Geschichte Beierfelds

Tino Georgi unter www.beierfeld-erzgebirge.de/geschich.htm
ohne Datum, 07/2000 entdeckt

Die Siedlungsgeschichte

Unsere engere Heimatlandschaft, das Gebiet der Mulde und ihrer Nebenflüsse, etwa von Zwickau bis Chemnitz bis zum erzgebirgischen Höhenkamm umfassend, war von einem ungeheuren Urwald, dem Miriquidi, bedeckt. Ab dem 10. Jahrhundert drangen bayerische, fränkische und thüringische Siedler im Zuge eines großen Kolonisationswerkes ostwärts in die noch unbewohnten Waldgebiete vor. Urkundlich steht der Beginn der Rodungen um Zwickau um 1118 fest; 1157 ist die Grafschaft Hartenstein als kaiserliches Lehen im Besitz des Burggrafen von Meißen, Meinhard von Wirbene, bezeugt; 1173 veranlaßt dieser die Gründung des Klosters Zelle bei Aue; 1233 stiftet sein Sohn Meinhard II. das Kloster Grünhain und schenkt diesem zehn Dörfer, darunter Beierfeld und Sachsenfeld. Inzwischen war um 1150 Schwarzenberg, im Besitz österreichischer Herzöge, entstanden. Aus diesen Daten können wir die Gründung unseres Ortes auf die Zeit zwischen 1150 bis 1200 festlegen.

Bayerischen Kolonisten verdankt der Ort seinen Namen, die ältesten Urkunden zeigen den Namen "Beyerfeld"; "Feld" verdeutlicht den bäuerlichen Ursprung der Ansiedlung. Als typisches Hufendorf wurde es entlang eines Bachlaufes talaufwärts angelegt, die "Langhufen", breite, bandförmige Flurstücke, erstreckten sich rechts und links des Bachlaufes bis an die Gemarkungsgrenzen. Die jetzt nur noch ungefähr bestimmbare ursprüngliche Größe der Hufen lag zwischen 20-30 ha, demnach wurde hier die sogenannte halbe Königshufe, auch fränkische Hufe, zu Grunde gelegt. Beierfeld umfaßte 14 Hufen, dazu kamen noch Gemeindeland am unteren und oberen Dorfende, die in der Mitte gelegene Kirchenhufe und der sich am Bach hinziehende Dorfanger.

Es mögen etwa 14 bayerische Bauernfamilien gewesen sein, die sich auf den langen Weg machten. Es waren fast immer nur jüngere Bauernsöhne, die eine neue Heimat suchten, wo sie zunächst als freie Bauern auf eigener Scholle leben und wirtschaften konnten. Die Ansiedler erhielten Grund und Boden von dem Hartensteiner Grafen zugewiesen; sie bezahlten keinen festen Preis dafür, sondern hatten an den Grundherrn nach den ersten "Freijahren" Pacht und Zins und bestimmte Leistungen abzuführen.

Schwer war die Arbeit, die der Bau einer vorläufigen Unterkunft für Mensch und Vieh und die Rodung des Bodens erforderte. Noch heute können wir, besonders auf dem nach Westen gelegenen Teil unserer Ortsflur, ihre Spuren erkennen. Das sind sogenannte Steinmauern, die sich den Rain entlang ziehen. Allmählich verschönerte sich das Dorf, es entstanden feste Gehöfte, die nach fränkisch-heimatlicher Art angeordnet wurden. Stattlich zog sich das Dorf vom Grund bis zur Höhe empor. Zu beiden Seiten des Dorfbaches erstreckten sich grünende Felder und Wiesen bis zum schützenden Wald, wie er heute noch teilweise erhalten ist. Beierfeld war wohl die größte Siedlung im engeren Umkreis. Darum erhielt es auch, wahrscheinlich nicht allzu lange nach seiner Gründung Kirche und Pfarrer, zu deren Wirkungskreis auch Wildenau, Sachsenfeld und Bernsbach gehörten. Die Kirche war den Heiligen Peter und Paul geweiht und diente gleichzeitig als Wallfahrtskirche.

Als Beierfeld in den Besitz des Zisterzienserklosters Grünhain kam, wurde es dem Patronat und der Kollatur des Klosterabtes unterstellt; die kirchliche Oberhoheit jedoch blieb beim Bistum Naumburg. 300 Jahre lang, bis zur Reformation, hat Beierfeld zum Grünhainer Kloster gehört. Solange zinste und fronte man von hier nach Grünhain, solange besaß der Abt die obere und niedere Gerichtsbarkeit einschließlich des Halsgerichts.

Während der ersten Jahrhunderte seines Bestehens blieb unser Ort ein reines Bauerndorf. Er veränderte kaum sein Aussehen, nur das Güter geteilt wurden und so Halbe- und Viertelgüter entstanden.

Mit dem früh einsetzenden Bergbau schoben sich allmählich Gartenhäuser, Mundhäuser und Bergfreiheitshäuser zwischen die Bauernhäuser, haben aber den ländlichen Charakter unseres Ortes kaum wesentlich verändert. Am unteren Dorfende war die "Hütte Silberhoffnung" entstanden. Der obere Teil wurde mit der Zeit stärker besiedelt. Mit der sich entwickelnden Löffelmacherei wuchs der Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten. Die Blütezeiten der Löffelindustrie im 17. und 18. Jahrhundert waren es, die den ursprünglichen Charakter des Dorfes wesentlich veränderten. Und mit dem Bau der Staatsstraße 1841 wurde neues Baugelände erschlossen, das der sich schnell entwickelnden Blechwarenindustrie diente. So ist, nachdem sich 1899 auch die Großindustrie ansiedelte, aus dem einstigen Bauerndorf ein Industrieort entstanden.
 
Die Industriegeschichte

Wie überall im Erzgebirge, so suchten die Feudalherren auch in Beierfeld des "Bergsegens" teilhaftig zu werden. Es wurden zwar Schächte innerhalb der Ortsflur geteuft, erwiesen sich aber als wenig ergiebig. Gefördert wurden etwas Silber, später auch Eisenerz. Nur wenige Bewohner waren als Bergleute beschäftigt, und während des 30jährigen Krieges hörte der Bergbau ganz auf.

Eine besondere Stellung in der Wirtschaftsgeschichte Beierfelds kommt der "Hütte Silberhoffnung" zu, die ihre Entstehung - das Jahr ist unbekannt - dem Bergbau unserer Umgebung verdankt. Schon zeitig ist mit dem Hüttenbetrieb eine Art Fabrikunternehmen verbunden, wird doch bereits vom Jahr 1569 von Kupferwassermachern" berichtet.

Vielfach wechselten die Besitzer bis zur endgültigen Stillegung im Jahre 1899. Man hatte sich, da die Herstellung von Vitriolöl wegen der schweren Konkurrenz nicht mehr lohnte, auf die Gewinnung von Erdfarben, Schmirgel, Holzessig, salpetersaurem Eisen und Gerbstoff umgestellt; eine spätere Firma fabrizierte Nickel und Kobalt. Noch bis zum Ersten Weltkrieg war die riesige Halde zu sehen; auch sie ist verschwunden, denn man hatte in ihr für die Kriegswirtschaft wertvolle Metalle entdeckt.

Neben der Löffelmacherei hatte sich bereits im 18. Jahrhundert ein neuer Zweig der Metallverarbeitung, die Klempnerei, entwickelt. Es waren dies zunächst Hausbetriebe; der Klempnermeister arbeitete mit Lehrlingen, manchmal mit Gesellen und Familienangehörigen. Man unterschied Schwarz- und Weißblechklempner. Von 1850 bis 1900 entstanden die meisten solcher Kleinbetriebe, die Hunderte von Arten Haus- und Küchengeräte herstellten. Jeder von ihnen hatte seine Spezialitäten, deren Qualität er fortwährend zu verbessern suchte.

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts vollzog sich eine bedeutsame Wende im Wirtschaftsleben unseres Ortes. Die Maschine verdrängte immer mehr das rein handwerkliche Schaffen und führte so zu der fabrikmäßigen Herstellung von Metallwaren. Den Anstoß zur Entwicklung der Großindustrie gab Ferdinand Frank, Inhaber der Fa. Albert Frank in München. Sein Beispiel fand bald Nachahmung. Es entstanden die Großbetriebe Hermann Nier, Nier & Ehmer, Ludwig Hutzler, Frankonia A.-G.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß ihre Erzeugnisse Beierfelds Weltruf begründeten. Auch eine größere Anzahl kleinerer und mittlerer Betriebe erweiterten und vergrößerten sich. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die technischen Fortschritte im Maschinenbau, die Nutzung von Gas und Elektrizität und durch bessere Transportmöglichkeiten.

Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich Beierfeld zum größten Industriedorf der ehemaligen DDR. Dies ist besonders dem ehemaligen Waschgerätewerk Schwarzenberg mit seinem Werk in Beierfeld und dem Meßgerätewerk zuzurechnen. Beide hatten auch international einen guten Ruf.

Das Waschgerätewerk existiert seit der Wende nicht mehr; aus dem Meßgerätewerk gingen mehrere mittelständische Unternehmen hervor, die sich wieder auf dem Weltmarkt etablieren konnten.
 
Die Geschichte der Löffelmacherei

Mit der Eisenerzförderung und -verhüttung im Erzgebirge entstand das für Beierfeld so charakteristische Gewerbe der Löffelmacherei. Ihr Ursprung geht bis in das 15. Jahrhundert, wahrscheinlich noch weiter zurück. Von 95 Löffelmachern in der Gegend hatten allein 65 in Beierfeld ihr Gewerbe. Was unseren Ort in den Vordergrund bei diesem Gewerbe treten ließ, war der Umstand, daß hier die Umstellung der handwerksmäßigen in eine mehr industrieelle Arbeitsweise ihren Anfang nahm.

In den ältesten Zeiten wurden die Löffel roh aus einem Stück geschmiedet und dann mit der Feile verbessert. Dabei wurden täglich etwa 3 Dutzend Löffel fertig. Einigen strebsamen Beierfeldern ging dies zu langsam. Sie fingen um das Jahr 1710 an, die Löffel aus Blech zu schneiden und kalt zu teufen, wobei ein Mann 5-6 Dutzend Löffel herzustellen vermochte. Diese neue Arbeitsweise war freilich immer noch sehr mühsam. Daher wurde es mit Freude begrüßt, als schließlich Schmiede auf den glühenden Gedanken kamen, Platten- und Quadrateisen vorzuschmieden. Vom Plattenschmied kamen die Löffel zum Schwarzarbeiter, der ihnen die richtige Form gab, und schließlich zum Zinner zum Veredeln.

In den nachweislich 8 Zinnhäusern von Beierfeld wurden die Löffel in Salzlauge gebeizt, mit kaltem Wasser gewaschen, im Talgbad, dann im Zinnbad und nochmals im Talgbad getaucht, und schließlich mit Mehl gereinigt. Um 1753 erfanden Beierfelder die Bereitung der Beize, die bis dahin ais Korn gewonnen worden war, aus Kartoffeln.
Das Polieren, das erst mit der Hand, später mit einer Maschine ausgeführt wurde, gab den Löffeln den schönen Glanz.

Eine von besonders geschickten Löffelmachern ausgeübte Kunst war die Herstellung von "gemeldeten" Löffeln. Mit kleinen Stahlstempeln hämmerten die "Löffelstecher" Inschriften, Verzierungen und Bilder ein. Diese Löffel waren sehr begehrte Geschenkartikel. Der letzte dieser Künstler, Hermann Humann, ist 1915 gestorben.

Kriege, Mißernten mit nachfolgenden Teuerungen, die wachsende Konkurrenz im In- und Ausland, die zum Teil durch Auswanderung der Löffelmacher verursacht war, Einfuhrverbote, wie von Seiten Frankreichs, schädigten das Gewerbe aufs Schwerste. Nur Dank des zähen Fleißes der Löffelmacher und die Einführung der maschinellen Herstellung konnte es sich noch bis in unser Jahrhundert behaupten.

Ein Mann, der neben der Fabrikation der Löffel auch den Handel immer fester an sich zog und schließlich eine monopolartige Stellung im Löffelgeschäft errang, war Gottfried Heinrich Friedrich. Er gründete um 1789 in Beierfeld die erste größere Löffelfabrik. Um 1820 fabrizierte Friedrich 6000 Löffel in der Woche. Es gab 40 Hauptsorten mit 115 Untersorten in deutscher und 90 Sorten in englischer Verzinnung. Nachdem die Söhne einige Jahre lang Teilhaber des Geschäftes gewesen waren, separierte man sich im Jahre 1821 in zwei Firmen. Sie unterhielten in den größten Städten Deutschlands Warenlager. In den Jahren 1826 bis 1831 betrug die jährliche Produktion 38000, 35000, 50200 und 40500 Dutzend Löffel.

Der König von Sachsen verlieh Gottfried Heinrich Friedrich 1835 die große silberne Preismedaille für Verdienste um Kunst und Gewerbe, sie traf jedoch erst einige Tage nach seinem Tode hier ein.

Die Kunst des Löffelmachens blieb indes nicht auf unseren Ort beschränkt. In Böhmen und Schlesien entstanden Konkurrenzunternehmen. Als das Ausland billige Blechlöffel auf den Markt brachte, die mittels Stanzen und Prägewerkzeugen hergestellt waren, mußten sich auch die Beierfelder zu einer modernen Fertigung entschließen. Um 1860 kam es zur Herstellung der eigentlichen Blechlöffel, die aus Schwarzblech gestanzt und dann verzinnt wurden. Um diese Zeit mögen die ersten Handspindelpressen Eingang in unsere Werkstätten gefunden haben.
 
Die Kirchen in Beierfeld

Peter-Pauls-Kirche

Die Kirche, den Aposteln Peter und Paul geweiht, wird erstmalig am 6.Mai 1301 bezeugt. Im Jahre 1607 wurde die Kirche um das Doppelte erweitert. Das kirchliche Wesen von Beierfeld ist eines der ältesten unserer Umgebung.

Nach Gründung des Zisterzienserklosters in Grünhain wurde die gesamte Kirchfahrt Beierfeld dem Kloster Grünhain übereignet. Die Peter-Pauls-Kirche war in katholischen Zeiten Wallfahrtskapelle. Mit der Reformation gingen alle Rechte des Klosterabtes auf den Kurfürsten über, der das Patronatsrecht 1630 für 100 Gulden an den damaligen Besitzer des Sachsenfelder Rittergutes verkaufte. Das Patronatsrecht wurde von da an bis in die Jahre vor dem 2. Weltkrieg von den jeweiligen Besitzern des Rittergutes ausgeübt. .

Mit dem Bau der größeren und neuzeitlichen Christuskirche und ihrer Weihe 1898 ging die fast 300jährige Nutzung als Gotteshaus zu Ende. Lediglich bis zur Errichtung der Begräbnishalle neben dem Friedhof wurde sie noch als Begräbniskirche genutzt. Als ungenutztes. leerstehendes Gebäude, an dem die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen nicht mehr durchgeführt wurden, war ´die Kirche dem Verfall preisgegeben. Obwohl die Kirche - wie auch alle anderen Gebäude unseres Ortes - dankenswerter Weise von den Wirren der beiden letzten Kriege verschont blieb, konnte der ständige Verfall der historisch wertvollen Peter-Pauls-Kirche nicht aufgehalten werden. .

Im Inneren der Kirche ist ein reichhaltiger Bestand an Kulturgut aus den vergangenen Jahrhunderten in ursprünglicher Form erhalten: die Emporenbilder, die Orgel, die Logen mit ihren Kartuschen, welche Auskunft über die Logenbesitzer geben und anders mehr. Aber auch sie blieben von Verfall nicht verschont und bedürfen der geübten Hand des Restaurators.
Der am 4. Februar 1994 gegründete "Kulturhistorische Förderverein Beierfeld e.V." hat sich die Aufgabe gestellt, dem weiteren Verfall der altehrwürdigen Peter-Pauls-Kirche Einhalt zu gebieten. Handelt es sich doch hierbei um das, neben dem Pfarrhaus, älteste Gebäude von Beierfeld und um eines der ältesten und schönsten Denkmale des Landkreises Aue-Schwarzenberg.
Gemeinsam mit dem Kirchenvorstand, der Kirchgemeinde, der Gemeinde Beierfeld sowie der staatlichen und kirchlichen Denkmalpflege wurde eine zielgerichtete Sanierung der Peter-Pauls-Kirche begonnen. Die Kirche soll in erster Linie als Denkmal erhalten und als Konzert- und Ausstellungsraum zu einem Kulturzentrum des Landkreises werden.

Chistuskirche

Mit der ständig steigenden Zahl der Bevölkerung machte sich die Enge der Peter-Pauls-Kirche immer fühlbarer. So wurde nach vielen Verhandlungen am 31. Mai 1897 der Grundstein für die heutige Christuskirche gelegt.

Im Jahr 1899 wurde von Professor Wehle aus Dresden das Kreuzigungsgemälde auf die Altarwand gemalt. Die Orgel lieferte für 5825 Mark (ohne Gehäuse) der Orgelbaumeister Bruno Kircheisen aus Dresden. Die bronzenen Glocken der Christuskirche wurden am 5. Juli 1898 festlich geweiht.
In diesem Jahr feiert die Christuskirche ihr 100jähriges Bestehen.