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1989
Beratung zur Erneuerung der Schule
Bürgerinitiative "Erziehung und Bildung" in Krumhermersdorf

Aushang Erneuerung der Schule Gespräch in Krumhermersdorf Warum haben wir solange geschwiegen? Warum verließen scharenweise Jugendliche unser Land, statt Mißstände zu bekämpfen? Diesem Problem müssen wir uns stellen. Wir können es nicht dem Selbstlauf überlassen, daß das "sozialistische Schulsystem" sich reformiert und mündige Menschen statt Untertanen erzieht. Deshalb luden wir - Bürgerinitiative Krumhermersdorf / Neues Forum - Vertreter der Schule zu einem Gespräch ein. Selbstkritisch müssen wir feststellen: Unsere Einladung zum Gesprächsort war nicht eindeutig - Lehrer fanden sich im Rentnertreff ein, alle anderen im Gemeinderaum des Pfarrhauses. Kritisch müssen wir vermerken, daß - trotz scnhell-ster Information - nur 4 Lehrer den Weg zum Gemeinderaum fanden. Herr Kahl [Schuldirektor] machte sich verärgert auf den Heimweg. Schade. Es freut uns, daß auch von Seiten der Lehrer bereits manche konkrete Vorstellung kam, was sich ändern muß. Das ist - denke ich - Grundlage dafür, im Gespräch zu bleiben. Und ins Gespräch auch mit Herrn Kahl zu kommen. Denn als Schüler und Eltern halten wir uns für berechtigt, ja verpflichtet dazu, die demokratische Erneuerung der Schule mitzubestimmen! H. Doerffel

Teilnehmer:

• Frau Gudrun Richter
• Gisela Schilk,
• Gitta Glück,
• Anita Richter,
• Ingrid Schellenberg,
• Karin Gläser,
• Katrin Roscher,
• Hermann Doerffel,
• Frank Richter,
• Johannes Roscher,
• Wolfgang Reichel,
• Steffen Neubauer,
• Heinz Keller,
• Günther Kreusel,
• Jörg Beyer

In ihrer 1. Zusammenkunft am 20.11.89 befaßten sich die Teilnehmer mit Problemen der Volksbildung. Aus der Diskussion ergaben sich folgende vorläufige Forderungen:

1. Durch örtliche Entscheidungen sofort realisierbare Änderungen:

• Abbau jeglicher Feindbilder bei der Erziehung der Kinder in Kindergarten und Schule; damit verbunden: kein Kriegsspielzeug (Panzer, Gewehre usw.} in Kinderhände
• Entmilitarisierung der Schule: Verzicht auf alle Elemente, die der Wehrerziehung dienen bzw. dem Militärischem entstammen (Fahnenappell, Meldung, militärsportliche Übungen...)
• Mitspracherecht der Schüler in der schule; Bildung eines Schülerrates zur Vertretung der Schüler gegenüber administrativen Entscheidungen, unabhängig von gesellschaftlichen Organisationen.
• Trennung von Schule und Pionierorganisation bzw. FDJ
• Trennung von Schule und Jugendweihe: Von der Schule unabhängiger Jugendweihausschuß übernimmt Organisation der Jugendweihe; Annullierung aller bisher erfolgten Anmeldungen zur Jugendweihe und Neuanmeldung für interessierte Schüler frühestens ab 7. Klasse.
• Lehrer sollten durch ihre Persönlichkeit und ihr Fachwissen Autorität auf die Schüler ausstrahlen und Vorbildwirkung erzielen.
• unbedingte Regelung des Problems "Turnhalle" zugunsten des Schulsportes
• Abbau von "Berührungsängsten" zwischen Schule und Kirche; Akzeptierung unterschiedlicher weltanschaulicher Überzeugungen
• unabhängige Elternvertretungen: Ermöglichung der Mitarbeit interessierter Eltern in Elternaktiven und Elternbeirat
• Bildung von Arbeitsgemeinschaften mit hauswirtschaftlichen und handwerklichen sowie kulturell-künstlerischem Charakter

2. Änderungen in der allgemeinen Bildungspolitik

• 5-Tage Arbeitswoche für Schüler und Lehrer mit zumutbarer täglicher Stundenbelastung
• Schulpflicht bis 8. Klasse / weitere Bildungsmöglichkeit über Berufsausbildung
  - Besuch der 9. und l0. Klasse und anschl. Berufsausbildung
  - Besuch der EOS ab 9. Klasse
• Änderung des Lehrstoffes in verschiedenen Fächern z.B.; Literatur, Geschichte (von Parteidogmen unabhängige Geschichtsdarstellung bzw. der tatsächlichen gesellschaftl. Entwicklung entsprechende Inhalte)
• Umwandlung des Faches Staatsbürgerkunde in ein Fach mit Inhalten wie Umweltschutz, Lebensprobleme, aktuelle gesellschaftl. Entwicklungen usw.
• Heimatkundeunterricht frei von gesellschaftspolitischen Themen, dafür mehr direktes Erleben der Natur, können- u. schätzenlernen der natürlichen Umwelt u.ä.
• gestaffelter Ferienkalender
• fakultativer Fremdsprachenunterricht (für unsere Gegend evtl. das Erlernen der tschechischen Sprache anstatt Russisch)
• PA-Unterricht differenziert nach Neigungen der Schüler: Landwirtschaft, Bauwesen, Gesundheitswesen, Industrie,
• Vergabe der Lehrstellen bzw. Studienplätze allein nach dem Leistungsprinzip begründete Annahme bzw. Ablehnung vor allen Bewerbern)

Nicht alle Punkts dieser Aufstellung sind Forderungen der gesamten Teilnehmer, aber dennoch repräsentativ für unsere Situation. In vielen Punkten herrschte Übereinstimmung.

Gunther Kreusel als Vertreter der Bürgerinitiative