Krumhermersdorf Literatur
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Brücke

Dietmar Werner
Das Fegeweib vom Katzenstein


Leipzig, 2. Auflage1991 (bei den Autoren)
Quelle ist Gräße, J.G.T., Der Sagenschatz des Königreiches Sachsen, Dresden 1874

In der letzten Zeit des Mittelalters lebte ein wilder Raubritter auf einer Burg (1), die sich auf dem Katzenstein am Schwarzwasser, unweit Pobershau befunden haben soll. Durch seine Untaten machte er die ganze Umgebung unsicher. Da beschlossen die in der Umgegend ansässigen Ritter, diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Sie rückten vor die Burg, umschlossen sie und fingen an, sie zu beschießen. Aber alle Kugeln fielen, sobald sie die Mauern trafen, kraftlos und unschädlich hernieder. Auf der Mauer stand nämlich die alte Amme des Ritters, die mit dem Teufel im Bunde war. Sie hielt einen Besen in der Hand und fegte damit die fliegenden Kugeln aus der Luft weg. Sie selbst traf natürlich kein Schuß, ebensowenig wie jemand anders in der Burg.

Schon wollten die Belagerer verzweifeln. Da sprach der Burgkaplan eines der Ritter, er wolle die Kugeln segnen. Er kenne einen Spruch, dem nichts widerstehen könne. Wie gedacht, so geschehen! Die erste Kugel, die man danach schoß, schmetterte die Hexe zu Boden und bereits die zweite machte ein großes Loch in die Mauer. Nun dauerte es nicht mehr lange, bis die Burg vollkommen zerschossen war und sich die Mannschaft auf Gnade und Ungnade ergeben mußte. Der Raubritter wurde hingerichtet und seine Burg der Erde gleichgemacht.

Noch heute soll man jedoch um Mitternacht bei Mondschein die gespenstische Amme die Trümmerhaufen fegen sehen.


  1. Gemeint ist der Ritter von Schellenberg, der sich mit dem Kloster Altzella wegen den Steuern einiger Dörfer anlegte, den Kürzeren zog und 1323 von Amts wegen all seinen Besitz verlor. Ob allerdings das heutige "Raubschloss" am Katzenstein tatsächlich je eine Burg war, darf bezweifelt werden: Welche Bauern sollen den dortigen Ritter ernährt haben? Welche Straße verlief dort, die zu schützen war? Und schließlich lag diese Burg oder dieser Vorposten durchaus nicht auf dem Gebiet der Herren von Schellenberg. Den Name "Liebenstein" für diesen Ort suggeriert Herr Geupel auf einer Tafel am vermuteten Standort.