Meinem Bekannten P.J. gewidmet,
der sich selbst "so einen richtigen Kommunisten-Hasser" nannte
Die Komplexmodernisierung 1988

begann im Oberdorf. Wenn schon bauen, dann richtig, meinte man beim Rat des Kreises. Geld war da, Bilanzen hatte man ausreichend: Krumhermersdorfs Infrastruktur war erheblich sanierungsbedürftig. Hier musste gebaut werden, mit Flickwerk war nicht mehr viel zu machen. Was war erforderlich?
  • Das Dorf brauchte einen Abwasserkanal, damit das Abwasser aus dem Dorfbach rauskommt. Wenn es einen Abwasserkanal gibt, dann wird er gleich so ausgelegt, dass
  • WC's in den Häusern eingebaut werden können!
  • Bei dieser ganzen Buddelei tauschen wir gleich noch die Gasleitung von 1930 und die Wasserleitung von 1920 aus. Und legen Telefon- und Fernsehkabel, auch wenn die Vermittlung Zschopau das jetzt noch nicht anschließen kann.
  • Und schließlich wird ganz automatisch dabei die Straße in Ordnung gebracht, die 1968 durch die Panzer etwas gelitten hat. Uferbefestigungen und solche Kleinigkeiten fallen da mit ab.

Natürlich kam diese Maßnahme nicht ohne DDR-Alltag aus. Keine Klobecken lieferbar, keine Muffen zu den Rohren verfügbar, und das Projekt am Schreibtisch im Rat des Kreise gemacht. - Irgendwann kam die zuständige Projektbearbeiterin zu uns, auf dringende und mehrfache Bitte, weil das Abwasser auf dem geplanten Weg hätte bergauf fließen müssen. Sie kam zu Fuß von Zschopau (5 km), weil kein Fahrzeug verfügbar war ...

Das wäre heute UNDENKBAR !!!
Ja, also da fällt mir die Erweiterung des Telefonnetzes 1997 ein, unter Leitung eines sehr strebsamen Bauleiters; der wollte doch unbedingt einen Graben quer durch unseren Garten ziehen, weil jetzt alles Telefonkabel in die Erde müsse. Unseres war erst zwei Jahre alt, vom Nachbarhaus durch die Luft gezogen. Gibts nicht!! sprach der und ließ den Bagger anrollen. "Hier ist der, wegen dem ihr nicht weitermachen könnt", sprach er zu seinen Bauarbeitern, als ich von Arbeit kam. - Prämie futsch; nur wegen dir; Blödmann; alle andern vernünftig tönte es danach, und ich fühlte mich wie Sündenbock im Kollektiv der sozialistischen Arbeit.
Ein Nachbar hätte die Leitung gern in der Erde gehabt, doch weil's das Projekt nicht vorsah, wurde sie 150m lang quer über seine Garten gezogen.

Aus heutiger Sicht betrachtet fällt zweierlei auf: Dieses Vorhaben war wirklich komplex durchdacht. Und realistisch ausgelegt mit drei "Kleinbelebungsanlagen" (großen Klärgruben) im Ort. Da stach nicht jede Versorgungsfirma Löcher in die Straße, wann sie gerade Lust hatte. Da wurden keine unbezahlbaren zentralen Kläranlagen gebaut. Da wurde die Versorgung der Einwohner gleich mit geplant - und gefördert!

Welch Unterschied zu heute: Da baut man erst die Straße fertig, dann kommt die Telekom und verlegt Leitungen hinein, und wenn alles zum 2. Mal zu ist, stellt Lieschen Müller einen Antrag auf Erdgasheizung, worauf der Gaskonzern sich bis zur Gasleitung wühlt. Die Straße wird davon nicht besser, und Lieschen muss kräftig Erschließungsgebühren zahlen. Mitteldorf und Unterdorf aber haben bis heute noch keinen Abwasserkanal. Den umgekehrten Fall gab es natürlich auch: Als die Bauerei im Oberdorf 1990 zu Ende war, hatten wir einen Telefonanschluss. Aber kein Telefon, denn in der Vermittlung Zschopau wurde einfach keine Nummer frei. Woran einfach zu erkennen ist, dass heute alles viel besser ist ...