C+H Doerffel, eigener Bericht 19. Januar 1990
Chronik der
DDR-Zeit

Besichtigung des Polizeiturms
Das Wort Besetzung hätte auch gepasst ...

Geheimnisvoll und unnahbar war er, der Turm ... kaum ein Krumhermersdorfer konnte sagen, er sei mal drin gewesen. Kaum jemand kannte die Türmer. Die angeblich Tag und Nacht auf der Lauer lagen, ob jemand dem Zaun zu nahe kam! - Die Autoren wandelten in jungen Jahren gelegentlich in trauter Zweisamkeit vorbei, doch wehe, sie gerieten in den Bannkreis, gleißendes Licht machte jeder Turtelei ein jähes Ende. Ob es Bewegungsmelder waren, die der normale DDR-Bürger damals noch nicht kannte, oder ob wirklich ständig einer hinter dem Fernglas saß - wer will es heute noch ermessen?

aus der Gerüchteküche

Als im November `89 die Stasi aufgelöst wurde, da fuhren nächtelang LKW's zum Turm rauf. Und dann stand dort wochenlang die Mischmaschine im Hof. Also kein Wunder, daß DIE von der Bürgerbewegung dann nichts gefunden haben!
Aber einer von den Türmern solls Ende letzten Jahres gesagt haben: Dort sind jetzt all die Stasi-Waffen, die eigentlich abgegeben werden sollten

Als man Ende 1989 für alles Versagen einen Schuldigen hatte, waren natürlich auch die Türmer alle Stasibonzen. Schnell hatte sich ein Häuflein gefunden (auch der Autor gehörte zeitweilig dazu), das sich Bürgerbewegung nannte. Wenn man nur die Macht der verknöcherten DDR-Führung bräche, dann werde schon alles besser werden, glaubte man damals. Am 20. Januar 1990 zogen Bürgerbewegung, Presse und Scharen von Krumhermersdorfern zum Polizeiturm: Besichtigung! Das Wort Kontrolle hätte vielleicht besser gepaßt ...

Das Ergebnis war unbefriedigend: Technik, die auch für DDR-Verhältnisse antiquiert war. Keine Keller. Natürlich alle Verbindungen abgeschaltet. Und ein gereizter Offizier, dem wohl noch nicht so ganz klar war: Der heiße Draht der alten Macht ist tot (Freie Presse, 20.1.90)

Die Deutsche Post übernahm den Turm, dann ging er an die Telekom. Jetzt - so die offizielle Angabe - dient der Turm dem Mobilfunk. Ob BND oder Bundeswehr oder Verfassungsschutz Kanäle gemietet haben, wird man ebensowenig erfahren wie vor der Wende. Doch wen interessiert das schon - Ostspione waren schließlich ganz was anderes als Westspione ...