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Dr. Renate Wißuwa, Heinz Bauer
Heimathistoriker schreiben ihre Stadtgeschichte


Freie Presse Chemnitz, Lokalausgabe Zschopau vom 1. Juli 1989

Dr. Brenner, der hier merklich kritisiert wird, arbeitete zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seit Jahrzehnten an der Zschopauer Stadtgeschichte. Als Geschichtslehrer wird man ihm auch Wissen um allgemeine Zusammenhänge zubilligen müssen. Die im folgenden Beitrag gezeigten Sachverhalte vermitteln jedoch unterschwellig den Eindruck, dass hier ein Wissenschaftler einem Laien mal zeigen will, wie man solche Dinge richtig macht. Gewiss könnte man an dieser Stadtgeschichte eine merklich einseitige Betrachtungsweise kritisieren, die immer nur Klassenkampf kennt. Dieser Beitrag jedoch scheint uns unangemessen.

Seit kurzem ist Zschopau im Besitz des 1. Bandes einer repräsentativen, gedruckten Stadtgeschichte, in absehbarer Zeit soll der bis zur Gegenwart heranführende Band 2 erscheinen. Diese durch eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. Hans Brenner erarbeitete stadtgeschichtliche Darstellung bereichert unsere Kenntnisse um bisher teils wenig, teils auch unbekannte Sachverhalte in anschaulicher Weise.

Leider machen sich kritische Anmerkungen zum Kapitel 1 notwendig. Aus Unkenntnis des regionalen Forschungsstandes und entsprechender Publikationen werden neben der Verwendung falscher und teilweise längst überholter Fakten vor allem auch vorschnelle Vermutungen getroffen, deren Begründung nicht akzeptabel ist:

Ausgehend von der Hersfelder Grenzbeschreibung, muß man schlußfolgern, daß sich zur Zeit deren Abfassung in der Mitte des 12. Jh. an der Zschopau noch keine mittelalterliche Wehranlage befunden hat. Wahrscheinlich gehört die Burg in die 1. Burgenbauphase (1150 - 1220) und wurde aus politischen Gesichtspunkten heraus errichtet, d. h. sie war Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft, diente der Verwaltung des neuerschlossenen Gebietes, wobei wirtschaftliche und Straßenschutzfunktionen ebenfalls eine Rolle spielten. Dennoch bleiben für die Datierung Unsicherheitsfakten:

  1. Einsetzen der schriftlichen Quellen erst am Ende des 13. Jh. Die erwähnte Urkunde vom 21. Dezember 1299 betrifft in ihrer Übersetzung Zschopau nicht.
  2. Oftmaliger Besitzerwechsel von Burg und Stadt läßt kaum eihen Hinweis auf das burgenbauende und siedelführende Geschlecht zu.
  3. Fehlen jeglicher Keramik aus der Zeit um 1200.
  4. Ausbleiben archäologischer Untersuchungen. Es wurde auch noch nicht ein Hausgrundriß nachgewiesen; es ist deshalb spekulativ, 68 Häuser mit jeweils 7 Einwohnern zu multiplizieren, um 476 Zschopauer Einwohner im 13. Jh. anzunehmen.

Zschopau wurde durch einen in der Mitte des 12. Jh. und 1174 schriftlich bezeugten böhmischen Steig tangiert. Es kann aber nur eine Vermutung bleiben, daß 892 Bischof Am von Würzburg diesen Steig über Zschopau benutzt hat. Neben der Fraglichkeit des Vorhandenseins von Fernverbindüngen vor dem 10. Jh. unterliefen Thietmar von Merseburg als Chronist außerdem nachweislich topographische Fehler, so daß verschiedene Führungen in Frage kommen. Einräumen muß man auch, daß der Bischof im Zusammenhang mit der Missionierung reiste und damit auch Verbindungswege zwischen einzelnen slawischen Siedelgebieten in Betracht gezogen werden müssen. Dieser in Rochlitz die Mulde querende Steig hatte für unser Gebiet nur bedingt Bedeutung. Als 1143 Rochlitz wettinisch wurde und damit Altenburg Schwerpunkt der Reichspolitik, traten südlicher gelegene Muldenübergänge in den Vordergrund. Dadurch entstanden eine Reihe neuer Querverbindungen, wobei die Trasse Altenburg-Remse/ Waldenburg-Chemnitz eine vorrangige Rolle spielte. An dieser Stelle sei hingewiesen, daß die gezeigte Karte zum Landesausbau fehlerhaft und unvollständig ist.

Aus dem Stadtgrundriß läßt sich erkennen, daß die Stadtanlage an der Führung Chemnitz-Dittmannsdorf orientiert ist und nicht an der Trassierung über Gornau. Um die Stadtentstehung zeitlich eingrenzen zu können, muß man ins benachbarte Chemnitz schauen. Vergleichende Untersuchungen erbrachten, daß Chemnitz erst unter Friedrich II. im 1. Drittel des 13. Jh. entstand. Im Rahmen der dynamischen Verkehrsentwicklung bildete sich erst allmählich die Trasse über Gornau heraus, bestand zunächst neben der Führung über Dittmannsdorf nebenher und entwickelte sich etwa in der Mitte des 13. Jh. nach dem Bau der Stadtmauer in Chemnitz zum Hauptstrang. Demzufolge ist es möglich, die Stadtanlage in Zschopau erst nach 1200 einzuordnen, die sich damit analog zu anderen hochmittelalterlichen Städten besser in den regionalen Entwicklungszusammenhang einpaßt.