Freie Presse 9. Februar 1993 BS
Nachrichten
seit 1990

Altlast Zelluloid entsorgt
Beräumung erfolgt trotz ungeklärter Eigentumsfragen

Die gefährlichen Zelluloidabfälle wurden gestern aus Krumhermersdorf abgeholt und der Wiederverwertung zugeführt.

Eine große Gefahrenquelle ist seit gestern aus Krumhermersdorf gebannt. Eine Entsorgungsfirma hat die drei bis vier Tonnen Zelluloid aus dem Betriebsgelände an der Waldkirchener Straße abgeholt. Nach Auskunft des Entsorgers soll das Zelluloid weiterverarbeitet werden.

In der Firma wurden zu DDR-Zeiten Tischtennisbälle hergestellt. Nicht mehr benötigtes Grundmaterial und fehlerhafte Tischtennisbälle hätten im eventuellen Brandfall giftige Gase freigesetzt. Jetzt sei die Gefahr für die Bewohner des Ortes vorbei, freute sich der Bürgermeister Jörg Tausch. Seit langem habe er sich darum bemüht, daß die Abfälle entsorgt würden. Doch die Eigentumsverhältnisse seien noch nicht geklärt. So hätten die Alteigentümer Interesse an Gelände und Gebäude angemeldet, und auch die Sachsen Sport, Turn- und Sportgeräte GmbH Chemnitz habe eine Vermögenszuordnung bei der Treuhand beantragt. Doch seines Wissens nach seien die Rechtsträgernachweise noch nicht erbracht, so der Bürgermeister. Entscheidend für ihn sei aber, daß das Zelluloid jetzt entfernt ist, denn eine sachgerechte Lagerung sei nicht gewährleistet gewesen.

Werner Schmitz, Geschäftsleiter der Sachsen Sport, Turn- und Sport GmbH, bestätigte auf Anfrage, daß sein Unternehmen den Auftrag zur Entsorgung ausgelöst habe und die Kosten vorerst trage. Zwar liege die Verantwortung bei der Treuhand, doch das Problem sollte gelöst werden, habe er dem Bürgermeister versprochen. Erst nach einiger Suche habe sich ein Unternehmen zur Entsorgung des Zelluloids bereiterklärt. Mit der Treuhand müsse er nun die Besitzverhältnisse klären. Die Sachsen Sport habe das Objekt in Krumhermersdorf gekauft, sei aber noch nicht im Grundbuch eingetragen.

Über Jahre hinweg hat das Zelluloid in einer Garagenanlage auf dem Betriebsgrundstück gelegen. Wäre es in Brand geraten, würden giftige Gase entstehen, die schwerer als Luft sind und sich in Bodennähe ausbreiten. Da ein Großteil des Dorfes unterhalb des Betriebes liegt, hätte ein Brand in dem, seit Aufgabe der Produktion unbewachten Gebäude, zu einer Katastrophe führen können.


Anmerkung von H. Doerffel, 1990 Betriebsteilleiter im genannten Werk:

In aller Bescheidenheit sei gesagt, dass nicht nur der Hinweis auf die Gefahren dieser Altlast, sondern auch die Initiative zur Beseitigung vom 1. Tag meiner Amtszeit (2. Januar 1990) von mir ausging. Bis April 1990 waren von ca 15 Tonnen reichlich 14 Tonnen beräumt. Hier geht es lediglich um einen Rest von 800kg! Der allerdings immer noch eine Gefahr darstellte. Die Bürgerinitiative zu diesem Problem und später auch der damalige Bürgermeister Tausch haben meine Hinweise ernst genommen und mich beim Druck auf die Leitung des Karl-Marx-Städter (Chemnitzer) Stammbetriebes unterstützt. Der obige Artikel vermittelt jedoch ein völlig einseitiges Bild.