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Chronik
der Krumhermersdorfer Pfarrer


Original im Kirchenarchiv Krumhermersdorf. Abschrift durch C+H Doerffel.

1957 Bauarbeiten am Pfarrhaus

Während der Vakanzzeit [1956-1958] waren Bauarbeiten am Pfarrhaus vorgenommen worden, so die Erneuerung eines Schornsteins und der Abfallgrube. Da nach dem Bombenangriff eine Familie in das Pfarrhaus eingewiesen worden war und die Behörde sich weigerte, deren beanspruchten Wohnraum wieder freizustellen, war im Erdgeschoß in den ehemaligen Küchenräumen eine Wohnungseinheit eingebaut worden, die von der sechsköpfigen Familie Helmut Nestler bezogen wurde (1). Die Vorrichtung der Pfarrerdienstwohnung war demzufolge etwas in den Hintergrund getreten, auch verzögerte sich das Freiwerden der beiden beschlagnahmten Zimmer. Es geriet alles in zeitliches Gedränge. Schließlich konnte ich mit meiner Frau ... noch vor Weihnachten einziehen.

Gleich zu Beginn unserer Arbeit traf uns der Verlust unseres Kirchners Max Bruno Reuther. Er erlag ... im Alter von 78 Jahren einem Herzschlag. Am 1. Weihnachtsfeiertag hatte ich ihn zu beerdigen ... Wir hatten beide gehofft, noch längere Zeit miteinander amtieren zu können, Gott hat es aber anders gewollt!

Nunmehr galt es, die Folgen der langen Vakanz [Zeit ohne Pfatrrer] zu überwinden. Neben dem regelmäßigen Gottesdienst ging es um den Aufbau von Gemeindekreisen.

Mit dem Tod der Frauendienstleiterin, Johanne Uhlmann ... ergab sich die Übernahme dieser Arbeit. Außerdem wurden durch gezielte Einladungen ins Leben gerufen: Das ev. Männerwerk, ein Großväter- und Großmütterkreis, die Junge Gemeinde und die regelmäßige Bibelstunde. Viele Veranstaltungen waren zahlreich besucht, so daß die Aufnahmefähigkeit des Konfirmandenzimmers, das nur ein Spaßvogel Pfarrsaal genannt haben kann, nicht ausreichte.

1958 Kirche contra Staat

Während der Vakanz war auch die Besorgung des Christenlehreunterrichts durch Herrn Oberlehrer Naumann hinfällig geworden und mußte nun vom neuen Ortspfarrer mit übernommen werden. Zwangsläufig ergab sich daraus ein ganz anderer Arbeitsstil, wohl auch manche Mehrbelastung. Dem massiven Vortrag atheistischer Einflüsse von Seiten der Schule mußte begegnet werden. Es ergab sich daraus manche Auseinandersetzung. Die Teilnahme an der Jugendweihe wurde mit allen Mitteln zu erzwingen versucht. In zusätzlichen Kinderstunden, die von meiner Frau gehalten wurden, wurde die Heranführung der jungen Generation an den Glauben unterstützt. In Kirchgemeindeabenden wurde versucht, Themen der Gegenwart vom Glauben her zu erörtern und zu beantworten, z.B. "Evangelium und Technik", "Die Glocken rufen", "künstliche Erdsatelliten in christlicher Sicht", "sprechende Hände". Weitgehend wurde dabei Filmaterial zur Unterstützung mit herangezogen.

1958 Wiedereinführung der Weihnachts-Mette

Am ersten Christtag wurde die alte Tradition der Christmette um fünf Uhr früh wieder aufgenommen. Die schmucke Kirche strahlte im Glanz von 100 Kerzen. Die Halter hierzu konnte ich von Klemnermeister Max Wanner aus Schneeberg besorgen. Die Kinder sangen den Quempas [QUEM PASTORES ...] von vier Stellen der Kirche aus.

1960 Einführung der Bibelwoche

Vom 25. bis zum 30 . Januar wurde auch in Krumhermersdorf die alljährliche Bibelwoche eingeführt. Sie stand unter dem Thema: "Abraham - Vater des Glaubens".

1959 Kollektivierung der Landwirtschaft

Eine schwere Belastung für die Gemeinde war der Versuch, die bis dahin selbständigen Bauern in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften zusammenzuschließen . Auch der Ortspfarrer sollte dabei mit hineingezogen werden und hatte manchen Angriff abzuwehren. In den seelsorgerlichen Gesprächen, dieses Winters stand unsagbare menschliche Not und Bedrängnis im Mittelpunkt. Als ich am Palmsonntag [22.3.] zur Konfirmationspredigt auf die Kanzel stieg, bemerkte ich durchs Kirchenfenster die Ankunft von mehreren Omnibussen, deren Insassen als Werber sich auf alle Bauernhöfe verteilten, um die Unterschrift zum Beitritt in die Genossenschaft zu erlangen.

1960 Neue Glocke

In diesem Jahre 1960 gingen wir auch an die Besorgung einer neuen Glocke. Neben unserer alten, vom Erzgebirgsverein zurückgekauften "Sau-Glocke" aus dem 16. Jahrhundert (2) mit ihrem bewegten Schicksal seit den Zeiten des verschwundenen Berthelsdorf im Bornwald; und einer Taufglocke aus dem wegen der Braunkohle abgerissenen Thierbach bei Borna sollte eine neue Glocke Verwendung finden. Wir hatten Spenden gesammelt und kauften eine neue Glocke in Niederfrohna bei Limbach als Altbronze. Mit Herrn Paul Beyer, ehemals Strumpffabrikant und seinem umgebauten Lieferwagen fuhr ich von dort weiter nach Apolda zur Abholung unserer neuen Glocke, die als Christusglocke gegossen worden war. Am 11. September 1960 hielten wir Glockenweihe und am 14. September nochmals einen Kirchgemeindeabend über die Geschichte und Bedeutung unserer Glocken. Leider erlebte der zweite Kirchner meiner Dienstzeit, Max Guido Fiedler, dies nicht mit. Er war am 31. Mai gestorben. Während der Vakanzzeit hat er das Pfarrhaus betreut und hatte uns auch das Heizen des Pfarrsaales abgenommen. Unsere Gespräche nach den Gottesdiensten waren wohl auch für die Gemeindearbeit von Nutzen.

Am 7. September starb außerdem der langjährige Kirchrechnungsführer Johann Karl Rudoph. Auch mit ihm ging ein treuer Verwalter seines Amtes von uns. Zu berichten wäre noch von Volksmissions... Vorträgen, die vom 17.-21. Mai gehalten wurden. Als Themen für "Glaube und Anfechtung" verwendete ich "Ist Gott beweisbar?", "Aber die Wissenschaft hat doch bewiesen", "Gottes Wort in Menschenmund?" und "wie konnte Gott es zulassen?"

In diesem Jahr erfolgte auch die Wahl auf die hiesige Pfarrstelle und meine Ständig-Werdung

1961 Erneuerung der Orgel

Im Jahr 1961 konnten wir an die Erneuerung unserer Orgel gehen. Sie war im Jahre 1929 nach einer spätromantischen Konzeption erbaut und wurde vom 5. März 1961 an von der Firma Schmeißer/Rochlitz gereinigt sowie wesentlich heller disponiert (3). Krone des Umbaus wurde eine 3-4 fache Zerzzymbel. Kirchenmusikdirektor Vogel aus Chemnitz führte den Klang des erneuerten Werkes in einem Konzert nach der Abnahme vor.

1961 Mauerbau

Am 13. August wurde durch die Abriegelung unserer Grenzen nach dem Westen hin die Teilung Deutschlands verstärkt spürbar. Infolge dessen kam es auch zu mancher Belastung. Einwohner, die eine Antenne zum Empfang des westlichen Fernsehens angebracht hatten, wurden öffentlich auf Plakaten angegriffen.

1962 Wehrpflicht

Ermöglicht wurde dadurch auch die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht zu Beginn des Jahres 62. Wir suchen diejenigen, die noch kurze Zeit zuvor davon geredet haben, daß jedem die Hand abfallen solle, der eine Waffe angreift. Aufs Ganze gesehen, ist unser Volk jedoch des sogenannten "Kriegshandwerks" müde.

1962-64 Bauarbeiten am Pfarrhaus

Im Pfarrhaus konnte in diesem Jahr [1962] ein großer Kachelofen im Wohnzimmer gesetzt werden. Das erwies sich bei der ungeschützten Lage des Gebäudes als notwendig und wohltuend.

Im Jahre 1963 ging es vornehmlich um den Abputz des Pfarrhauses, das seit längerer Zeit einen unschönen Anblick bot. Die finanziellen Mittel hierfür hatten wir uns aus Überschüssen des Haushalts, also nicht durch zusätzliche Spenden bereitgestellt. Die Porphyrgewände der Fenster waren derart abgebröckelt, daß man sie beseitigen mußte. Die neuen Fenster wurden buchstäblich in letzter Minute vom eingesprungenen Gornauer Tischlermeister Frenzel hergestellt. Die Glasscheiben holte ich von einem alten Krumhermersdorfer Gemeindeglied aus Zeithain. Da die Bauarbeiten erst Ende Oktober begannen, mußten wir alle vier Seiten zugleich vornehmen, was natürlich eine unbeschreibliche Belastung für alle Bewohner des Pfarrhauses bedeutete. Wir zogen in die Dachkammer. Aber der Frost blieb aus, bis wir die letzte Seite abgeputzt hatten. Außerdem wurde noch ein kleiner Kachelofen in meinem Dienstzimmer gesetzt.

Im Jahre 1964 ging es um Arbeiten vor dem Pfarrhaus. Berge von Schutt waren noch zu beseitigen. Die Einzäunung des Hausgartens habe ich mit Herrn Nestler vorgenommen. Da wir manches schwere Gewitter erlebt hatten, gingen wir an die Wiederherstellung der Blitzschutzanlage. Zu diesem Zweck mußten wir einen Graben um das gesamte Gebäude ziehen, damit die Bandleitung zur Erdung Aufnahme finden konnte. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch die Pfarrscheune mit Blitzschutz versehen.

Schließlich wurde eine neue Ringleitung für den Blitzschutz an der Kirche angelegt, wobei daran mehrere Gemeindeglieder geholfen haben. Für den Pfarrsaal wurden neue Stühle und ein Parkettfußboden beschafft.

1964 Karfreitagsgottesdienst

Aus der Gemeindearbeit sei erwähnt die Wiederbelebung der traditionellen liturgischen Feier zur Sterbestunde Jesu am Karfreitag, die Feier zum 15-jährigen Bestehen des Posaunenchores Krumhermersdorf am 31. Mai und ein Konzert der beiden Chemnitzer Musiker, Violinist Maul und Organist Thörner am 8. November.

1965 Turm-Erneuerung

Zahlreiche und beharrliche Bemühungen führten endlich dazu, daß die Firma Gerüstbau-Walther den Kirchturm einrüstete. So konnte die Firma Arno Oehme / Börnichen die Neueindeckung des Turmes mit Schiefer vornehmen. Auch der Blitzschutz wurde erneuert. Mit Hilfe eines von Herrn Paul Beyer gespendeten Goldstückes gelang in Dresden die sofortige Beschaffung von Blattgold. Nach einer gründlichen Renovierung erstrahlen bei Sonnenlicht Kugel, Wetterfahne und Hahn in hellstem Glanz.

1966 Brand

Am 2. Januar 1966 starb unser Nachbar, der langjährige Totengräber Paul Emil Schäfer im Alter von 61 Jahren. Zu seinem Verfall mag der Schrecken beigetragen haben, der ihn befiel, als sein Wohnhaus am 14.11.1964 in hellen Flammen stand.

1966 Friedhofshalle

Die politische Gemeinde begann mit den Arbeiten zur Errichtung einer Friedhofskapelle. Durch das mechanische Aussheben der Gräben für die Versorgungsleitungen wurden wir auf unserem Friedhof wesentlich in Mitleidenschaft gezogen. Die Aufbahrung der Verstorbenen im Trauerhaus [zu Hause] entfiel mit der Fertigstellung der Halle.

1967 Das Pfarr-Feld

Seit der sog. Kollektivierung der Landwirtschaft befanden sich die Flächen unseres Pfarr- und Kantoratslehens in einem ungewissen Pachtverhältnis. War man in den Nachkriegsjahren ständig an den Kirchenvorstand herangetreten, um Pachtland zu bekommen, so mußte man froh sein, daß im Jahre 1968 endlich Pachtverträge mit dem Rat des Kreises abgeschlossen werden konnten.

1968 Einmarsch in die CSSR

Eine gewisse Unsicherheit bildeten in diesem Jahr die Ereignisse um die benachbarte CSSR (4). Monatelang waren im Bornwald Truppen stationiert und erinnerten uns daran, wie friedlos doch eigentlich unser Erdball ist.

1969 Grippeepidemie / Bauarbeiten am Pfarrhaus

Eine Grippeepidemie forderte mehrere Todesopfer. Eine unserer Nachbarinnen starb am Karfreitag eben zu jener Stunde, da in den Jahren zuvor ihr Ehegatte regelmäßig mit der Motorsäge zu meinem Leidwesen Holz zerkleinerte. Man mag es Zufall nennen, aber es geht einem nahe, und dem Witwer ist es wohl auch so ergangen. P.S. Im Jahr darauf hat er selbst die Feier zur Sterbestunde Jesu besucht.

Die Wasserleitung des Pfarrhauses war derart undurchlässig geworden, daß wir einen neuen Anschluß brauchten. Wegen des einzubaueneden Wasserzählers und des fehlenden Kellers mußten wir eine besteigbare Grube ausheben und ausmauern. Außerdem renovierten wir die Pfarramts... in Eigenleistung.

... In diesem Jahr [1970] konnten wir den Pfarrsaal seiner Renovierung unterziehen.

... Im Jahre 1972 gelang die Neueindeckung des Pfarrhausdaches mit Glasfaser-Schindeln [Preolith]. Die Zuverlässigkeit dieses Materials (5) hatten wir bei dem zuvor erfolgten Eindecken des Pfarrscheunendaches erproben können. Die Beseitigung der schon seit dem großen Hagelschlag im Jahre 1957 beschädigten Schiefer erforderte erneute Anstrengung.

1973 Turmuhr

Das alte Schlagwerk der Turmuhr haben wir im Sommer des Jahres 1973 wieder hergestellt. Fachleute waren dafür nicht zu gewinnen.

1977 Umbau der Kirchenheizung

Nach reiflicher Überlegung entschlß sich der Kirchenvorstand, das Heizhaus und den Schornstein an der Kirche in sog. Feierabendarbeit (6) zu erneuern. Meine Anträge auf Gasheizung waren abschlägig beschieden worden. Die Bauvorschriften verlangten nunmehr viel größere Dimensionen, als sie in der bisherigen Projektierung vorgesehen waren.

Es ist unmöglich, alle aufzuzählen, die beim Bau geholfen haben. Von Wichtigkeit war die Übernahme der Bauleitung durch unseren früheren Stellvertreter im Vorsitz des Kirchenvorstandes, Zimmerpolier Gerhard Beyer aus Hohndorf, der seiner Heimatgemeinde damit noch einmal einen großen Dienst erwiesen hat. Organisatorisch war von Seiten des Kirchenvorstandes vor allem Karl Findeisen tätig. Wir konnten ohne Unfälle das umfangreiche Vorhaben zu Ende führen. Die Finanzierung erfolgte allein aus den Mitteln unserer Gemeinde.

... [1978] Endlich gelang es auch, die Westseite Daches an der Pfarrscheune mit Kunstschiefer einzudecken und dadurch der fortschreitenden Fäulnis Einhalt zu gebieten.

1979 Abschied

Mittlerweile war ich in Lunzenau zur Verwaltung des Pfarramtes gewählt worden, und die langwierigen Wohnungsprobleme sollten nun in ein entscheidendes Stadium treten. Es gab noch manche Verzögerung; die derzeitigen Verhältnisse im Bauwesen lassen sich so kurz nicht schildern.

Am 29.Juli 1979 kam der Tag meines letzten Gottesdienstes in Krumhermersdorf ... Der Umzug hat sich nun noch bis zum 24. Oktober verzögert. Fast 21 Jahre sind seit dem Dienstantritt verflossen. Es war keine sichere Zeit, aber durch Gottes Gnade blieben wir von Katastrophen und Krieg verschont. Dafür sei Gott gedankt!


  1. Das waren ca. 40 Quadratmeter!
  2. Anfang des 15. Jahhunderts! Siehe auch Doerffel 1991, Geschichte Krumhermersdorfs.
  3. Was 1929 noch als sehr konservativ durchging, war nun untragbar geworden. Die damalige Zeit verlangte nach heller, klarer und reiner Musik. Für Nachdenklichkeit oder gar Besinnung auf überlieferte Werte war damals so gar kein rechtes Ohr vorhanden. Ich entsinne mich noch gut der verächtlichen Kommentare der damaligen Erwachsenen beispielsweise zur Neugotik ...
  4. Einmarsch der Sowjetarmee "zur Niederwerfung der Konterrevolution" in die CSSR. (Offenbar waren auch DDR-Truppen dabei, denn ein mir bekannter Krumhermersdorfer bestätigt mir auch mit "drüben" gewesen zu sein.)
  5. Das war zwar sehr fortschrittlich, aber aber nicht sehr haltbar ...
  6. Zur damaligen Zeit war der offizielle Weg zu Handwerkerleistungen, dass man sich vom Rat des Kreises "Bilanzanteile" zuweisen ließ. EIN Handwerker war dann für EIN Gebiet zuständig und kriegte gesagt: Du arbeitest dieses Jahr 50 Stunden für die Kirche Krumhermersdorf. Oder auch nicht; wenn die Kirche keinen Bilanzanteil bekam. Und das war die Regel. Die einzige Möglichkeit war bezahlte Feierabendarbeit, die oft (hier weiß ich es aber nicht) trotzdem während der regulären Arbeitszeit erfolgte. Natürlich unterlagen solche Arbeiten keiner Garantiepflicht. Was unter Umständen recht misslich war.
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