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GW
Das wiedergefundene Kind
Von den Goldschätzen in der Burg Niederlauterstein


Freie Presse 05.11.1993 Seite Saxonia

Zu jenen Plätzen im Erzgebirge, über die zahlreiche Sagen im Umlauf sind, gehört die Burgruine Niederlauterstein bei Zöblitz. In ihren unterirdischen Räumen sollen drei Kessel stehen, gefüllt mit gemünztem Gold. In einem anderen Kessel liegen Edelsteine und eine goldene Krone aus der Zeit böhmischer Lehnsherrschaft.

Von diesen Schätzen hörte ein Mönch im fernen Prag. Schleunigst machte er sich auf den Weg, sie zu heben. Doch als er sich in dem Schatzgewölbe befand, schrie er zuerst vor Erstaunen und dann vor Entsetzen auf. Das Gewölbe schloß sich und der Mönch wurde nie mehr gesehen.

Eines Tages gelangte auch eine Frau, die ihr Kind bei sich trug, an den Burgberg. Erstaunt bemerkte sie auf der Höhe eine kleine Kapelle, deren Tür offenstand. Neugierig ging sie hinein. Als sie dort vor dem Altar Berge von gemünztem Gold sah, setzte sie ihr Kind nieder, raffte von dem Schatz zusammen, was sie in ihrer Schürze tragen konnte und eilte nach Hause. Erst als sie schon fast dort angekommen war, bemerkte sie, daß sie ihr Kind vergessen hatte. Schnell ging sie zurück, doch Kapelle und Kind waren verschwunden. Klagend ging nun die Frau täglich zur Ruine, verwünschte das Gold und jammerte um das Kind. So ging die Zeit ins Land.

Als die Frau nach drei Jahren am gleichen Tag der Geschehnisse weinend vor der Ruine stand, zeigte sich die Kapelle wieder. Sie ging hinein und vor dem Altar lag schlafend ihr Kind. Sie nahm es auf den Arm und zog bald darauf mit ihm nach Böhmen wo sie viele Wohltaten an armen Leuten vollbrachte.