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Festansprache
100 Jahre Turnen in Krumhermersdorf


GL. (Harald Gläser ?) in Freie Presse Zschopau, Okt. 1985

Liebe Sportfreundinnen! Liebe Sportfreunde! Werte Gäste!

Wenn man ein rundes Jubiläum begeht, ist es üblich, Rückschau zu halten, ein Fazit zu ziehen über alles, was sich in der betreffenden Zeit ereignet hat, wenn es noch dazu so ein langer Zeitraum ist, wie 100 Jahre, so ist das doch recht schwierig. Man kann keinen fragen, der alle diese 100 Jahre mitgemacht hat, man muß sich auf Dokumente, Urkunden und Ähnliches sowie die Erinnerungen der ältesten Sportfreunde verlassen.

Leider wurden in den Wirren des 2. Weltkrieges amtliche Unterlagen sowie die Traditionsfahne vernichtet, so daß meine gesamten Ausführungen über den Werdegang des Krumhermersdorfer Turnens ausschließlich auf dem Wissen und den Erinnerungen unserer Sportfreunde basieren.

1885 wurde also hier in Krumhermersdorf offiziell der Turnsport begonnen, das heißt, es wurde die Deutsche Turnerschaft mit dem Namen "Turnvater Jahn" gegründet. Im Jahre 1920 trat dann unser ältestes Mitglied, unser Sportfreund Walter Mai, ein. Die Arbeiterklasse hatte sich nach dem 1. Weltkrieg und den demokratischen Errungenschaften der Novemberrevolution doch relativ gestärkt und gefestigt. Diese Entwicklung blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Sportbewegung. 1921 wurde die Deutsche Turnerschaft, begünstigt und hervorgerufen durch die Gründung der KPD an der Jahreswende 1918/19, in "Arbeiterturnverein Krumhermersdorf" umbenannt.

Durch einen Mehrheitsbeschluß in der Hauptversammlung im damaligen Pauli's Gasthof (später Gasthof Mühle) wurde der alte Verein aufgelöst und gleichzeitig entstand der Arbeiterturnverein. Es handelte sich überwiegend um Jugendturner. Zu dieser aktiven Truppe gehörten u.a. die Sportsfreunde Max Hänel, Max Gläser, Max Schreiter, Otto Schneider, Emil Uhlmann und Walter Mai. Die Übungen fanden im niederen Gasthof (später Mühle) statt. Es gab wenig Geräte: Einen alten Holzbarren, ein Pferd und eine Matte.

Zur ersten Arbeiterolympiade in Frankfurt am Main 1925 nahmen die Sportfreunde Emil Gerstenberger, Emil Schubert, Otto Uhlmann, Paul Richter und Walther Mai an den Massenfreiübungen teil. Zum Bundessportfest 1927 turnte unser Sportfreund Walter Mai in Prag mit.

Zusammen mit seiner Gattin Frieda war er danach beim Bundesfest 1928 in Dresden mit von der Partie. Dort sogar als Vorturner für die Massenfreiübungen. Ebenso zum Arbeiterbundesfest 1929 in Nürnberg und zur 2. Arbeiterolympiade 1931 in Wien. Dort wurden Frieda und Walter Mai von Johannes Arnold und Gerhard Löschner als Gastdelegierte begleitet. Zur gleichen Zeit wie das Bundesfest in Dresden fand 1928 in Köln das Deutscvhe Turnfest statt. Daran nahmen u.a. die Krumhermersdorfer Meta Fröner, Gertrud Neumann, Paul Rau, Bruno Beyer und Ernst Öhme teil.

Mit dem Machtantritt der faschistischen Hitlerregierung 1933 wurde der gesamte Sport von den Nazis übernommen. Alle Arbeitersportvereine wurden aufgelöst. Im 2. Weltkrieg verloren dann auch viele Krumhermersdorfer Sportfreunde sinnlos ihr Leben.

bereits 1946 wurde in Krumhermersdorf mit dem Aufbau einer nunmehr vereinten demokratischen Sportbewegung begonnen. Im Oktober 1946 fand das erste Kinderturnen - damals im Gasthof Mühle - statt. Es kam eine so große Schar von Kindern, daß vorerst nur Gymnastik getrieben werden konnte und Übungsleiter Walter Mai erst später zum eigentlichen Geräteturnen übergehen konnte. Die ersten Erfolge bei Kreiswettkämpfen erkämpfte dann unsere Sportfreundin Christine Mai, spätere Messig. Anfang der 50er Jahre wurde dann mit Unterstützung des Rates der Gemeinde unsere jetzige Turnhalle erbaut. Dort stehen unseren Sportfreunden jetzt alle genormten Geräte , welche zum Wettkampfprogramm des DTV gehören, zur Verfügung. Leider muß an dieser Stelle aber auch einmal festgestellt werden, daß in den letzten Jahren nicht alle Sportfreunde von die Turnhalle nutzenden Sektionen und Einrichtungen genügend pfleglich mit der Innenausstattung und den Gerätschaften umgehen.

Jedes Jahr wurde ein Schauturnen auf dem Platz unterhalb des Gasthofes organisiert. Zum Arbeiterturnverein gehörte auch ein Spielmannzug von ca. 15 Mitgliedern.

In einer Versammlung im Jahr 1924 wurde der sogenannte Zentralverein gebildet. Das geschah etwa unter der Losung: "Einzeln seid ihr nichts, aber vereint alles." In ihm wirkten Sozialdemokraten, Kommunisten und Parteilose. Zu diesem Zentralverein gehörten der Turnverein, der Gesangsverein, der Spielmannszug, eine Theatergruppe, und der Fußballverein Ring. Wenn dann zum Sportfest aufgerufen wurde, war immer eine gute Beteiligung. Z.B. gehörten allein dem Arbeiterturnverein mehr als 100 Mitglieder an.

Krumhermersdorf gehörte damals zum Kreis Flöha, und es war immer ein langer Fußweg zu bewältigen, wenn beispielsweise Vergleichswettkämpfe in Eppendorf oder Augustusburg stattfanden. Sonderbusse oder finanzielle Zuwendungen gab es nicht in der zeit der Weimarer Republik und die meisten Sportfreund konnten das Geld für Verkehrsmittel nicht aufbringen. Trotzdem war stets eine rege Beteiligung zu verzeichnen. Es gab eine starke Riege von 40 Turnerinnen, die auch auswärts mit von der Partie waren. Bei den Männern waren es ca. 20 und bei den Jugendlichen 15 aktive Turner. Die Entwicklung des Arbeitersports in jenen Jahren spiegelte sich also auch in unserem Ort wider.

Wie überhaupt die Politik in jenen Jahren zu starken Auseinandersetzungen im Turnverein führte. So wurde nämlich 1925 auf einer Versammlung in der damaligen Gaststätte Kimmer (jetzt Timmel) wieder ein Deutscher Turnverein abgespalten. Dieser hatte ca. 50 Mitglieder und stand unter der Leitung des Lehrers Naumann. Die Übungen fanden hier in diesem Saal statt.

Am 19. September 1926 wurde die Bundesschule in Leipzig eingeweiht. Diesen Bau haben auch die Krumhermersdorfer Sportler durch Spenden mitfinanziert, wie sie überhaupt bemüht waren, zum Gelingen zentraler Vorhaben beizutragen. Das betrifft z.B. die Teilnahme an den Arbeiterolympiaden und den Turn- und Sportfesten.

Ab April 1966 entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen unserer Sektion Turnen und der POS Krumhermersdorf. Das Kinderturnen auf der Grundlage der Wettkampfordnung des DTV der DDR erreichte eine neue Qualität. Das betraf in den Jahren bis 1976 vor allem den männlichen und danach den weiblichen Bereich. in dieser Zeit wurden viele Siege und Plazierungen bei Kreisspartakiaden, Meisterschaften und Pokalwettkämpfen nach Krumhermersdorf geholt. Es war auch eine Ehrensache für die Turner, sich an den Schul- und Heimatfesten 1960/67 aktiv zu beteiligen. An dieser Stelle sei noch einmal vor allem die Person und die Verdienste unseres sf Walter Mai herausgestellt. Ohne dessen unermüdlichen Enthusiasmus und Übungsleitertätigkeit der Krumhermersdorfer Turnsport wohl einem Ende in diesen Jahren nahe gewesen wäre. Sei Name ist auch besonders eng mit der Teilnahme der Krumhermersdorfer Sportfreunde an den ersten 6 Turn- und Sportfesten des DTSB der DDR in Leipzig verknüpft.