1791
Mandat wider Tumult und Aufruhr


Gedruckt in Dresden 1791
Original liegt im Kirchenarchiv Krumhermersdorf Locat I, Akte 2 Nr. 9

Wir, Friedrich August ... etc, entbieten hiermit allen und jeden unseren Prälaten, Grafen, Herren ...Unseren Gruß und geneigten Willen, und fügen denselben hierdurch zu wissen:

Nachdem wir unsere Landesväterliche Sorgfalt auf die Beförderung und Befestigung der Wohlfahrt Unserer gesamten Unterthanen, auch eines jeglichen derselben insbesondere ohne Unterschied stets gerichtet seyn lassen; so haben Wir umso mehr zur Betrübniß und gerechtem Mißfallen vernehmen müssen, daß in einigen Gegenden Unserer Lande übel gesinnte Bewohner derselben sich unterfangen haben, ihrer aufhabenden Pflicht entgegen, die öffentliche Ruhe zu stören, durch höchststrafbare aufrührerische Verbindungen und Gewaltthätigkeiten sich ihren Schuldigkeiten zu entziehen, und die Sicherhait des Lebens und des Eigenthums anderer in Gefahr zu setzen.

Wir sehen uns dahero bewogen, zu Befestigung des allgemeinen Ruhestandes in unseren Landen und zu Sicherstellung des Lebens und des Eigenthums, auch der Rechte und Befugnisse aller Unserer getreuen Unterthanen, für die Zukunft nachstehende gesetzliche Vorschriften und Verordnungen festzusetzen und bekannt zu machen.

1.

Ein Jeder soll sich aller unrechtmäßigen Selbsthülfe, aller eigenmächtigen Verweigerung althergebrachter Schuldigkeiten und aller gewaltsamen Verhinderung anderer in Ausübung ihrer Rechte und Befugnisse, gänzlich enthalten, hingegen Recht und Hülfe, nach Vorschrift der Gesetze, an gehörigem Orte, in rechtlicher Ordnung suchen, und bey dem, was durch Güte oder Recht ausgemacht wird, sich beruhigen.

Wer dem entgegen handelt, soll, nach Beschaffenheit seiner Vergehung, mit Gefängniß, Festungsbau- oder Zuchthaus-Arbeit unausbleiblich und nachdrücklich bestraft werden.

2.

Wenn jemand gegen die Obrigkeit gegründete Beschwerde zu haben vermeinet, so hat er solche behörigen Orts gebührend anzubringen, worauf das Anbringen sofort mit sorgfältigster Genauigkeit und vorzüglicher Beschleunigung zur Erörterung und Entscheidung gebracht, und den Beschwerden, wenn sie gegründet sind, vollständig abgeholfen werden soll.

Niemand aber darf sich der Obrigkeit eigenmächtig widersetzen, oder mit Gewalt etwas von ihr zu erzwingen suchen.

Wer dergleichen etwas unternimmt, soll, nach Beschaffenheit der Gröse des Verbrechens, mit Festungsbau- oder Zuchthaus-Arbeit auf mehrere Jahre, auch nach Befinden mit körperlicher Züchtigung, verhältnismäßig, aber ernstlich bestrafet werden.

3.

Niemand soll sich unterstehen, irgend einige Zusammenberufung, Vereinigung und Zusammenrottirung mehrerer Personen, zu unrechtmäßiger Selbsthülfe, Verweigerung oder Aufkündigung hergebrachter Schuldigkeiten, gewaltsamer Verhinderung anderer an Ausübung ihrer Rechte und Befugnisse, Widersetzlichkeit gegen obrigkeitliche Anordnungen, oder einen Versuch von der Obrigkeit etwas zu erzwingen, und überhaupt zu einiger Gewaltthätigkeit an Personen und fremden Eigenthum, es sey auf was für eine Art es wolle, zu veranlassen oder daran Theil zu nehmen.

4.

Alle Zusammenkünfte von Innungsverwandten oder Gemeinden zum Behuf anzustellender Berathschlagungen, werden hierdurch schlechterdings verboten, wenn nicht die Obrigkeit, oder in deren Abwesendheit, denjenigen Personen, welchen hierzu von ihr Auftrag geschehen ist, oder denienigen, welche in dergleichen Fällen deren Stelle sonst zu vertreten haben, und von welchen die Unterthanen beschieden zu werden pflegen, vorher, in welcher Absicht, an welchem Orte und zu welcher Zeit dergleichen Zusammenkunft gehalten werden soll, angemeldet und darzu Vergünstigung erlanget worden ist.

Es ist iedoch, bey Abgabe eines erlaubten Endzwecks, die Vergünstigung nicht zu verweigern oder zu erschweren, auch sind auf das Anbringen und die darauf zu ertheilende Entschließung keine Unkosten zu fordern, und gegen den Mißbrauch der ertheilten Erlaubnis ist die erforderliche Vorsicht von Amts wegen anzuwenden.

5.

Die Gerichtspersonen, auch alle Gerichts- und Polizey-Bediente, sollen auf Zusammenkünfte der Innungen und Gemeinden ein wachsames Auge haben, und sobald sie, daß dergleichen ohne vorgeschriebene Meldung und Erlaubnis gehalten werden, in Erfahrung bringen, oder sonst ein bedenkliches Zusammenlaufen mehrerer Personen wahrnehmen, solches sofort der Obrigkeit anzeigen.

6.

Die Obrigkeit muß den ohne Erlaubnis zusammengekommenen oder sonst zusammengelaufenen Personen sogleich gebieten lassen, bey Vermeidung harter Ahndung, ohne Anstand, auseinander zu gehen, und wenn sie solches nicht sofort thun, sie darzu, durch gebührende Zwangsmittel anhalten.

Demnächst muß die Obrigkeit dergleichen ohne Erlaubnis zusammengelaufene Personen, oder wenigstens die Verdächtigsten unter ihnen, über das Ungebürnis und besonders über den Gegenstand und die Absicht der gehaltenen Berathschlagung, oder die Ursache des Zusammenlaufens vernehmen, und wenn dabey etwas, so auf eine unrechtmäßige Selbsthülfe oder Widersetzlichkeit gegen obrigkeitliche Anordnungen abzwecket, sich veroffenbaret, die verdächtigen Personen davon, unter Vorstellung der widrigenfalls zu gewarten habenden Strafen, ernstlich abmahnen, auch bey zu besorgender Gefahr, nach Befinden, in leidlichem, jedoch sichern Gewahrsam behalten, den Vorfall aber ohne Verzug, auf behörige Art, zur Wissenschaft der vorgesetzten Regierung gelangen lassen.

7.

Niemand darf sich unterstehen, durch Verfertigung, Vorlesung und Verbreitung von Schmähschriften, durch ungebührliche Reden und durch unbefugtes Tadeln öffentlicher Anstalten und obrigkeitlicher Verfügungen, besonders an öffentlichen Orten und in Wirths- und Schenkhäusern, Unsere Unterthanen zur Unzufriedenheit und Ungehorsam zu veranlaßen und den Geist der Unruhe zu verbreiten.

Alle und iede, die dergleichen zu schulden bringen, und dessen überführet werden, sollen, nach Beschaffenheit der Vergehung, und der dabey vorkommenden Umstände, mit Gefängnis, Festungsbau- oder Zuchthausarbeit, auch, nach Befinden, mit öffentlicher Ausstellung am Pranger und körperlicher Züchtigung, verhältnismäßig, aber ernstlich und unausbleiblich bestrafet werden.

8.

Die Obrigkeiten müssen zur Vermeidung eigener Verantwortung dafür sorgen, daß die Gerichtspersonen, auch untergeordnete Gerichts- und Policeybediente auf dergleichen Vergehung genaue Obsicht führen, und was sie deshalb in Erfahrung bringen, der Obrigkeit pflichtmäßig anzeigen, besonders aber denen, die in ihrer Gegenwart ungebührliche und unbefugte Reden führen, Stillschweigen gebieten, und wenn selbige diesem Gebot nicht sofort nachkommen, solches, bey Vermeidung harter Gefängnisstrafe, ohne Anstand der Obrigkeit melden.

9.

Wenn mehrere Personen sich unterfangen, gemeinsam widerrechtliche Gewalt gegen andere Personen, oder fremdes Eigenthum auszuüben, und insonderheit mit vereinter Gewalt, der der Ausführung obrigkeitlicher Verfügungen sich zu widersetzen, oder etwas von der Obrigkeit erzwingen wollen, und solchergestalt ein Tumult und Aufruhr entstehet; so muß die Obrigkeit sofort, mit Zuziehung der Gerichtsfolge, auch, da nöthig, mit Beyhülfe des nächsten beamten, welcher die Amtsfolge zum Beystand zu gebrauchen, und, nach Erforderniß der Umstände, auch die Miliz zum Beystand zu requiriren hat, dem Unwesen mit Ernst und Nachdruck begegnen, die Tumultanten, unter Vorstellung der zu gewarten habenden Leibes- und Lebensstrafen, von ihrem strafbaren Beginnen abmahnen, und daß sie sich sofort auseinander und ieder nach Hause begeben sollen, bedeuten, und wenn sie den Vorstellungen nicht Gehör geben, dieselben mit Anwendung der erforderlichen Gewalt, sollte es auch mit Gefahr des Leibes und Lebens der Ungehorsamen und Widerspenstigen geschehen müssen, aus einander treiben, auch dieienigen, die sich ergreifen lassen, und hauptsächlich die Rädels- und Wortführer oder Anstifter zur gefänglichen Haft bringen; allemal aber den Vorfall, ohne Verzug und auf das schleunigste zur Wissenschaft der vorgesetzten Regierung behörig gelangen lassen.

10.

Wenn eine Zusammenrottirung, Tumult und Aufruhr entstehet, soll niemand seine Wohnung, um zu dem aufrührerischen und tumultirenden haufen sich zugesellen, verlassen, noch solches den Seinigen zu thun gestatten, vielmehr soll sich ein Jeder, der sich dabey befindet, wenn er auch bloß aus Neugierde darzu gegangen, oder nur durch Zufall in solchen gekommen seyn sollte, sich von selbigem sofort entfernen und nach hause begeben, oder gewarten, daß er als ein Tumultuant und Aufrührer behandelt werde.

11.

Als Anstifter und Rädelsführer eines Tumults und Aufruhrs, sollen diejenigen angesehen und behandelt werden, welche andere zu einer Vereinigung, zu Ausübung unrechtmäßiger Gewalt, und besonders zu gewaltsamer Widersezung gegen die Obrigkeit, oder um etwas von derselben mit Gewalt zu erzwingen, anreizen und aufwiegeln, darzu Rath und Anschlag geben, aufrührische Schriften fertigen oder verbreiten, mehrere Personen zu dergleichen Endzweck zusammenberufen, den tumultirenden Haufen anführen, ingleichen dieienigen, welchebey schon erfolgter Zusammenrottirung, die übrigen zu Ausübung einiger gewaltthätigkeit anreizen, oder auch ruhig gebliebene Unterthanen durch Drohungen oder Thätlichkeiten zur Theilnehmung an dem Tumulte zwingen.

12.

Anstifter und Rädelsführer eines Tumults und Aufruhrs sind, wenn derselbe zum Ausbruch gekommen ist, mit dem Schwerd, und wenn die Umstände das verbrechen erschweren, mit dem Rad am Leben zu strafen.

13.

Wenn der Tumult und Aufruhr nicht zm Ausbruch gekommen ist, oder auch aus anderen erheblichen rechtlichen Gründen die Todesstrafe nicht stattfindet, sollen die Anstifter und Rädelsführer dennoch, nach Beschaffenheit ihres Verbrechens, mit lebenswieriger- oder wenigstens zehnjähriger Festungsbau- oder Zuchthaus-Strafe beleget werden.

14.

Wenn Gewrichtspersonen und überhaupt dieienigen, deren Pflicht es erfordert, tumuluarische und aufrührerische Unternehmungen zu verhindern, und solche der Obrigkeit unverzüglich anzuzeigen, solche Anzeige zu thun unterlassen, und nicht allen Fleiß angewendet haben,den Tumult und Aufruhr zu verhindern, so sollen sie deshalb zur strengsten verantwortung gezogen, und, nach beschaffenheit ihrer Verschuldung, nachdrücklich bestrafet werden: Insonderheit ist, um die Anstifter und Rädelsführer herauszubringen, sich vorzüglich an die gerichts- und andere Personen, die nicht gleich anfangs ihre Schuldigkeit hierunter beobachtet haben, zu halten, und dieselben sollen, wenn sie die Anstifter und Rädelsführer nicht anzeigen, selbst um desto härter bestrafetwerden.

15.

Als Theilnehmer eines Tumults und Aufruhrs sollen dieienigen angesehen werden, welchewissentlich Berathschlagungen, wegen auszuübender unrechtmäßiger gewalt und Widersezung gegen die Obrigkeit, beywohnen, oder davon Wissenschaft erlangen, und solches der Obrigkeit nicht sofort anzeigen; ferner die, welche aufrührerische Schriften, wenn sie ihnen zukommen, nicht sofort der Obrikeit aushändigen und deren Verbreitung nicht, soviel an ihnen ist, verhindern; ferner Wirthe, welche vor, oder bey dem Aufruhr, unerlaubte Zusammenkünfte in ihren Häusern wissentlich gestatten; ingleichen alle, welche bey Zusammenrottirungen zu dem tumultierenden und aufrührerischen Haufen sich wissentlich gesellen, oder solches den ihren zulassen, und überhaupt alle, welche sich bey der tumultuirenden Rotte, es sey, unter welchem Vorwande es wolle, finden lassen, und sich nicht sofort, zumahl auf beschehenes Ermahnen obrigkeitlicher oder Militair-Personen, hinweg begeben, nicht minder dieienigen, welche andere zur Unterzeichnung solcher Schriften, die, wenn sie gleich nicht Vereinigung zum Aufruhr und Tumult betreffen,doch Aufkündigungen hergebrachter Obliegenheiten, oder andere unerlaubte Dinge enthalten, zu vermögen suchen; hauptsächlich aber alle dieienigen, welche bey einem entstandenen Tumult und Aufruhre zwar nicht Anstifter und Rädelsführer sind, aber doch vor anderen das Wort führen, oder bey verübter Gewalt udn Widersezung mitwirken, sich an anderen personen und fremdem Eigenthum thätlich vergreifen, Gefangene mit Gewalt befreyen helfen, die, so bey dergleichen tumuluarischen und aufrührischen Unternehmungen Schieß- oder anderes tödliches Gewehr, ohne durch ihren Stand und Beruf dazu berechtiget zu seyn, mit und bey sich führen, auch alle, die wissentlich den Aufrührern und Tumultuanten Gewehr oder Pulver und Bley verschaffen, oder ihnen sonst Beystand leisten.

16.

Die Theilnehmer an einem Tumult und Aufruhr sin, nach beschaffenheit ihrer Theilnehmung und der Folgen derselben, auch dem darauf zu gründenen richterlichenErmessen, mit sechsmonatlicher bis dreyjähriger und wenn die Theilnehmer Gewaltthätigkeiten selbst ausgeübet, oder anderen darbey Beystand geleistet haben, daferne dadurch nicht Lebensstrafe verwirket worden, mit vier- bis sechsieriger Festungsbau- oder Zuchthaus-Strafe, auch, nach befinden und Bewandnis der Umstände, mit körperlicher Züchtigung zu belegen.

17.

Wenn Mord, Raub, Brand, oder ein anderes härter zu bestrafendes verbrechen, bey dem Tumult und Aufruhr begangen worden ist; so sind alle diienigen, welche sich zur Ausübung eines solchen verbrechens vereinigt, und bey dessen Ausübung einander Beystand geleistet haben, mit der auf sothane Verbrechen in den Gesezen bestimmten lebensstrafe, und wenn solche aus erheblichen rechtlichen Gründen nicht Statt finden könnte, mit lebenswieriger, oder wenigstens zehniähriger Festungsbau- oder Zuchthausstrafe zu belegen.

18.

Alle gegen die Anstifter und Rädelsführer, oder Theilnehmer eines Tumults und Aufruhrs geordnete Strafen sollen, wenn sie die zu schulden gebrachten Vergehungen gegen obrigkeitliche und Militair-Personen, oder gegen die zur Verhinderung und Stillung des Tumults und Aufruhrs gebrauchte Gerichtspersonen, Gerichts- und Policeybediente, auch Gerichts- und Amtsfolge, verübet worden sind, nach richterlichem Ermessen, verhältnismäßig, aber nachdrücklich geschärfetund erhöhet werden, ein gleiches aber soll nicht minder statt finden, wenn wider Verhoffen dergleichen Personen, ihrer Pflicht entgegen, bey einem Tumulte und AufruhreVergehungen zu schulden bringen.

19.

Alles, was die Veranlassung eines Tumults und Aufruhrs, oder die Theilnehmung an demselben betrifft, soll in Rücksicht auf die allgemeine Sicherheit, Ruhe und Ordnung mit der grösten Genauigkeit, zugleich aber mit vorzüglicher Beschleunigung und der erforderlichen Strenge untersuchet und entschieden werden. Es muß dahero ein Ieder nicht nur alle Veranlassung eines Tumults und Aufruhrs sorgfältig vermeiden, sondern auch durch ein richtiges und vorsichtiges Verhalten, allen Verdacht einer dergleichen Veranlassung oder Theilnehmung von sich entfernen; außerdem aber die Folgen seines widerrechtlichen oder unvorsichtigen Verhaltens sich selbst zuschreiben.

20.

Wenn es auf Lebensstrafen ankommt, sollen die gesezlichen Erfordernisse vollständig beachtet, iedoch irgend einiger unnöthiger Aufenthalt oder unnüze Weiterung, schlechterdings nicht gestattet werden.

Außerdem aber kann bey Untersuchungen, die T8umult und Aufruhr betreffen, die Bestrafung mit Festungsbau oder Zuchthaus, auch nach befinden körperlicher Züchtigung, und wenn es an einen hinläglichen Geständniß oder gnugsamer Ueberführung ermangelt, die Aufbewahrung des Verdächtigen auf dem Festungsbau oder in einem Zucht- und Arbeitshause, bis zur Ausführung der Unschuld oder des gebrauchten Vorwands, auf bestimmte oder unbestimmte Zeit, ohne vorgängige articulirte Vernehmung und ohne Anberaumung einer Frist zur Einreichung einer Vertheidigungs-Schrift, angeordnet werden; und wenn die Einholung rechtlichen Erkenntnisses anbefohlen worden, ist dieses, befundenenUmständen nach, in gleicher Maße einzurichten.

21.

Sollte einer oder der Andere, welcher vorbestimmtermasen zur Bestrafung oder Aufbewahrung auf dem Festungsbau oder in ein Zucht- und Arbeitshaus gebracht worden ist, zu Ablehnung des Verdachts oder Minderung der Strafe etwas beybringen zu können vermeinen, so ist er zwar damit annoch zu hören, immittelst aber muß er an dem Orte, wo er sich befindet, beybehalten werden.

22.

Wenn in der Folge wider einen auf diese Art bestraften, oder in Verwahrung gebrachten Tumultanten und Aufrührer neue Anzeigen eines zu Schulden gebrachten schweren Verbrechens sich hervorthun, soll die Untersuchung erneuert, und, als ob das bey Anornung der Strafe oder der Aufbewahrung unbekannt oder unerwiesen gewesene verbrechen abgethan sey, nicht dafür gehalten, sondern derselbe, befundenen Umständen nach, mit der in den gesezen geordneten Strafe beleget werden.

23.

Wenn, zur Entschuldigung des Verbrechers, Schwäche oder Zerrüttung des Verstandes vorgeschützt wird, soll durch mehrere verpflichtete Ärzte, ob dergleichen wirklich vorhanden, und selbige so beschaffen sey, daß sie die Zurechnung der That ausschließe? genau untersucht werden.

Daferne sich dies wirklich findet, und die von den Aerzten deshalb angeführten Gründe von Unserem Sanitäts-Collegio oder einer midicinischen Facultät Unserer Lande, deren Gutachten zuvörderst darüber einzuholen ist, ist nichts desto weniger der Thäter, als eine der öffentlichen Sicherheit gefährliche Person, in genaue Verwahrung zu bringen, und zu einer seinen Umständen und Kräften gemäsen Arbeit anzuhalten.

24.

Advocaten sollen die um Rath fragende Unterthanen von aller unerlaubten Selbsthülfe und tumultuarischen Unternehmungen ernstlich abmahnen, auch, wenn die Unterthanen sich dem der Obrigkeit schuldigen Gehorsam und ihren hergebrachten Obliegenheiten eigenmächtig entziehen und durch ernstliche Abmahnungen sich davon nicht abhalten laßen wollen, nicht nur ihnen dazu weder Rath noch Anschlag geben, noch sonst Beystand leisten, sondern auch tumultuarische Unternehmungen durch behörige Anzeige in Zeiten zu verhindern sich gelegen seyn laßen.

Rechtschaffene Advocaten, die hierunter ihrer Pflicht ein Gnüge leisten, und vorzüglich dieienigen, welche darzu beywirken, daß Streitigkeiten zwischen Obrigkeiten und Unterthanen, durch gütliche Handlung beygeleget, oder, wenn solches nicht zu erlangen stehet, deren rechtliche Entscheidung beschleuniget, überall aber Ruhe und Ordnung beybehalten werde, können und sollen sich des obrigkeitlichen Schutzes und Unserer Landesherrlichkeit Gnade iederzeit versichert halten.

25.

Doch hingegen sollen pflichtvergessenen Advocaten und andere unbefugte Rathgeber und Schriftsteller, wenn gewaltsam Selbsthülfe und andere tumultuarische Unternehmungen angerathen, oder solche sonst veranlasset haben, als Anstifter, wenn sie aber darzu blos beygewirkt, oder solche zu verhindern unterlassen haben, als Theilnehmer des Tumults und Aufruhrs angesehen und, in der vorhin geordneten Maße am leben oder mit Festungsbau- oder Zuchthausarbeit bestrafet werden.

26.

Wenn pflichtvergessene Advocaten oder andere unbefugte Schriftsteller, zwar Tumult und Aufruhr nicht anstiften, noch daran Theil nehmen, iedoch Schriften verfertigen, worinnen aufrührerische Unternehmungen, als rechtmäßig, vertheidiget, oder sonst offenbar widerrechtliche und gefährlicheSäze behauptet werden; so sollen die Advocaten sofort von der Praxi removiret, und, nach Befinden, mit 4 bis 8 monatlicher, andere unbefugte Schriftsteller aber mit 2 bis 6 monatlicher Zuchthaus-Strafe beleget werden.

27.

Alle Obrigkeiten müssen auf den Umlauf solcher Bücher und Schriften, die den Aufruhr begünstigen, und Grundsätze, die der öffentlichen Ruhe und Ordnung gefährlich sind, verbreiten, ein wachsames Auge haben und deren Verbreitung möglichst verhindern, auch, wenn sie davon Wissenschaft erlangen, deshalb ungesäumt an die vorgesetzte Regierung gebührende Anzeige gelangen lassen.

Insonderheit sollen und müssen dieienigen, denen, nach der Verfassung ieden Orts, die Censur der durch den Druck bekannt zu machenden Schriften oblieget, den Druck solcher Schriften, worinnen dergleichen gefährliche Grundsäze und unbesonnene Äußerungen enthalten sind, bey Vermeidung nachdrücklicher Ahndung, nicht gestatten, und bey entstehendem Zweifel vor allen Dingen gehörigen Orts deshalb Anfrage thun.

Auch sollen die Verfasser, Ausgeber und Verbreiter dergleichen Unglück stiftender Schriften, darüber zur Verantwortung gezogen, und nach Beschaffenheit der Sachen und Umstände, verhältnismäßig, aber ernstlichund nachdrücklich bestrafet werden.

28.

Alle Lehrer in Kirchen und Schulen sind durch ihr Amt verpflichtet, und werden hierdurch ernstlich angewiesen, ihre Zuhörer und dieienigen, welche sie zu unterrichten haben, von der Verpflichtung und den Vortheilen eines unter dem Schutze der Obrigkeit zu führenden stillen und ruhigen Lebens, und davon, daß es der erste zweck der bürgerlichen Gesellschaft und die Bedingung der davon zu erwartenden Vortheile sey, daß keiner den andern eigenmächtig , die Sicherheit seiner Person, seiner Rechte und seines Eigenthums, so wie er solches besizet, entziehe, gründlich zu unterrichten und zu überzeugen, auch sie gegen alles entgegengesezte Verhalten, und dessen ihnen selbst und andern nachtheilige Folgen zu verwarnen.

29.

Jeder Rechtschaffene wird sich, um des gemeinen und eigenen Besten willen, von selbst bewogen finden, durch möglichste Verhinderung Landverderblicher Unruhen, seiner Pflicht Gnüge zu thun.

Wir sind iedoch in Gnaden gemeinet, denen, so bevorstehende Zusammenrottirungen und aufrührerische Unternehmungen entdecken, solche in Zeiten glaubwürdig anzeigen, und denselben steuern helfen, besondere Gnadenbezeigungen, auch nach befinden Belohnungen in Geld zu Ein- und mehrern Hundert Thalern angedeihen zu lassen

30.

Es soll auch Mitschuldigen, wenn sie das Vorhaben in Zeiten, und dergestalt, daß es verhindert werden kann, anzeigen, oder auf alle Fälle die Anführer und Theilnehmer, in der Maße, daß sie überführtet werden können, entdecken, solches nach Beschaffenheit der Umstände, zur Verschonung der sonst verdienten Strafe, oder doch zu beträchtlicher Verminderung derselben, zu statten kommen.


Urkundlich haben Wir dieses Mandat, welches sowohl von den Cantzeln, als an den gerichtsstellen vor den versammelten Gemeinden behörig abzulesen ist, eigenhändig unterschrieben und demselben Unser Cantzley-Secret vordrucken lassen.

so geschehen und gegeben Dresden, am 18. Januar 1791

Friedrich August