlich der Geschichte seiner Kartographie noch schlecht weggekommen. Wir haben zwar ganz brauchbare Arbeiten über das Eichsfeld, das Magdeburger Stiftsgebiet, die Grafschaft Mansfeld, Sachsen-Meiningen, Waldeck und die Wetterau. (2) Es fehlt uns aber noch an solchen für die Rheinlande und Westfalen.

H.Michows Arbeit über "Caspar Vopell und seine Rheinkarte" von 1558 (Hamburg, 1903) und E. Brauns Aufsatz "Aeltere Landkarten von Westfalen und Minden-Ravensberg als Quellen der Heimatsgeschichte" (Ravensberger Blätter für Gesch., Volks- und Heimatskunde XII, 1912, S. 78 f.) reichen nicht aus. Im übrigen sind wir hier auf Andeutungen in anderen, allgemeineren Werken angewiesen, ähnlich wie dies auch für die Mark Brandenburg und Posen (3) der Fall ist. Am besten sind von Mitteldeutschland Hessen, Hannover, Sachsen und Schlesien bedacht worden. Der in der Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 11(1840) 299 - 341 stehende "Beitrag zur Geschichte der Landkarten in besonderer Beziehung auf Hessen" von H. Reusse, einem Architekten, ist zwar recht umständlich und im allgemeinen überholt, aber für Hessen sehr ergibig. Alles, was an alten Karten für Hannover und seine Bestandteile vorhanden ist, hat Staatsarchivar J. Kretzschmar in der Zeitschrift des Histor. Vereins für Niedersachsen 1904 S. 391 - 410 ("Der Plan eines historischen Atlasses der Provinz Hannover." Vgl. besonders S. 402 - 408) umsichtig und übersichtlich zusammengestellt.

Schlesien hat eine feine Zusammenfassung seiner kartographischen Darstellungen bis zum Jahre 1720 in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens XXIII (1889) 177 - 240, XXIV (1890) 305 - 355 von A. Heyer, der die umfängliche Kartensammlung der Breslauer Stadtbibliothek ordnete. Dazu kommt noch der von Joseph Partsch verfaßte, sehr lehneiche "Katalog des 13. deutschen Geographentages zu Breslau" (Breslau, 1901), IV. Abteilung "Die Entwicklung der Kartographie Schlesiens." Aehnliche Ausstellungen wurden im Zusammenhange teils mit anderen Geographentagen, teils mit Historikertagen oder dergl. öfters noch veranstaltet, z.B. in Straßburg (4), zuletzt 1921 in Leipzig, wo die sächsischen Verhältnisse (s. hier im Folgenden) zur Anschauung gebracht wurden.

Ganz vorzüglichen Arbeiten begegnen wir wieder in Norddeutschland. Es wird kaum noch viel über die Forschungen des Oldenburger Archivdirektors Dr. G. Sello hinauszukommen sein, der, abgesehen von besonderen Arbeiten, z. B. aber "Des. David Fabricius Karte von Ostfriesland (aus dem Jahre 1589) und andere Fabriciana des Oldenburger Archivs" (Norden-Norderney, 1896), "die oldenburgische Kartographie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts" in den Deutschen geographischen Blättern XVIII (1895) 350 - 372 und XIX (1896) 41 - 58 dargestellt hat und sich dabei auf mehrere gediegene Vorarbeiten von Bartels, Behrmann und Rüthning (5) stützen konnte. - Eine ungeheure, auch gut geordnete. aber doch nicht recht übersichtlich verarbeitete Stoffülle enthält die "Geschichte der geographischen Vermessungen und Landkarten Nordalbingiens vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859...", -die schon 1859 der Hauptmann und Vorsteher der geographischen und Graveur-Sektion des Kgl. Preuß. großen Generalstabs F. Geerz veröffentlichte (6). Unter dem Namen Nordalbingien faßte er die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, die Fürstentümer Lübeck und Ratzeburg und die freien Hansestädte Hamburg und Lübeck zusammen. "Zur hamburgischen Topographie" hat sich außerdem noch G. Kow~lewski in den Mitteilungen des Vereins für hamburg. Geschichte XXVU (1907) 542 - 557 und XXVIU (1908) 86 - 89, 121 - 128, 139 f. (Nachtrag von C. Waltb er) ausführlich geäußert, zur Geschichte der Kartographie Lübecks‘ nicht minder gründlich G. Häußler in der Zeitschrift des Vereins für lübeckische Geschichte und Altertumskunde Xl (1909) 293 - 338. - Auch die Entwicklung der Kartographie in Mecklenburg hat Geerz gestreift. "Neuvorpommern und Rügen im Rahmen der älteren Kartographie und Landesaufnahme" hat Oberlandmesser C. Drolshagen in den Pommerschen Jahrbüchern X (1909) 163 - 216 (auch als Sonderdruck erschienen) gut unter Beigabe von fünf Kartenausschnitten behandelt. Ihm nützten sehr J. C. C. Oelrichs "Zuverlässige historisch-geographische Nachrichten vom Herzogthum Pommern und Fürstenthum Rügen, welche ein historisch-kritisches Verzeichnis aller diese Länder angebenden geographischen Schriften, auch- Land- und fürnehmsten See-Charten, insbesondere aber eine ausführliche Geschichte und Beschreibung der Lubinschen außerordentlich großen und gar merkwürdigen Land-Charte von Pommern in sich enthalten" (Berlin, 1771). Ergänzungen zu Drolshagen bieten W. Deeckes "Bemerkungen zur älteren Kartographie Pommerns in den Pommerschen Jahrbüchern Xl (1910) 265 - 272, J. M. Metzners Angaben über ‚Die älteste Karte von Pommern‘ in dem 6. Jahresberichte der Geographischen Gesellschaft Greifswald 1896 - 98 II 5. 153 - 169 und O. Grotefends Gelegenheitsschrift "Die Lubinsche Karte, eine Jubilarin", in den Monatsblättern der Gesellschaft für pommersche Geschichte XXVI (1912) 114 - 119. - Die Geschichte des "Vermessungswesens in Altpreußen von Beginn der Ordensherrschaft bis in das 19. Jahrhunderte hat einen sehr sachkundigen Darsteller in dem Oderlandmesser H. Roedder gefunden. Sie bildet den Inhalt des 7. Kapitels seines ausgezeichneten, 1908 (bei K. Wittwer in Stuttgart) erschienenen Buches "Zur Geschichte des Vermessungswesens Preußens, insbesondere Altpreußens, aus der ältesten Zeit bis ins 19. Jahrhundert.‘ Man kann nur wünschen, daß auch für andere Gegenden Deutschlands ähnliche Werke geschrieben würden wie dieses reich mit Bildern ausgestattete, das i.a. einen ganz allgemein sehr beachtenswerten Rundblick über die Geschichte des Vermessungswesens in Theorie und Praxis in Deutschland vom frühesten Mittelalter bis in die neuere Zeit enthält und in einem besonderen Kapitel, auch allgemein sehr lehrreich die alten Vermessungsinstrumente und Utensilien im alten deutschen Reiche bespricht und in Bildern vorfübrt.

Durchmustert man die im Vorhergehenden genannten Darstellungen und alle die vielen Aufsätze, die als Ergänzungen dazu dienen, so erkennt man überall eine gewisse gleichmäßige Entwicklung.

In der großen Zeit geistigen Aufschwungs, die wir Renaissance zu nennen pflegen, erfolgte auch die Neugeburt der Kartographie, die im Mittelalter fast ganz verkümmert war und außer den sogenannten Kompaß- und Seekarten (mit den dazu gehörigen Portulanen, d. h. Kursbüchern oder Segelanweisungen im Bereiche der Küsten), wie sie aus den Bedürfnissen der Seeschiffahrt hervorgegangen und immer mehr vervollkommnet waren, nichts von Bedeutung hervorgebracht hatte. Von den Humanisten wurde nicht nur die Syntaxis, sondern auch die Geographike Hyphegesis des Claudius Ptolemaeus, des großen alexandrinischen Geographen aus den Tagen Trajans und Hadrians, also des 2. nachchristlichen Jahrhunderts, wieder zutage gefördert. Zahlreiche Geographen und Kartographen bemühten sich nun in der Folgezeit unter dem fördernden Einflusse der Entdeckung Amerikas, der Buchdruckerkunst und des Kupferstichs um die Wiedergabe und Verbreitung der 27 Karten des Ptolemaeus, wie sie uns 300 Jahre später Agathodaemon in älteren Handschriften überliefert hat. Indem die elsäss.-lothring. Kartographenscbule, zu der u. a. Sebastian Münster gehörte, und die Nürnberger Schule (Schoener, Pirckheymer, Werner) miteinander wetteiferten, reihte sich eine Ptolemaeüs-Neuausgabe an die andere, ohne daß dabei ersichtliche Fortschritte gemacht wurden. Der Karteninhalt blieb derselbe, mit all seinen Fehlern, die nur selten verbessert wurden. Nur die Zeichnung wurde mit der Zeit etwas klarer.

Neben dieser wenig Gewinn bringenden Verallgemeinerung des Ptolemnaeus, dessen Geographike Hyphegesis treffend ‚die geographische Bibel dieser Zeit genannt worden ist, begannen schon früh selbständige Versuche, Deutschland oder einzelne seinier Teile in Sonderkarten darzustellen. 1491 erschien die bereits 1454 hergestellte Germania des Kardinals Nicolaus von Cues, die erste gedruckte, selbständige Karte von Deutschland. 1493 folgte die von Alten, um 1500 die von Etzlaub, dann andere ähnliche, z. B. 1547 die schöne zwölfblätterige, in Kupfer gestochene Germania des Pyramaeus, 1528 aber forderte. der Baseler Professor Sebastian Münster, der sich durch eine der ältesten Geographien, durch seine 1544 etschienene ‚Cosmographia universas einen Namen gemacht hat, alle Liebhaber des deutschen Vaterlandes auf, von der Umgegend ihrer Wohnorte Karten aufzunehmen. Seine Aufforderung hatte, vielfach vielleicht nur mittelbar, zur Folge, daß, wie bereits 1523 in Bayern von Aventin eine Landtafel von Ober- und Nieder-Bayern veröffentlicht worden war, so nun von Gelehrten, Fürsten und Regierungen zahlreiche Sonderkarten einzelner deutscher Llnder herausgegeben wurden, die dann bis ins späte 17., ja bis ins 18. Jahrhundert hinein immer wieder nachgestochen wurden, sowohl von Deutschen, wie Abraham Ortelius, Matthias Qnad, Seutter, Homann und wie sie alle heißen, als auch von den künftig die Führung übernehmenden niederländischen Firmen Hond, Jansz und Blaeu. Viele dieser Karten, die man u. a. in Wolkenhauers Leitfaden (s. oben) und in ‘V. Hantzschs Aufsatz über "Die landeskundliche Literatur Deutschlands im Reformationszeitalter" in (Deutsche Geschichtsblätter 1, 1900, 5. 18 - 22 und 41 - 47) verzeichnet findet, zeigen noch ganz den alten Stil des wiedererweckten Ptolemaeus, der so hoch in Ehren stand, daß es den meisten Geographen und Kartographen der Zeit als Höchstes galt, die neuen Entdeckungen und Beobachtungen mit seinen Angaben in Einklang zu bringen. Bei vielen macht sich aber doch auch schon der Einfluß Gerhard Mercators geltend, der dem Ptolemaeus kritisch gegenübertrat, eine neue Projektion wagte und so, im Verein mit geistesverwandten Männern wie Gastaldi, Apian, Ortelius, ein neues Zeitalter der Kartographie berauffflhrte, das man bis 1750 reichen lassen kann, wo die staatliche Triangulation allgemein sich durchzusetzen begann.

Aus der Masse der eben berührten Sonderkarten, deren Inhalt dann auch wieder bei der Bearbeitung von Generalkarten verwertet wurde, ragen einige durch besondere, verhältnismäßig große Genauigkeif, Reichhaltigkeit und Anschaulichkeit der Zeichnung hervor. Sie betreffen Schlesien (1561), Pommern (1612/4), Alt-Preußen (1576), Bayern (1563/8), Württemberg (1596) und den Elsaß (1576).

In Schlesien war es ein Schulmann, der Rektor des Maria-Magdalenen-Gymnasiums zu Breslau, Magister Martin Helwig, der 1561 eine treffliche Karte des Landes im ungefähren Maßstabe 1:530.000 (Bildgröße 80x66 cm) auf Grund eigener, drei Jahre währender, mühsamer Beobachtungen und Messungen schuf, soweit die mechanischen Hilfsmittel der damaligen Zeit solche gestatteten. Sie war so gut, daß sie anderthalb Jahrhunderte lang die Grundlage aller Karten, welche das ganze Schlesien darstellten, bildete und erst in den Hintergrund trat, ‚als nach der österreichischen Spezialaufnahme der einzelnen Fürstentümer durch den Ingenieur-Leutnant Johann Wolfgang Wieland der berühmte, damals in der Homannschen Offizin beschäftigte Tobias Maier 1749 f. aus seinen Sonderkarten eine Gesamtkarte der Provinz herstellte. Die Helwigsche Karte wurde 1889 von neuem, und zwar nach einer späteren Ausgabe, vervielfältigt bei H. Lesser in Breslau; vgl. W. Wolkenhaue.r in den Deutschen geographischen Blättern XXXIII (1910) 247. Professor der Theologie dagegen und zugleich der Mathematik war Eilhard Ltlbben (Lubinus) in Stettin, der 1612 von Herzog Philipp (1606—18) den Auftrag erhielt, .gantz Pommerland durchzureisen und alle Oerter aufs genaueste, soviel möglich, abzureißen.~ Von 156 Stationen aus nahm er 5.793 Observationen auf. Schon 1614 war die Karte im Maßstab 1 :200.000 in der Hauptsache fertig. Auf t2 Kupferplatten wurde sie in Amsterdam gestochen (von N. von GeiIkerken)~ konnte aber wegen des Dreißigjährigen Kiieges nicht erscheinen. Nur einige Probedrucke, die natürlich äußerst selten geworden sind, konnten hergestellt werden. Im übrigen ist die schöne Karte in mehr oder minder guten Nacbsticben auf uns gekommen.

In Alt-Preußen war es auch ein Geistlicher, der die ganz ungenßgenden Karten des Landes von Aeneas Sylvius (1551), Heinrich Zeelleus (Henricus Zellius 1550) und A. Ortelius (in seinem Theatrum orbis terrae, 1570) durch eine gediegene, von Caspar Felbinger trelflich in Holz gegeschnittene neue Karte ersetzte, die 1576 in 9 Blättern erschien, insgesamt 104X92 cm mißt und ungefähr im Maßstab 1: 400000 gehalten ist. Der Verfasser dieser schönen Karte, die den Geographen und Kartographen der nächsten zwei Jahrhunderte allein die Kenntnisse von der Provinz Preußen vermittelte, hieß Caspar H enn en berger, war 1529 in Thüringen geboren, studierte in Königsberg Theologie und war dann Pfarrer in verschiedenen ostpreußischen Orten, zuletzt in Königsberg am Großen Hospital in Löbenicht, wo er am 29. Februar 1600 starb. Um sich die Unterlagen für seine Karte zu beschaffen, bereiste er sieben Jahre lang das Land, allen Schwierigkeiten, namentlich auch den Verfolgungen durch die Eingesessenen, trotzend. Bei den genaueren Ortsbestimmungen unterstützten ihn zwei Königsberger Mathematiker, Matthias Stojus und Nicolaus Neodemus.

Wolkenhauer (Leitfaden S.35) bezeichnet ‚Hennenbergers Landtafel von Preußen‘, die, mit einem Geleitworte versehen, 1863 von der Kgl. physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg i. Pr. in der Größe des Originals auf pbotolithographiscbem Wege vervielfältigt wurde, geradezu als ein Seitenstßck zu Apians Karte von Bayerns, die als Musterleistung der Kartierung eines großen Landes im, 16. Jahrhundert seit langem anerkannt ist, in dieser Hinsicht aber doch nicht, wie sich bei genauerer Betrachtung zeigt, allein dasteht. Die Karte, die 1563 vollendet wurde und seitdem bis ins 19. Jahrhundert hinein die Kartographie Bayerns fast allein bestimmte, deckte mit ihren 40 Blättern einen Flächenraum von 39 Om (484 IZJFuB) und war im Maßstab 1 50000 gehalten. Sie ist leider nur in einer 1568 veröffentlichten Verkleinerung 1: 135000 (nicht 1: 144000) erhalten. Diese Verkleinerung, deren 20 Blätter zusammen ein Rechteck von 1,70x1,60m bilden, lehrt, daß die Karte augenscheinlich ganz gefällig gezeichnet und einigermaßen reichhaltig war. Die Hauptsache aber war ihre geodätische Genauigkeit. Philipp Apian, der älteste Sohn des berühmten Mathematik- und Astronomie-Professors Peter Ap jan in Ingolstadt, der 1552 - 68 den Lehrstuhl seines Vaters inne hatte, dann aber, zum Protestantismus über-getreten, bis zu seinem Tode am 14. November 1589 in Tübingen lehrte, (vgl. weiter unten), hat nicht nur die bisherigen astronomischen Ortsbestimmungen verbessert und vermehrt, er hat vor allen Dingen auch zum ersten Male die Triangulierung, die Willebrord Snell 1617 in die Gradmessung einführte, zu Landesvermessungszwecken verwendet, wenn auch allerdings zunächst noch nur in unvollkommener Weise, da er sein Dreiecksnetz auf keiner Basis aufbaute. Daß er aber seinem Kartenauftrage ein ziemlich engmaschiges Gradnetz zu Grunde legte, hat Gasser (s. oben und .die folgende Anmerkung) einwandfrei nachgewiesen, nachdem es ihm gelungen war, Ostern. 1907 die lange schon vermuteten Winkelaufzeichnungen Apians in der Münchener Staatsbibliothek wiederaufzufinden. Indem dieser Gelehrte die sich daraus ergebenden Dreiecke in die Apiansche Karte eintrug, fand für die Antwort auf die oft erörterten Streitfragen: ob Apian triangulierte? und wie? Apian bat die Breiten der Hauptpunkte astronomisch bestimmt, ihre Länge aber nach den bekannten Postroutenentfernungen berechnet und durch Visuren ein großes Netz geschaffen, das hauptsächlich die Flußtäler gut bedeckt, aber auch über die hohen Wasserscheiden hinweglmuft. Die Visuren sind vor-, seit- und rückwärts geschnitten. ihre Länge beträgt bis 2U 50 km, der mittlere Winkelfehler nur 25; die Widersprüche. die sich beim Aufzeichnen dadurch ergeben, sind also nicht mehr meßbar. Die Lage der kleineren Orte ist oft recht verzeichnet,da sie krokiartig je nach ihrer Stundenentfetnung von Dreieckspunkten eingetragen wurden. So entstand dieses berühmteste Kartenwerk der deutschen Vergangenheit, das sich sein Verfasser unendliche Mühe hat kosten lassen. 1579 - 89 lieferte er dazu noch eine ausführliche topographische Beschreibung. (7)

Apians großes, auf genauen, sogar bedingten trigonometrischen Messungen beruhendes Kartenwerk wirkte, wenn auch nicht in ganz Deutschland, so doch sicher in Süddeutschland vorbildlich. Beziehungen zwischen Hennenberger oder Lübben und Apian werden sich wohl kaum je nachweisen lassen. Sicher dagegen bestanden solche zu Württemberg, wahrscheinlich aber auch zum Elsaß und zu Baden. Im Jahre 1596 überreichte der 1605 gestorbene "Geheimbde. Rat dreier Herzöge und beider Rechte Doctor Georg Gadner in Stuttgart dem Herzoge Friedrich I. von Württemberg seine "Chorographie des Herzogtums Württemberg", eine genaue Landesbeschreibung, die aus 29 sehr fein gezeichneten Perkamenttafeln besteht, jede einen ‚Vorst des Landes im Maßstabe 1: 48000 darstellend. Er hatte ihretwegen das ganze Landt .bereist, eigentlich besichtigt und abgerissen.“ Sebastian Münsters Landkarte von Schwaben (1544>, ferner die bei Ulrich Morhards Witwe in Tübingen 1559 erschienene .wahrhaftige und gründliche Abkonterpheiung des löblichen Fürstentums Württemberg“ und David Seltzllns Karte des Reicbsscbwäbischen Kreises 1 390000 (1575~ waren damit weit überholt. Die Zeitgenossen bestaunten ‚das über alle Maßen nette“ Werk. Dem Herzog Ludwig 1. gefiel es so sehr, daß er ‚die Pergamentkarten vergrößert auf Holztafeln malen und in dem prachtvollen großen Saale des Lusthauses zu Stuttgart alle Pfeiler damit schmücken ließ. Ja, noch mehr: er ließ unter Gadners Leitung an der Decke des 201 Fuß langen Saales durch bedeutende Kflnstler Gemälde ausführen, die nicht anders bezeichnet werde.- können, denn als riesenhafter topographischer Atlas Württembergs, belebt von fröhlichen Jagden. (8)

Nicht viel anders lagen die Verhältnisse im Elsaß. Schon Schott bat in seinem oben erwähnten ‚Abriß“ die Vermutung ausgesprochen, daß hier nach dem Vorbilde anderer Länder, vor allem Bayerns (Apian!), auch die vorderösterreichische Regierung eine eingehende Karte ihrer Besitzungen erlangen wollte.“ So entstand Daniel Speckels oder Specklins~> 1576 vollendete "Charte des Elsaß", die Schott seinem Abrisse in getreuer Nachbildung beigegeben hat. Die Karte, mehr ‚das Werk eines Zeichners, nicht aber eines Geographen, hat natürlich nach ihre Scbwlchen. Vor ailem ist das dargestellte Land zu - -sehr in die Lauge gezogen, da für Breiten- und Lingen-ausdehnung verschiedene Maßstäbe angewendet sind, für erstere 1: 184000, für letztere 1: 191000. Daraus ergeben sich ganz von selbst große Fehler des Flußnetzes, der Gebirgszüge, der Ortschaftslagen und dergl. mehr. Immerhin war die Specklinsche Karte, eingehend wie sie war, eine so ‚hervorragende Arbeit, daß sie die Vorlage für alle die späteren Karten eines Mercator, Meriari, Seutter usw. bis zu den Tagen Cassinis blieb, wie Schott genauer nachgewiesen hat.

Ob Beeinflussung Sachsens durch Philipp Apian stattgefunden hat, bleibt noch festzustellen. Bei den engen Beziehungen der Familie Apian - Bennewitz zu Sachsen erscheint sie durchaus möglich. Die Benne- oder Bienewitz, latinisiert Apianus (von apies = die Biene) waren ein eingesessenes sächsisch-meißnisches Geschlecht. Es nannte sich entweder nach dem Dorfe Binnewitz bei Jabna nordöstlich Döbeln (ein anderes, nicht in Frage kommendes Binnewitz liegt östl. Bautzen) oder nach einem -der sechs einst in Kursachsen gelegenen Bennewitz, am wahrscheinlichsten davon das nordöstlich Leisnig gel~gene. Der Vater. Philipps Peter Apianus stammte aus Leisnig. Er war ein Sohn des dortigen Bürgers und Schuhmachers Martin Bennewitz, dessen Vater wieder bei Colditz, in Koltzschen, augesessen war. Peter genoß seinen Schulunterricht in Rochlitz und studierte (von 1516 ab) in Leipzig (erst später in Wien). Er blieb auch von Landshut und Ingolstadt, aus, wo er seit 1524 (1527) wirkte, dauernd in Fühlung mit seinem Vaterlande. 1532 wäre ihm beinahe die große Aufgabe zugefallen, ganz Sachsen zu niappieren, wie der damalige Ausdruck für die Herstellung von Landkarten lautete. Der Plan ging vom Herzog Georg von Sachsen aus, scheiterte jedoch an politischen Bedenken, die der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen hegte. So wenig wie der Vater wird der Sohn Philipp die Verbindung nut Sachsen, dem Stammlande der Familie, verloren haben. Als er infolge seines Übertritts zum Protestantismus 1568 seine Professur in Ingolstadt verloren hatte und sich auf Reisen begab, besuchte er von Wien aus auch Sachsen; er hielt sich u. a. in Anna berg, Leipzig, Leisnig, Meißen, Dresden, Torgau und Wittenberg auf. Es ist anzunehmen, daß er sich bei dieser Gelegen. heit um die große Landesvermessung kümmerte, die gerade im besten Werden war und von~ der er sicher gehört hatte oder spätestens im Lande selbs1~ erfuhr. Vielleicht machte er sich gar Hoffnungen, dabei *Iit Verwendung zu finden. Wer weiß, ob dies nicht sein dgentlicber Reisezweck war! Wenn möglich, muß dies erst noch urkunden- oder aktenmäßig festgestdlt werden, wie so vieles in der Geschichte der sächsischen Kartographie. Eine solche ist noch nicht geschrieben. Stoff dazu liegt seit Jahrzehnten gesammelt vor. An die Verarbeitung kann aber erst gedacht weiden, wenn die Neuordnung und Neuverarbeitung der sehr umfanglichen Rißsammlung des Hauptstaatsarchivs, die seit 1906 im Gange ist, vollendet sein wird. Vorlauf Ig konnten nur die 27 Seiten umfassende ~Geschichte der sächsischen Kartographie im Grundriß‘ (Leipzig, B. G. Teubner, 1907) und 1921 Ergänzungen dazu unter dem Titel ‚Landes. vermessung und Kartenwesen Kursachsens bis 1780‘ in der Festschrift ‚Beiträge zur deutschen Kartographie‘, die die Deutsche Bücherei den Mitgliedern des 20. Deutschen Geographentags widmete, erscheinen. Beide Arbeiten beruhen außer auf ungedrucktem Stoffe des Hauptstaatsarcbivs auf den zum Teil sehr wertvollen Vorarbeiten von Adelung, Deutsch, Kirchhoff, Sophus Ruge, Ludwig Schmidt, Birke (10) und Viktor Hantzsch.

Letzerer hat ‚Die ältesten gedruckten Karten der säcbsisch-thüringischen Länder (1550 - 1593) als XI. Veröffentlichung der Sächsischen Kommission für Geschichte (Leipzig, B. 0. Teubner, 1906) herausgegeben und erläutert. Die in diesem Werke trefflich wiedergegebenen Holzschnitt- oder Kupferstichkarten von Sebastian Münster, Hiob Magdeburg, Johann Criginger, Bartholomaeus Scultetus und ihre vielen Nachstiche durch Gerard de Jode, Abraham Ortelius, Balthasar Jenichen, Wolf Meyerpeck undGerhard Mercator zeigen, daß Sachsen bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht besser kartiert war, als die anderen deutschen Länder. Ganz neues Leben kam in sein Vermessungswesen durch seinen Kurfürsten August (1553 - 1586), der selbst Kenner auf dem Gebiete war, und durch die von ihm zu Vermessungszwecken herangezogenen Fachleute, den Leipziger Mathematikprofessor Johann Humelius (Hommel), der bis zu seinem frühen Tode i. J. 1562 eine Anzahl schon recht beachtlicher Forstrisse lieferte, und die Markscheidersippe :der aus Annaberg.

Der Annaberger Ratsherr und Markscheider Georg Öder der Ältere, der zusammen mit Joachim Öder, einem Schwager Melanchthons, und Hans Öder, wohl alle drei Brüder, in die religiösen Streitigkeiten seiner Zeit verwickelt war, hatte an des Kurfürsten August kartographischen Bestrebungen noch keinen Anteil, da er schon 1535 starb. Auch sein ältester Sohn Hieronymus stand ihnen fern; er war Professor der Medizin in Greifswald und Leibarzt des Herzogs Georg 1. von Pommern. Dagegen waren seine beiden jüngeren Söhne Georg und Matthias des Kurfürsten August Hauptstützen. Sie setzten zunächst die von Humelius nicht vollendete Vermessung und Aufzeichnung der kurfürstlichen Waldungen erfolgreich fort und machten sich dann gemeinsam an die genaue Vermessung des ganzen Kurstaats Sachsen, die ihnen der Kurfürst übertrug. Nachdem sich Georg 1575 ins Privatleben zurückgezogen und die Bewirtschaftung des Gasthofes ‚Zu den drei Ulien in Dresden (11) übernommen hatte, lernte Matthias einen auch aus Annaberg stammenden Vetter von sich, namens Balthasar Zimmermann, an. Geschickt und fleißig arbeitete er sich bald derartig ein, daß er beim Tode seines Onkels Matthias Öder i. J. 1614 dessen Markscheideramt und die Vollendung des Werkes übertragen erhielt. Aber auch er erlebte diese nicht, da der Dreißigjährige Krieg sie verhinderte. Wann Georg der Jüngere und Matthias Oder vom Kurfürsten mit -der Wälder- und Landesvermessung betraut worden ~ind, wissen wir nicht. Bei Georg Öder geschah. es sicher noch zu Lebzeiten des Humelius. Daß dieser Georg der Jüngere aber einige Jahre -vor seinem Tode in Ungnade gefallen sei, ist eine Verwechselung mit seinem Sohne Georg, also Georg III., der, wie sich aus Akten des Hauptstaatsarchivs (12) feststellen läßt, auch Markscheider war und zusammen mit Michel Luppelt zu Eibenstock i. J. 1578 den Auftrag erhielt, den seit 1570 geplanten Elster-Saale-Floßgraben zwischen Crossen südlich Zeitz und Merseburg zu bauen, dabei aber das Unglflck hatte, daß der Graben bald nach seiner Anlegung teilweise wieder einstürzte. Sein jüngerer Bruder Hieronymus, der mit seinem eben erwähnten Onkel Hieronymus, dem Arzte, nicht, wie dies bisher immer geschehen ist, verwechselt werden darf, suchte zwar an Ort und Stelle zu ermitteln, wie diese unangenehme Sache wieder gut gemacht werden könnte; die darauf beruhende Hoffnung des Vaters aber, „daß sein Sohn George wieder zu Gnade kommen möchte, wenn diese FlöBe wieder in Gang gebracht worden wäre«, erfüllte sich nicht. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß auch dieser jüngste Markscheider Georg Öder an der großen Landesvermessung zeitweise mit beschäftigt war. Ja selbst der jüngere Hieronymus kann daran beteiligt gewesen sein, da auch er, wie sich bei der hochnotpeinlichen Untersuchung der Floßgrabensache herausstellte, mit dem Meßverfahren vertraut war.

Über die Art und Weise, wie die Öder und Zimmermann verfuhren, sind wir ziemlich genau unterrichtet. Offenbar in Anlehnung an eine Reihe guter, astronomischer Ortsbestimmungen, wie sie bereits, namentlich von Peter Apian herrührend, vorlagen, wurden alle irgendwie wichtigen Punkte mit Meßscbnur, Quadrant und Bussole ausgemessen und in "Vermessungsbücbel" (anderwärts Feldbücher genannt) eingetragen, von denen uns noch eine große Zahl aus den Jahren 1603.1631 vorliegt. Auf Grund dieser Hefte, die uns im Vereine mit zahlreichen Aufzeichnungen über di‘ Tagesauslösungen der Markscheider und ihrer GehOlfen den Fortgang der Arbeit jahr-, ja vielfach monat- und tageweise zu verfolgen gestatten, wurden zunächst sogenannte ‚KonzeptScharteken« hergestellt, wie sie zu Hunderten, oft nur aus kleinen Blättern oder Scbnitzelchen bestehend, im Haupt-staatsarchiv aufbewahrt werden. Aus ihnen wurde dann, durch Kopieren und Zusammenfügen der Stücke, die ‚Landtafel im Maßstab 1:12500 gewonnen, die kaum die Hälfte, vielleicht auch nur ein Drittel des ganzen Kurstaates Sachsen umfaßt und doch 38 qm mißt. Welche Gebiete auf dieser Riesenkarte, die auf Ruges Vorschlag in 96 Blätter 76X52 cm zerlegt wurde, vertreten sind, lehrt die Übersichtskarte, die im Hauptstaatsarchiv angefertigt wurde, nachdem die alte Rugesche verloren gegangen war, der aber noch keine endgültige Gestalt gegeben werden konnte, da die Neuordnung der Rißsamtnlung immer neue, zijm Teile sehr beträchtliche Stücke zutage förderte. In der Hauptsache dürfte aber nun alles noch Erhaltene beisammen sein. Für die entweder gar nicht jur Vermessung gelangten oder verloren gegangenen Gegenden haben wir vielfach Sonderrisse von einem der Öder oder von dem ungemein fruchtbaren Zimmermann, die, wie namentlich Maßstab und Abgrenzung lehren, nicht unmittelbar mit der Landtafel zusammenhängen, aber sich doch eng damit berühren. Vor allen Dingen aber haben wir auch noch große Stücke einer alten Kopie der Öderschen Uraufnahme, die nur teilweise mit dieser zusammenfallen, teilweise dagegen über sie hinausgreifen oder ganz andere Gegenden betreffen, wie aus der ebenfalls noch unfertigen Übersichtsskizze der 27 sich vielfach überschneidenden Blätter ganz verschiedener Grösse und Gestalt hervorgeht. Diese wertvolle Kopie ist offenbar, noch von Matthias Öder begonnen, in ihren wesentlichsten Teilen aber von Zimmermann vollendet worden, und zwar mit Unterstützung eines Malers oder künstlerisch durchgebildeten Zeichners; denn die kunstvolle, ja. geradezu künstlerische Wiedergabe vieler Einzelheiten, z. B. der Stadtgrundrisse, setzt große Fertigkeit im Gebrauche des Pinsels und der Zeichenfeder voraus. Der Maßstab des Öder-Zimmermann, wie wir für diege Kopie gewöhnlich kurz sagen, ist viermal kleiner als der Ur-Öder (Or.-Öder), also 1:50000. Während der Ur-Öder meist keine farbige Behandlung, sonnur einen Wechsel von schwarzer (dunkelbrauner) und roter Zeichnung und Beschriftung aufweist, ist auf dem ÖderZimmermann vielfach Flächentönung zur Unterscheidung der landesherrlichen von den adeligen und Gemeindewäldera, zur Hervorhebung der verschiedenen Herrschaftsbezirke, iur Andeutung des Wassers usw. angewendet. Daß ‚die erste Landesverniessung des Kurstaates Sachsen, auf Befehl des Kurfürsten Christian 1. ausgeführt von Matthias Oeder (1586 - 1607), zum 800jährigen Regierungsjubiläum des Hauses Wettin von der Direktion des Hauptstaatsarchivs durch Sophus Ruge auf 17 farbigen Tafeln in Lichtdruck 1889 (Dresden, Stengel & Markert) herausgegebene wurde, soweit sie das damalige Königreich Sachsen betrifft, ist ein großer Gewinn für die Wissenschaft. Die damals nicht mit vervielfältigten Blätter, die sich auf die Provinz Sachsen beziehen, nachträglich noch zu veröffentlichen, wäre ein weiteres dringendes wissenschaftliches Bedürfnis. Als dies 1906 und dann noch einmal 1911 angeregt wurde, wäre es möglich gewesen. Unter den jetzigen Verhältnissen wird so bald an die Erfüllung dieses berechtigten Wunsches weiter wissenschaftlicher Kreise nicht zu denken sein. Der große Wert der Öderschen Landesvermessung liegt einmal in der ungeheueren Reichhaltigkeit an topographischen Einzelheiten. Bei jedem Walde und Waldstück ist treulich vermerkt nicht nur, aus welchen Baumarten sie bestehen und in welchem Zustande sie sich damals befanden, sondern auch, wem sie gehörten, ob dem Landesherrn oder einem adligen Grundherrn oder einer Ortsgemeinde. Bei fast jedem Dorfe, Schlosse, Vorwerk ist hinzugefügt, wem es zustand, wieviel Bauergüter und Häusler es zählte, welchem Amte es zugehörte, wem die Ober-und die Erbgericbte zu-standen. Bei jeder MOhle sind Art des Betriebs und Zahl der Gänge angegeben. So ist der Öder für jeden, der sich mit der Vergangenheit tier kursächsicben Lande beschäftigt, eine äußerst ergiebige Quelle, die voll erst dann ausgeschöpft werden kann, wenn ein gutes Orts-,Personen- und Sachregister dazu geschaffen sein wird. Ein solches ist seit 1923 in Angriff genommen worden. - Zweitens aber beruht die hohe Bedeutung der Öderschen Landtafel in der bewundernswerten Genauigkeit der Aufnahme und Wiedergabe, die von Fachleuten wiederholt für praktische Zwecke nachgeprüft worden ist. Man braucht sich bloß die Darstellung der Flußläufe anzusehen. Jede Windung beruht auf sorgfältigster Vermessung, während sich die Kartographen damaliger Zeit sonst noch meist damit begnflgten, die Flußläufe aufs Geratewohl zwischen den an ihnen gelegenen Ortschaften hindurchzuführen. Unberücksichtigt geblieben sind im allgemeinen Wege und Straßen, wenig beachtet die Bodenformen. Nur besondere Gebirgsgegenden, wi~ das Elbsandsteingebirge, machen hier eine gewisse Ausnahme. Für die Eigenart dieser Gebirgswelt hatten Öder und die Seinen weitgehendes Verständnis und verliehen dem auch in Wort und Kartenbild geschickten Ausdruck. Was Kurfürst August und sein Stab von Markscheidern gewissermaßen aus dem Nichts mit ihren verhältnismäßig unvollkommenen Hilfsmitteln und Instrumenten geleistet haben, ist noch lange nicht genug gewürdigt worden. Hoffentlich findet sich in Sachsen bald ein im Vermessungswesen groß gewordener Fachmann mit dem nötigen wissenschaftlichen Sinn, der die Vermessungskunst der Öder und Genossen eingehend untersucht, wie für Bayern Gasser und für Württemberg Regelmann. Wer weiß, was für Entdeckungen noch dabei herauskommen werden. Je eingehender man sich mit der Öderschen Landesvermessung beschäftigt, desto mehr wird man zweifellos zu der Einsicht gelangen, daß um die Wende des 16. und 17. Jahrhunderts kein anderer deutscher Staat eine gleich hoch stehende Leistung aufzuweisen hat, auch Bayern nicht. Allerdings wandte hier Philipp Apian schon eine Art Triangulierung an. Im übrigen aber steht seine Bayrische Landtafel, was Größe des Maßstabs, Reichhaltigkeit des Einzelwerks und vor allem Genauigkeit der Darstellung anlangt, hinter der sächsischen Vermessung und Kartierung aus• der Augustischen Zeit zurück. Ähnliches wie die Öder und Genossen für ein weit ausgedehntes Gebiet gegen Ende des 16. Jahrhunderts geschaffen haben, wurde anderwärts entweder inder gleichen Zeit nur geplant, wie in Braunschweig, wo 1585 eine allgemeineLandesvermessung zwar angeordnet, aber nicht durchgeführt wurde, (13) oder erst mehrere Jahrzehnte später wirklich durchgefßhrt, und zwar meist auch nur für kleinere Gebiete, so

  1. vor 1619 für die schlesische Herrschaft Carolath im Maßstab 1: 75000 vermutlich von einem Mathematikprofessor des Gymnasiums zu Beuthen, (14)
  2. 1621.1622 für die preußische Burggrafschaft Dohna Schlodien im Maßstab 1:49315 durch Conrad Burck (15)
  3. um 1635 für die freie Standesherrschaft PIeß in Schlesien im Maßstabe 1:18000 durch den Militärarchitekten Andreas Hindenberg (16)
  4. 1638-1648 für Schleswig.Holstein, wo auf Befehl König Christians IV. von Dänemark und Herzog Friedrichs 111. von Gottorp der aus Husum stammende Mathematiker Johann Meyer 37 General- und Spezialkarten auf Grund genauer Vermessungen des Landes entwarf und damit nach dem schon im Jahre 1859 gefällten und daher wohl mit Vorsicht aufzunehmenden Urteile von Geertz (17) eine Leistung schuf, wie sie kein anderes Land in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufzuweisen hatte.

Auch die berühmte Vermessung Württembergs, die der Tübinger Professor Wilhelm Schickhart 1619-1635 durchführte, und zwar mit Hilfe einer bei Tübingen gemessenen Basis und eines vollständigen, ziemlich genauen, Dreiecknetzes, liegt zeitlich weit hinter der Öderschen Landesvermessung Sachsens. Sie führte übrigens auch nie zu der in 13 Karten geplanten Tabula Wirtenbergiae im Maßstab 1:130.000. Infolge seines frühen Ablebens hat Scbickhart nur eine Tafel davon vollendet, die Tübinger Gegend enthaltend (18) In seiner trefflichen Arbeit über Wilhelm Schickhart und seine Landesaufnahme Württembergs 1624-1634 in der Zeitschrift für Vermessungswesen XXVIII (1899) 401-415 u. 537-549 (auch für sich erschienen in Stuttgart bei K. Wittwer) hat Vermessungsinspektor Steif dies so gut wie sicher nachgewiesen an der Hand von Briefen, namentlich des Amsterdamer Kartenstechers Wilhelm Blaeu (Caesius) an Schickhart, und damit die bisherige, auch von Regelmann hartnäckig vertretene Ansicht widerlegt, daß das Werk auf dem Wege zum Stich durch Blaeuw in Amsterdam von einem kaiserIichen General weggenommen wurde und in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs gänzlich verloren ging.

Der Wilhelm-Schickbartschen Vermessung, die der 1710 erschienenen Karte Württembergs von Magister Johann Majer (Ducatus Wirtembergici nova . . . delineatio) zugute kam, waren einige Vermessungen und Kartierungen ganz kleiner Teile Württembergs vorausgegangen, die sich in ihrer engen räum.ichen Begrenzung einigermaßen dem Öder-Werke in Kursachsen vergleichen lassen. Ich denke hier weniger an Philipp Gretters viel gerühmte Karte des Bades Boll (südwestl. Göppingen, südöstl. Stuttgart) und seiner weiteren Umgegend, betitelt "Landtaffel der schönen Gelegenheit und Landschafft umb Boll, aus dem Jahre 1602, die zwar die erste gedruckte, auf guten Beobachtungen aufgebaute Sonderkarte Württembergs darstellt, aber mehr Landschaftsbild als Landkarte ist. (19) Ich denke hier vielmehr an die verschiedenen Einzelkarten des Baumeisters Heinrich Schickhart und des Maler-Geometers Johann Andreas Rauch aus Wangen, fälschlich meist Rauh genannt. Von ersterem, einem Onkel Wilhelm Schickharts, liegt u. a. die Landtafel von Mömpelgard im Maßstab 1:56.000 aus dem Jahre 1616 (20) vor, die beweist, daß er seinen Karten gut orientierte Vermessungen zu Grunde legte. Von letzterem haben wir ein reichliches Dutzend Pläne von Städten, wie Lindau und Wangen, Herrschaften (z.. B. Achberg, Kemnat, Wolfegg, Waldburg) u. dergl. aus den Jahren 1610 bis 1629 in verhältnismäßig großen Maßstäben, etwa 1:20.000 - 1:30.000, die auch durchaus richtige Bilder von kleinen Stücken der Erdoberfläche wiedergeben, obwohl sie, wie als erwiesen angesehen werden darf, noch nicht auf Triangulation beruhen, sondern nur mit Hilfe von Kompaß und Meßstange aufgenommen sind. Den Obergang von der Vogelschau zum Grundrisse darstellend, enthalten diese Rauchschen Arbeiten schon fast alles, was man heute von einer topographischen Karte verlangt, nämlich, wie Regelmann sagt, sehr genaue Grenzangaben, vorzügliches Gewässer- und Wegenetz, wirkungsvolle Kulturenbezeichnung und eine originelle Terraindarstellung mit durchgeführten Schraffen nebst einer Fülle von Wald- und Flurnamen. (21)

Brevitas memoriae amica

so steht auf Rauchs Karte von Wangen zu lesen. Der Spruch diente auch bei den vorstehenden Ausführungen als Leitstern. Aus der Fülle von Karten und Namen wurden absichtlich, um nicht verwirrend zu wirken, nur die allernotwendigsten herausgegriffen. Weniger durfte allerdings auch wieder nicht geboten werden, wenn der Zweck des Aufsatzes erreicht werden sollte, nämlich zu zeigen, was an Kartenwerken und Landesvermessungen bis zu Öder, in seiner Zeit und unmittelbar nachher geschaffen worden ist, damit aber die Ödersche Leistung im rechten Licht erscheinen zu lassen. Der weitschichtige Stoff, der aus sehr vielen Kartenwerken, Büchern und Zeitschriftenauf sitzen mühsam zusammengetrsgen sein wollte, ist hoffentlich so übersichtiich vor dem Leser ausgebreitet worden, daß er sich selbst das Schlußurteil bilden kann: Für kein größeres Land liegt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und um die Wende des 17. ein ähnliches, auf genauesten Vermessungen beruhendes und in so großem Maßstabe gehaltenes Kartenwerk vor, wie in Sachsen das Ödersche. Nur Ansätze dazu finden sich hier und da, allerdings durchgängig in kleinerem Maßstabe und meist auch nur für kleinere Gebiete. Selbst Apians berühmte Bayerische Landtafel steht hinter ihm zurück, wenn schon sie den einen, nicht zu unterschätzenden Vorsprung vor Öder, soweit wir diesen bisher kennen, hat, auf einer allerdings noch nicht voll entwickelten Triangulierung zu beruhen. Erstmalig brachte eine solche mit gemessener Basis in den zwanziger und .dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts Württemberg hervor, ohne daß aber hier eine entsprechend durchgeführte Kartierung zunächst erreicht wurde. Wenn wir bisher in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts auf meist handschriftliche Karten gestoßen sind, die sich auf einer Linie mit Öder zu bewegen scheinen, so betreffen diese nur kleine Gebiete. Es ist wohl möglich, daß sich die Zahl solcher kleinräumiger Sondervermessungen bei genauer Durchforscbung der Archive noch vermehren wird. Eine so große Vermessung aber, wie die Öderscbe, dürfte sich nicht wiederfinden. Sie wäre zweifellos schon bekannt geworden, wenn sie je bestanden hätte. Die Öder-Leistung steht mithin einzig in Deutschland da. Sachsen darf stolz bekennen, in seinem Augusteischen Zeitalter wie auf vielen anderen Kulturgebieten so auch auf dem kartographischen ganz Deutschland vorangeschritten zu sein.


  1. Die "Zusammenstellung der Kartenwerke Bayerns tm, die A.Waltenberger in den Beiträgen zur Landeskunde, herausg. von der Geograph. Gesellschaft München, 1884, It kritischen Anmerkungen über und Inhalt der Karten gab, erleichterten seine Arbeit wesentlich.
    • J. Müller. Die ältesten Karten des Eichsfelds: Unser Eichsfeld VI (1911) 1-19.
    • 0. Lorenz. Die Kartographie des Erzstifts und Herzogtums Magdeburg: Oeschichtsbiltter für Stadt und Land Magdeburg XXXV (1900)154 - 221, XXXIX (1904) 84 - 125.
    • H.Größler, Die Karten der Grafschaft Mansfeld: Mansfelder Blätter XI (1897) 1 - 19; .dazu XVI (1902) 138 - 144 (Die bis jetzt bekannt gewordene älteste Kätte der Grafschaft Mansfeld).
    • W. Lorz und H. Hertel. Das Vermessungswesen im Herzogtum Sachsen-Me!ningen: Neue Landeskunde des Herz. Sachsen-Meiningen 1 (Hildburghausen, 1900) 33 - 82.
    • A. Leiß. Die ältesten Karten von Waldeck: Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont IV (1904) 133 - 142.
    • P. Knieriem, Zur Kartographie der Wetterau: Friedberger Geschlchtsblätter Nr. 1 (vom 7.1.1922).
    • E. Friedländer. Beiträge zur Geschichte der Landesaufnahme Brandenburg-Preußen unter dem Großen Kurfürsten und Friedrich III (I.): IV (1900) 336 - 359.
    • P. Dinse, Ein schwedischer Kartograph der Mark Brandenburg aus der Zelt des 30-jährigen Krieges Zeltscbr. der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin XXXI (1896)
  2. Vgl. Wolkenhauer In den Deutschen GeographIschen Blättern XXIII (1910) 339. Daselbst wird auch auf den Antiquariatskataloge für die Geschichte der Kartographie hlngewiesen.
    • P. O. Bartels, Ubbo Emmius und die Karte von OstfrlesIand um 1590: Jahrb. d. Gesellsch. für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden IV (1880) 1 - 13.
    • Derselbe: Laurentius Mlchaelis von Hohenkirchen (+ 1584) und die äItesten Karten von Ostfriesland: Deutsche geographische Blätter X (1887) 101 - 112 (mit einer Nachbildung der Mlchaelisschen Karte).
    • W. Behrmann, Niederdeutsche Seebücher, die ältesten kartographischen Quellen unserer Küste: Jahrb. für die Gesch. d. Hzgt. Oldenburg XVII (1909) 46 - 52.
    • O. Rüthnin g, Hunrichs Karte der Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst: eb. VII (1898) 120 - «.
    • Derselbe, Die Entwicklung des Kartenbildes Oldenburg.: ab. S. 93 - 137.
  3. Vgl. weiterhin C. Gräf, Zur Geschichte der Vermessungen und Kartographie der Elbherzogtümer: VIII. und IX. Jahresbericht des Vereins f. Erdkunde zu Dresden (1872) II S. 46 - 59, ferner O. Wegentanns Aufsätze über "Die alteste Karte von Schleswig-Holstein" In der Kieler Monatsschrift "Die Heimat" XXXIII (1923) Nr.1 S. 1 - 4 mIt einer Nachbildung der Jordanus-Karte) und über "Die Jordanuskarte von SchleswIg-Holstein" im Geogr. Anzeiger XXIV (1923) Nr. 7/8. - Wegen Johann Meyer und seiner Vermessung s. hier weiter unten.
    • Ed. Frhr. v. OeIcle Philipp ApIans Topographie von Bayern und bayeztsche Wappensammlung. herausgegeben im Auftrage des Histor. Vereins in Oberbayern: Oberbayrlsches Archiv für vaterllnd. Gesch. XXXIX (1880). S. 80 zither, Peter und Philipp Apian, zwei deutsche Matheniatlker und Kartographen. Prag 1882 (Abhandlungen der KgI. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaft VI. Folge Ii. Band) Vgl. dazu S. Ruge. Die erste Lanndesvermessung des Kurstaates Sachsen (1889).
    • C. A. Mirus. Peter Aolan-Bennewltz: Mitt. d. Geschlchts- und Altertums-Vereins zu Lelsnig X (1896) 1 - 25 [mit Bild].
    • M. Gasser. Studien zu Philipp Aplans Landesaufnahme: Mitt. d. Geograph. Gesellschaft in München 1 (1901 - 1906) 17 - 68 lauch als Dissertation 1903 besonders erschienen].
    • W. Beck. Einige Bemerkungen zu Aplans Karte von Bayern vom Jahre 1568: Mtbayr. Monatsschrift VI (1907) 143 - 148.
    • O. Hupp. Philipp Apfans Bayerische Landtafeln und Peter Welnes Chorogrephia Bavariae. Frankfurt a. M, H. Keller 1910.
    • O. Hartig. Ans der Werkstätte Philipp Aptans: Das Bayuland XXIV (1918) 3 S fl.
  4. C. Regelmann. Naturkunde und Topographie in Württembergvor 300 Jahren: .Jahreshefte des Vereins für vaterilndische Naturkunde in Württemberg LVIII (1902) 68 - 76 [mit 2 AbbIldungen). Vgl. außerdem seinen oben angeführten .Abriß, Daselbst S. 21 Figur2 eine gute Probe aus dem Blatte .Stuttgart. eine andere In C. Belschners Geschichte von Württemberg (Stuttgart, 1902) S. 113. Eine VervielfältIgung des ganzen Gadnunchen Kartenwerkes scheint es nicht zu geben 5yön .Oadners Karte des Balersbronner und Relcbenbachcr Forsts 1609“ handelt D[oIkerj in den Blättern des Württemberg. Schwarzwald-VereIns „Aus dem Schwarzwald“ X (1902) 30 - 33. »
  5. Nach Wolkenhauu (s. Deutsche geographische Blätter XXXIII 1910,S. 234 führte er letzteren Namen und war Bau- und Geschützmeister der Stadt Straßburg
  6. Otto Birke. Der Bezirk Annaber Im Lichte der Kastographle des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts und dazu gehodger Akten: Beilage zum Jahresbericht des KgI. Realgymnaslums zu Annaberg Ostern 1913 (Annaberg, 1‘. Thallwitz, 1913). B. hat sich sehr eingehend mit Oder Oberhaupt beschäftigt - Zusammenfassend über Humelius, die Öder und Zimmermann äußerte sich auch Geh. Hofrat B. Pattenhausen In unseren Mitteilungen III (1921) 119 ff („Die Landesaufnahmen Sachens. - Von S. Ruge sei auch noch seine Arbeit ‚Die sächsische Schweiz am Ende des 16. Jahrhunderts‘ Im Jahrbuche des Geblrgsvereins f. d. Sächs.-Böhmische Schweiz 1 (1083) 1 - 24 erwähnt.
  7. In der Wlisdruffet Vorstadt, jetzt Ffschholplatz Nr. 12. Über den Gasthof und seine Besitzer (Benedict Götze - 1575, Georg Öder 1575 - 1581, Dr. Iur. Christoph Breutgam 1581 - ?, der kurtürstliche Lakai Zacharlas Weise ? - 1649, der Zeugdiener Jakob Otthofer oder Utthofer 1649 - ?‚ usw) vgl. H. Haug, Zur Geschichte der Wllsdrulfer Vorstadt, in den Dresdner Geschichtsblattern III (1901 - 1904) 10 - 114, insbesondere 110 f., und 0. Mörtzsch, Die ältesten Gasthofspitvllegien zu DresdenFlschersdosf (Jetzt Flschhofplatz) eb. VI (1913 - 1916) 150 - 152. In seinem Gesuche, Ihm auf seinem .Gasthoff zu FlschersdorfP, auf dem er seit 1635 die 1638 und 1641 erneuerte Gerechtigkeit habe, trotz des Widerspruchs der Stadt Dresden den Verschank von Hlnischem (d. h. Großenhainer) und Freiberger Biere au gestatten, erinnerte am 29. April 1649 Otthofer auch daran, "welcher Gestalt Eurer Chutf. Durchlaucht Herr Groß.Vatsr CbuifUrst Augustus hochlöbl. chrlstmlld. und seellgster Gedächtnis anno 1575 Oeorge Ödern, gewesenen Marckscheldern, ulf unterthenigstes Suppllclren wegen Seiner treu geleisteten Dienste In Flschersdorff einen Oasthoff auffzubauen vetstattet und darbey Dreßdenlsch Bier zu verzapffen besage höcbsterwehnt Seiner Churf. Durchlaucht chrlstseel. Gedlcbtnüs darauf erthellten gnldlgsten PrIvIIegU, auch daß sich nlemands anders von der Elbcn hlnder dem WIllIschen Thore biß an die Phnlsche Straßen oder Gassen, als er und seine Eben oder Besitzer dieses Hauses. sich dessen gebrauchen sollen, begnadet.
  8. Loc. 8524, Das vlerdte Buch der an Chur-Fürst Augusten zu Sachsen gelangten gemeinen Schreiben, 81, 131 - 138 und 147 - 151. Vgl. dazu Birke a.a.0. S.7. - Loc. 39463 (Reg. LXII Nr. 1407), Archivs-Nachrichten die Elster-Flöße betr., 1829 (s. namentlich 81, lb II. und 187ff. Umstellung Elsterfloßgrabens von seiner AnlerLan bis auf ... und Grundriß Über den Elster-FloB-Graben . ... 1728. - Loc.396O (Reg. XIV SecL 1 Nr. 448), Cantzley-Acta enthaltend Nachrichten über den ... die weißen Elster abgeleiteten Floßgraben. (a.m dem bezflglkhen, am Predem abgegebenen Archivs-Aetm tzhahlrt), uM.
  9. vgI.R.Andrec~ Brannschwelgu Volhahundc.2.Anf1.(Braunmchwelg),P.»Vfewcg u. Sohn, 1901, 5.84 IL
  10. S. den oben angeführten Katalog von Partsch.
  11. Angaben hierüber und Probeabbildung bei Roedder (s. oben) S. 81.
  12. S. ebenfalls in dem Katalog von Partsch.
  13. Den "Kartografen Joh. Mejer" hat gesondert behandelt P. Lauridsen in der norwegischen Hist. Tidskrftt Reihe 1 Bd. VI (1888). Vgl. S. Ruge In A. Supans Geogr. Litteratur-Bericht für 1889 (Gotha. Perthes) S. 10f. ferner außer Geertz und Graf (s. im Vorhergehenden) noch F. Mager. Bericht über kulturgeographische Arbeiten lm Herzogtum Scbleswlg Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 1915 S. 545-558.
  14. Abbildung eines Teils der Tafel bei Regelmann, Abriß (s. oben) S. 69
  15. C. Regelann, Die Landtaffel der schönen Gelegenheit und Landschafft umb Boll Anno 1602: Blätter des Schwäbischen Albverelns XIV (1902) 11 - 22. Die Landtafel aus der R. auch einen Ausschnitt mit dem Aufsatze Naturkunde und Topographie. (s. oben) veröffentlicht hat, ist, auf ein Drittel verkleinert, beigegeben. außerdem ein Stich (Albtraut) In natürlicher Größe. Für Liebhaber haben wir gleichzeitig eine große Ausgabe veranstaltet, die nur auf 2/3 verjüngt ist und von der Geschäftsstelle des Schwäbischen Albverelns mit ausführlichen Begleitworten zum Preise von 2 M. bezogen werden kann.
  16. Ausschnitt daraus vervielfältigt In Regelmanns AAbriss S. 24
  17. Hammer, Die Karten von Wangen und von Lindau aus der ersten Hallte des 17. Jahrhunderts: Globus LXXIII (1898) 93-98, mIt Proben. Ein Stück der Wangener Landtafel ist auch In Regelmanns Abriß vervlelfältigt. - W. Sensburg, Die Karte des J. A. Rauch In München nebst Nachrichten über ihn und seine anderen kartographischen Arbeiten: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in München XIII (1918/9) 127-144