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Bönhoff 1923

Leo Bönhoff
Das hersfeldische Eigen
in der Mark Meißen


neues Archiv für sächsische Geschichte 44 (1923) Seite 1 ff

Anmerkung von C+H Doerffel: Es mag die eine odere andere Erkenntnis aus diesem Beitrag entstehen. Aber man kann diesem ganzen Erguss nicht so recht trauen, da bei bekannten Sachverhalten und Urkunden offenbar Information so hingebogen wurde, bis sie ins Konzept des Autors passte. Und es sind einfach zuviel Worte für zuwenig verwendbare Information; erst recht viel zuviel Worte für die Unwichtigkeit des Themas.

Auszüge

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ausgeschieden und für das Deutsche in Anspruch genommen werden kann. Es sind ihrer sieben: 1. Zöblitz (Einsiedel), das bekannte Städtlein; 2. Mörbitz (Wiesa oder Friedersdorf) und 3. Plaue (Flößplatz), beide an der Zschopau bei Augustusburg; 4. Ailitz (Lehmfeld) und ~. Kühren (Ort des Trostlieb oder Kränkel), beide Wüstungen unfern der Straße Oederan-Freiberg in der Nähe von Frankenstein an der Kemnitz (s. o. S. 8); 6. Gränitz (Grenze)(Anmerkung 1), dessen deutsches Äquivalent mithin Oederan sein würde, aus einem Wachtposten entstanden, daher auch seine Anlage; 7. Saida (Ober-, Mittel- und Nieder-): diesen Namen führen die drei deutschen Reihendörfer (zu den drien Syden), wie aber kamen sie zu ihm? Hier führte die Böhmische Straße hindurch; man kann also eine slawische Anlage vermuten, die aber aufgesogen ward. Es sind bis auf Plaue und Mörbitz lauter Straßensiedlungen; diese beiden sind Niederlassungen am Flusse. Außerdem möchte ich noch auf den Ort "Wünschendorf" N. Lengefeld (1369: Windesdorf) hinweisen; es ist das "windische", also mit slawischen Ansiedlern besetzte Dorf. Hingegen dürfte die "Nennigmühle" bei Sorgau mit der "Nennigkau" einfach auf einen Besitzer namens Nennig(k) zurückzuführen sein, ohne irgendwie mit slawischer Ableitung oder gar Ansiedlung, von der sie ein Rest wäre, etwas zu tun zu haben. Jedenfalls waren es ganz unbedeutende Anlagen, und der deutschen Kolonisation stand vor allem in den großen Waldungen der weiteste Spielraum offen.

Es wird jetzt geboten sein, ehe wir die Hersfelder Lehen der Wettiner im einzelnen betrachten, die Territorialgeschichte des ganzen Eigens in einem kurzen Überblicke zu würdigen. Den Süden schloß die große Herrschaft Wolkenstein der Edlen von Waldenburg mit den Orten Hohndorf, Großolbersdorf (Kirchort für Burg Scharfenstein, den zweiten Sitz der gedachten Herrschaft, sozusagen der Sekundogenitur jenes Geschlechts) und Hilmersdorf mit der Heinzebank (Anmerkung 2) an. Hieran reiht sich im Südosten, das Hersfelder Eigen z. T. begrenzend, z. T. in ihm gelegen, nämlich mit den Dörfern Lauta, Lauterbach, Pockau, Wernsdorf, Görs-


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sdorf, Reifland (Anmerkung 1), Lippersdorf und Forchheim (Anmerkung 2), die Herrschaft Lauterstein. Über sie erfuhren wir bereits oben das Wissenswerteste. Gehen wir weiter nach Norden vor, so stoßen wir auf die Herrschaft Rauenstein. Wir wiesen bereits oben auf die Belehnung Johann des Älteren von Waldenburg mit ihr im Jahre 1369 hin. Damals zählten die mit der Lehnsnahme beauftragten Vasallen jenes Edlen und seines gleichnamigen Sohnes, Johann des Jüngeren, Peter v. Forchheim und Hans Krähe, den Markgrafen Friedrich dem Strengen, Balthasar und Wilhelm, folgende Bestandteile dieses Lehens auf: die Burg Rauenstein, die Dörfer Lengefeld, Röthenbach (jetzt eine Staatswaldung zwischen Wünschendorf und Borstendorf W., Eppendorf N., Lippersdorf 0. und Reifland S.) und Wünschendorf, ferner die Waldstücke (1): die "Bernstube", den "Schwarzwald", die "Gottleuba" (s.o. S. 8), die "Zaupe" (s.o. S. 8), das "halbe Berthelsdorf" (ein eingegangenes Dorf nahe beim heutigen Neunzehnhain) und den "Lichtenhain", endlich noch Krumhermersdorf (Hermannsdorf) mit dem Forste und allen Zugehörungen, das vorher Markgraf Wilhelm und vor ihm der Rat zu Rochlitz besessen hatte (Anmerkung 3) (2). Dieser letztere Ort trat also zu dem ursprünglichen Bestande der Herrschaft hinzu, zu der auch einmal Pockau und Reifland (s.o. S. 4) gerechnet worden sein könnten. Wie kamen aber die Waldenburger in den Besitz dieser Herrschaft? Am 7. April 1323 bezeugt Heinrich von Waldenburg, der Vater Johanns des Alteren, daß er das Schloß Rauenstein nicht eher an Heinrich v. Schellenberg und dessen Erben zurückgeben werde, als bis dieser dem Kloster Altenzella für Schäden, die er ihm zufügte, 50 Schock Prager Groschen ausgezahlt hätte, falls die mit der Angelegenheit betrauten Schiedsrichter, Burggraf Albrecht v. Altenburg und Heinrich v. Colditz, darauf erkennen würden(Anmerkung 4). Hieraus geht hervor, daß im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts Lauterstein und Rauenstein zusammen nur ...



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...stätigungsbriefes für Kloster Zschillen (Anmerkung 1) "in fluvio Mulda in ascensu, ubi Loztowe fluvius influit in Muldam, et protenditur ultra castrum Wolkenberc, ubi influit fluvius dictus Vroue in Muldam, in fluvio vero Kemenitz ab eo loco, ubi influit in Muldam, in ascensu usque ad locum, ubi influit fluvius Vrose (1168: Wrosiniza) in Kemenitzzam iuxta villam Garmansdorf". Rechts der Mulde also bildete der Frohnebach, der die Fluren von Zinnberg und Kaufungen voneinander scheidet und unterhalb des Schlosses Wolkenburg mündet, bis zu seiner Quelle bei Limbach die Südgrenze. Einen weiteren bedeutsamen Punkt derselben bildet die Mündung des Frosebächleins bei Garnsdorf (0. Burgstädt). Die Ostgrenze fällt in der Hauptsache mit dem Zschopauflusse stromauf von Kriebstein bis mindestens zur Mündung der FIöha zusammen. Zu dem Bezirke des Rochlitzer Eigens, der Grafschaft, wie man auch sagen kann, wenn man sie nach den Wettinern derjenigen Linie (+ 1210) nennt, die Grafen von Groitzsch waren (Dedo und seine beiden Söhne Konrad und Dietrich), gehörten also außer dem späteren Amte Rochlitz (mit Geithain und Mittweida) das Zschillener Klosterland und die Herrschaften Rochsburg und Penig (bez. Zinnberg), die im Besitze der Burggrafen von Altenburg und von Leisnig sich befanden. Uns interessiert hier ihr Südosten mit dem zipfelartigen Ausläufer. Der Zschillener Archidiakonat weist hier folgende Kirchspiele (Anmerkung 2) auf: 1. Ottendorf (bis 1879 für sich), 2. Auerswalde (mit Garnsdorf), 3. Lichtenau (Nieder- und Ober-mit Biensdorf, Merzdorf und Ortelsdorf), 4. Ebersdorf (mit Lichtenwalde), 5. Wiesa (Nieder- und Ober-), 6. Euba, 7. Kleinolbersdorf (mit Altenhain (Anmerkung 3)) und 8. Zschopau (mit Witzschdorf, Gornau und Porschendorf), ja sogar noch 1428, später (1495) finden wir es beim Chemnitzer Archidiakonat in der Sedes Wolkenstein - 9. Krumhermersdorf (Hermansdorf prope Zschopp)(Anmerkung 4) (3).

Vergleichen wir hierzu die Angaben des Lehnbuchs vom Jahre 1349, so finden wir im "districtus" von Rochlitz folgende Lehen in den Orten, die hier für uns von Bedeutung sind: ...



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... Die Einlösung ist nicht erfolgt, und jene Dynasten verliehen das Schloß weiter an die Familie v. Honsberg. Im Jahre 1425 fiel das burggräfliche Mittelglied im Lehnsnexus weg; der letzte Meinheringer entäußerte sich der Mannschaft. Allein Sachsen empfing die Burg zurück, beschwert mit dem Anspruche böhmischer Lehnshoheit, die letzten Endes auf jenen fatalen Tauschvertrag Friedrich Clemmes vom Jahre 1289 (s.o. S. 303) zurückgehen wird, der unter den Tauschobjekten auch das „castrum Lichtenwalde infeudatum“ anführt. Dagegen berief sich mit einem Male, um solchen Anspruch diplomatisch zu parieren, der sächsische Kurfürst auf die lange nicht beachtete Hersfelder Lehnshoheit. Jetzt erinnerte er sich ihrer, wo es galt, sie gegen die böhmische auszuspielen. Wir haben also für Lichtenwalde folgende Verhältnisse am Ende des 13. und im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts ermittelt: 1289 war es "verlehnt"; 1291 hauste hier ein markgräflicher "castellanus" - dieser Burgmann und seine Familie nannten sich nach dem Schlosse (de Lichtenwalde); 1292 ist er von einer "villicatio", einer Pflege, die Rede - Lichtenwalde wird von markgräflichen Beamten verwaltet, und dieser Zustand bleibt mit einer Besitzunterbrechung in den stürmischen Zeiten der Könige Adolf und Albrecht (Anmerkung 1) bis zum Jahre 1336, da fortan die Burg bis 1561 Vasallengut ist. Für das 13. Jahrhundert aber dürfen wir annehmen, daß sie zum Rochlitzer Allod gehört hat, und daß ein markgräflicher Ministerial, mit ihr belehnt, einen Unterbezirk, den Süden der Grafschaft als Beamter (villicus) verwaltet hat. Die Zugehörigkeit zum Zschillener Archidiakonat - Lichtenwalde lag im Ebersdorfer Kirchspiel, hatte aber seine besondere Kapelle mit einem eigenen Priester - spricht dafür, daß es zunächst Allod der Wettiner, gewesen ist. Die Rochlitzer Linie (+ 1210) wird bereits diese Burg am linken Zschopauufer errichtet haben.

Noch bleibt der äußerste Zipfel des Rochlitzer Gebietes übrig: Kleinolbersdorf, Altenhain und Zschopau mit seiner "villication", zu der wir wohl auch Krumhermersdorf auf dem rechten Zschopauufer schlagen dürfen. Wir betonen noch ...



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... bis 1309 damit durch Altenhain und Kleinolbersdorf zusammengehangen hatte. Altenhain war Reichslehn, wie wir sahen, wogegen Kleinolbersdorf zum Rochlitzer Allod gehört haben muß. Denn warum wäre es sonst nach seiner Auspfarrung an die Zschillener Propstei gekommen? Höchst bezeichnend aber ist das Jahr dieser Auspfarrung, 1309; es ist der Zeitpunkt, wo Friedrichs des Freidigen Stern wieder zu steigen begann und der Markgraf sich zum Herrn von Chemnitz und Umgebung gemacht hatte.

Wir haben nunmehr alles erörtert, um der Erklärung des bewußten Relativsatzes "que secernit proprietatem Kemniz et Hersveldensem" näherzutreten, der sich auf die alte Böhmische Straße bezieht. Wir verfolgten bereits ihren Zug von Zschopau bis nach Zöblitz, der die Südgrenze des Hersfelder Eigens bildete. Von Zschopau führte sie über Chemnitz nach Penig und ist durch Bischof Thietmar von Merseburg, der zu Beginn des 11. Jahrhunderts seine Chronik schrieb, fürs Jahr 892 bezeugt: in ihrer Nähe müssen wir die Todesstätte Bischof Arns von Würzburg suchen(Anmerkung 1). Sie scheidet nun voneinander das Hersfelder Eigen (proprietas Hersfeldensis), das also der hessischen Abtei gehörte(Anmerkung 2), und die "proprietas Kemniz", wohlgemerkt nicht die "proprietas Kemnizensis". Unterder letzteren müßte man den Besitz der Chemnitzer Benediktinerabtei verstehen; die "proprietas Kemniz" ist etwas anderes, das nicht notwendig mit ihr zusammenhängt. Beschränkt man sich nämlich bei der Deutung auf jenes Klosterland, dann kann man den Relativsatz und mit ihm die ganze Grenzbeschreibung nur für recht jung halten, d.h. sie stammt vom Ende des 13. Jahrhunderts. Denn die Böhmische Straße läuft vonZschopau aus über Gornau, Altenhain, Hermersdorf, Glösa, Auerswalde parallel der Zschopau nach Leisnig weiter. Diese Straße erreicht aber erst das Chemnitzer Klosterland mit dem Jahre 1290 durch den Erwerb von Hermersdorf, und der Hersfelder Lehnbrief für Friedrich den Freidigen ist im Jahre 1292 ausgestellt. Nun ist jedoch die Grenzbeschreibung älter als er; sie findet sich bekanntlich als Bemerkung bei der Abschrift der Kaiserurkunde vom Jahre 981 im Hersfelder Kopial und



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stammt,, wenn sie dieselbe Hand gemacht hat, aus dem 12.Jahrhundert. Darauf würde auch jener Werner, der Neidberg bei Zöblitz erbaute (s.o. S. 6), uns hinweisen. Dann aber ist die "proprietas Kemniz" genau wie die "proprietas Roclitz", an die sie ja im Norden stößt, einfach die Umgebung von Chemmtz etwa in dem Umfange, wie sie die kirchliche Sedes dieses Namens umschreibt (s.o. S. 43). Vielleicht könnte man sogar in der "villicatio" Zschopau noch ein an die Wettiner im 12.Jahrhundert abgekommenes Sprengstück der "proprietas" Chemnitz sehen, das sie zur Grafschaft Rochlitz schlagen. Jedenfalls ist soviel klar: will man der Beschreibung "die Zschopau hinauf bis zur Böhmischen Straße ‚ die das Eigen Chemnitz und das Hersfelder scheidet" gerecht werden und beharrt bei der Deutung "proprietas Kemniz" = Chemnitzer Klosterland, dann muß man die Grenzscheide nach Hermersdorf verlegen. Aber ist das, was die Straße zur Rechten läßt, wirklich Hersfelder Gebiet? Das muß man leugnen. Und weiter, wo trifft denn die Zschopau jene Straße? Sie laufen ja parallel nebeneinander her und schneiden sich erst beim Flußübergang der Straße in der Flur der Stadt Zschopau! Faßt man jedoch jene "proprietas Kemniz" so auf, wie wir es eben getan haben, dann muß man feststellen, daß die Böhmische Straße es gar nicht vom Hersfelder Gebiet scheidet, daß sie vielmehr aus einem ins andre Gebiet hinübertritt. Nicht sie, sondern der Fluß trennt die beiden Eigen, und es bedarf in diesem Falle nur einer leichten Verbesserung; es handelt sich um einen einzigen Buchstaben (qua statt que). Dann hieße es: "den Zschopaufluß hinauf bis zur Böhmischen Straße, wo er das Eigen Chemnitz vom Hersfelder scheidet". Hierbei handelt es sich um den südlichen Endpunkt der Strecke, von der man solches für den Fluß behaupten kann; der nördliche dürfte die Mündung der Flöha bei Bernsdorf sein. Ist diese Bezeichnung "qua secernit etc." vielleicht ein Zeichen dafür, daß damals die Stadt Zschopau nocht nicht bestand? Kann man sie nicht als einen Beweis dafür ansehen, daß die Zschopauer Gegend damals noch zum Eigen Chemnitz gehörte? Darf man diese Bezeichnung auf die Zeit vor der Gründung des dortigen Klosters (1125/36) beziehen? Hätte somit jener Werner sein Neidberg im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts erbaut? Wie man auch diese Fragen beantworten mag, eines hat sich herausgestellt: die auf dem linken Zschopauufer gelegenen Hersfelder Lehen Zschopau und Lichtenwalde liegen wohl an der Grenze des Hersfelder Eigens, aber nicht in ihm selber: wie die Große Striegis glatt seine Ost-, so ist ...


Anmerkungen von C+H Doerffel:

  1. Es ist eigentlich nirgends gesagt, dass die unbekannten Flurbezeichnungen bernstube, gottlabe, tzupe Waldstücken seien
  2. Im Übrigen eine recht fantasievolle Interpretation der Urkunde von 1369. Dass Krumhermersdorf mal zu Rochlitz gehörte, steht dort nirgends.
  3. In der Urkunde von 1428 steht nirgends "Hermansdorf prope Zschopp", das steht erst in den Meißner Bistumsmatrikeln von 1495. Dort aber unter "Kirchenbezirk Wolkenstein". Sehr wahrscheinlich meint man 1428 jenes Hermersdorf bei Chemnitz. Die konstruierte Zugehörigkeit zu Zschillen (Wechselburg) ist zwar nicht völlig eindeutig zu widerlegen, doch sehr unwahrscheinlich.