Literatur
Drucke

Dieter Kutschke, Christine Arnold, Bernd Leissring und Bernd Ullrich
Die "Heilige Dreifaltigkeit Fundgrube" bei Zschopau
Einige bergbaugeschichtliche Betrachtungen und mineralogische Untersuchungen


Fundgrube 4 1990, Meteorverlag Berlin

Südöstlich von Zschopau, zwischen dem Tal der Zschopau und dem Gansbachtal streicht auf Krumhermersdorfer Flur ein Barytgang zutage aus. Auf der früher als Birkenberg bezeichneten Anhöhe ist ein mit Gebüsch bewachsener Haldenzug erkennbar, der in Sammlerkreisen allgemein als Fundpunkt für Pyromorphit bekannt ist (VOLLSTADT 1979).

Die hydrothermale Spaltenfüllung des ca. 0,9 km langen Ganges setzt in Glimmerschiefern auf und gehört zur Paragenese der fluor-barytischen Bleierzformation. Im meist grobkristallin ausgebildeten weißen Schwerspat (sog. Weißbaryt) kommen als Erzminerale hauptsächlich Bleiglanz und verschiedene sekundäre Eisenminerale vor sowie der begehrte Pyromorphit. An weiteren Mineralen sind u. a. von diesem Fundpunkt bekannt: Cerussit, Rotgültigerz, Fahlerze, Fluorit und als ausgesprochene Seltenheiten die Minerale Mennige (Pb3O4, auch als Minium bezeichnet) und Massicotit (PbO) (HOFFMANN und GRUNER 1983).

In jüngster Zeit (1989) im Auftrage des ehemaligen Institutes für mineralische Rohstoffe und Lagerstättenwirtschaft Dresden und der vormaligen Abteilung für Wismutangelegenheiten beim Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt vom Bergsicherungsbetrieb Schneeberg durchgeführte Schurfarbeiten brachten Aufschlüsse in alten Haldenmassen und im oberflächennahen Bereich des Ganges, die neben Neufunden von Pyromorphit auch Einblicke in Reste des Altbergbaues gestatteten und neue Erkenntnisse zur Ausbildung der Gangmineralisation ermöglichten. Einige Ergebnisse bergbauhistorischer und mineralogischer Untersuchungen, die in diesem Zusammenhang durchgeführt wurden, sollen in nachfolgendem Beitrag dargestellt werden.

Zur Bergbaugeschichte der "Heiligen Dreifaltigkeit Fundgrube"

Die früheste urkundliche Quelle zum Bergbau bei Zschopau, ein Vertrag zur Förderung des Silberbergbaues in der Herrschaft Wolkenstein, stammt aus dem Jahre 1407 (THIEME 1989). 1546 erwähnt Georgius Agricola die Zschopauer Silberbergwerke. Grubenakten des zum ehemaligen Bergamt Marienberg gehörigen Grubengebäudes sind aber erst ab 1724 (1) erhalten.

Gegenstand des besonders im 18. Jahrhundert noch intensiv betriebenen Bergbaues waren in erster Linie Bleierze (Bleiglanz), die in einigen Partien des 0,5 -2 m mächtigen Barytganges reich eingesprengt sind. Der vorwiegend silber-arme Bleiglanz fand zeitweise seine Abnehmer unter den Töpfern der weiteren Umgebung als „Glätte“ (um 1820 z. B. für 6 Thaler pro Zentner).

Die Gewinnung von Silbererzen hat in den letzten Bergbauperioden seit dem 18. Jahrhundert nie mehr eine wesentliche Bedeutung erlangt obwohl geringe Mengen beibrechender Silbererze, besonders Rotgültig, in den Bergamtsakten und Grubenberichten erwähnt werden. Wahrscheinlich traten nur in der Hutzone des Ganges reiche bauwürdige Silbererze auf und wurden in der Frühzeit des Zschopauer Bergbaues vor 1600 vollständig abgebaut. Die 1989 durchgeführten Schurfarbeiten zeigten, daß der Gangbereich in der Nähe des Maaßen- und Stolln-Schachtes bis zu einer Tiefe von über 3 m vollständig im Tagebau ausgeräumt wurde und die dadurch geschaffenen Restlöcher zum großen Teil wieder mitmanuell zerkleinerten und bleiglanzfreien Barytmassen unmittelbar danach verfüllt worden sind. Ab 1724 finden Silberminerale und silberhaltige Fahlerze nur noch als Seltenheit in den Grubenberichten Erwähnung. Lediglich für 1789 und 1791 ist eine Gewinnung geringer Mengen Silbererz nachweisbar. Der Baryt als Hauptgangart und der beibrechende Fluorit spielten zu keiner Zeit eine Rolle als Bergbaugegenstand.

Trotz der im 18. Jahrhundert zeitweise bedeutenden Bleiglanzlieferungen (von 1766 bis 1781 sind 3388 Taler "aus Blei erlöst" worden), ist um diese Zeit die Grube keine Ausbeutezeche mehr gewesen. Die Belegschaft bestand aus 2 bis 6 Bergleuten, nur in einzelnen Jahren fuhren 10 bis 12 ein. Für das Quartal Reminiscere 1791 finden z. B. 1 Steiger, 3 Doppelhauer, 6 Lehrhauer und 2 Knechte hier Arbeit und Lohn. Übrigens betrug die Grubenschuld im gleichen Jahr 3966 Taler.

Zum Grubengebäude gehörten mehrere Tagschächte ("Neuer Tagschacht" im Gansbachtal, "Maaßen- und Stolln-Schacht", "Fund- und Kunstschacht"), Blindschächte ("Reiche Hoffnungsschächte", "Kupferschacht") und Stollen (tiefer Heilige Dreifaltigkeit Erbstollen, Reiche Hoffnung Stollen, Oberer Dreifaltigkeit Erbstollen). Die Mundlöcher der Stollen sind teilweise noch erhalten, die Stollen selbst aber nicht mehr befahrbar. Die Auffahrungen reichen bis wenig unter den Zschopauspiegel und bringen im Bereich des Maaßen- und Stollen-Schachtes eine Saigerhöhe von etwa 90 Metern (44 Lachter) ein. Ein nicht datierter Grubenriß im Bergarchiv Freiberg (wahrscheinlich um 1775) zeigt in sehr naturalistischer Darstellung am Fundschacht das Huthaus in Form einer einfachen Kaue und über dem Maaßen- und Stollenschacht ein größeres „Zechenhaus“. Zu gleicher Zeit war am Mundloch des Reiche Hoffnunger Stollens eine Bretterhütte als Kaue vorhanden.

Im ausgehenden 17. Jahrhundert (2) existierten auf der Grube zwei Kunsträder zur Wasserhaltung. Das zweite wurde erst 1792 eingehängt, bereits 1797 aber wieder demontiert.

Im 19. Jahrhundert ist die Grube nur noch zeitweilig und mit wenigen Bergleuten belegt gewesen. Nach Lossagung der früheren Gewerke erfolgte 1870 eine Neuverleihung des Grubenfeldes an die Silberbergbau-Gesellschaft Heilige Dreifaltigkeit Fundgrube zu Zschopau. Außer Aufwältigungsarbeiten und der Rekonstruktion alter Baue bis zum Jahre 1875 sind keine bergbaulichen Aktivitäten aus den Bergamtakten ersichtlich. 1884 kommt es zur endgültigen Lossagung und das Grubengebäude füllt wieder ins Bergfreie. Eine 1924 erfolgte Neumutung unter dem Grubennamen "Savida" und zwar auf Schwerspat durch eine Dresdner Firma diente offensichtlich nur spekulativen Zwecken - bergbauliche Aktivitäten sind jedenfalls nicht bekannt.

Die bergmännische Gewinnung von Pyromorphit

Eine bemerkenswerte Besonderheit der Heiligen Dreifaltigkeit Fundgrube ist die bergmännische Gewinnung von Pyromorphit für Sammler und sonstige Interessenten bereits im vergangenen Jahrhundert. Zunehmendes Interesse für die Schönheiten und Merkwürdigkeiten der Natur und wachsende Kenntnisse über das Mineralreich mögen die Nachfrage nach schönen und seltenen Mineralen angeregt haben.

Im Jahre 1808 wurden auf Wunsch der ehemaligen Mineralienniederlassung Freiberg von einem Bergmann Grünbleierzstufen in den alten Abbauen am Sollenschacht aufgesucht und gewonnen. Dies geht aus dem Generalbefahrungsprotokoll vom 15.2.1808 durch einen Beamten des Bergamtes Marienberg hervor. "Der Gang war ... über 1 Lachter mächtig und enthielt in größeren und kleineren Partien nur Grünbleierz." Nach der Einstellung des Bergbaues auf Bleiglanz mutete der "Stufenhändler" August Friedrich Müller aus Marienberg im Jahre 1834 eine Fundgrube und 2 Maaßen auf dem Heilige Dreifaltigkeit Flachen als Eigenlöhner zur Gewinnung von Grünbleierz aus Stufen. Nachdem Müller den Maaßener Schacht wieder fahrbar hergerichtet hatte, beginnt die Grünbleierzgewinnung in größerem Umfang. Der Verkaufspreis wurde damals vom Bergamt mit 5 Groschen pro Pfund Grünbleierz eingesetzt. Die schönsten Stücke sollte Müller "... zu den billigsten Preisen ... an die Mineralienniederlage Freiberg liefern". Bereits kurze Zeit später gab es Differenzen zwischen dem Bergamt und dem Eigenlöhner wegen Vernachlässigung der Grubenbaue und wegen zweckentfremdeter Verwendung von verbilligt bezogenen Grubenholz.

Die Gewinnung von Grünbleierz wird von Müller bis zum 29. 8. 1835 betrieben. Eine bergamtliche Verwiegung der noch vorhandenen Stufen ergab im Jahre 1836 folgende Mengen am Lager:

Die anschließenden Bemerkungen des Berggeschworenen, daß bei einer Verzehntung von 5 Groschen pro Pfund und unter Berücksichtigung der Kosten für Gewinnung, Löhne und Säure der Wert der Stufen bei weitem nicht die Zehntkosten aufbringt, zeigt, daß das Unternehmen insgesamt keinen oder nur sehr geringen Gewinn bringen konnte und sich Müller möglicherweise deshalb am staatlich gestützten und damit billigen Grubenholz schadlos hielt. Beachtenswert ist es auch, daß bereits damals Mineralstufen für Sammlungen durch Säurebehandlungen verschönt worden sind.

Eine weitere Periode der Grünbleierzgewinnung für Sammlungszwecke setzte um 1874 ein. Durch die 1869 gegründete Silberbergbau Gewerkschaft sind neben wenig Bleiglanz hauptsächlich Grünbleierzstufen gewonnen worden. Dieses "... kam kristallisiert in Drusen und auch in derben Partien vor.., von dem man bereits mehrere Zentner aufgehalten und in Vorrat hat". Die sonst schönen Kristalle waren jedoch häufig durch einen braunen Überzug rauh und unscheinbar Nach Rechenschaftsberichten der Silberbergbau Gewerkschaft wurden 1874 für 60 Thaler, 15 Neugroschen und 7 Pfennige Erze und Schaustufen verkauft (bei einer Zubuße von 825 Thalern). 1875 konnten keine Stufen verkauft werden und 1876 nur für 2 Mark und 50 Pfennig.

Ein Versuch 1874 Grünbleierz an chemische Fabriken zur Phosphorsäureproduktion zu verkaufen scheiterte ebenfalls. Nochmals soll eine offizielle Gewinnung von Stufen an Grünbleierz, Cerussit, Bleiglanz und Flußspat bis kurz vor Beginn des 1. Weltkrieges stattgefunden haben. Näheres dazu ist nicht bekannt.

In den letzten Jahren machten sich Bergsicherungsarbeiten im Bereich des Maaßen- und Stolln-Schachtes erforderlich. Bei deren Projektierung wurde die Bergung von Grünbleierzstufen im Rahmen der Nutzung einheimischer Rohstoffe für den vorhandenen Sammlerbedarf vorgesehen. Eine Realisierung war jedoch bisher durch außerordentliche sicherheitstechnische Probleme kaum möglich. Vor dem unrechtmäßigen Eindringen in das Grubengebäude muß in diesem Zusammenhang infolge der sehr hohen Bruchgefahr nachdrücklich gewarnt werden.

Zur Mineralogie des Pyromorphites

Der Pyromorphit - auch als Grün- oder Braunbleierz bezeichnet - mit der Strukturformel Pb5[Cl/(PO4)3] bildet nach der von STRUNZ (1982) verwendeten Klassifikation gemeinsam mit den Mineralen Mimetisit (Bleiarsenat) und Vanadinit (Bleivanadat) die sogenannte Pyromorphit-Reihe innerhalb der Apatit-Pyromorphit-Gruppe. Die Kristallstruktur des Minerals wird durch PO4-Tetraeder, die über Bleiionen verknüpft sind, bestimmt. Entsprechend der strukturellen Anordnung der Ionen kristallisiert der Pyromorphit hexagonal und bildet in der Regel säulige, nadelige oder tönnchenförmige (Emsertönnchen) Kristalle. Der Name Pyromorphit geht auf die Fähigkeit zurück unter dem Lötrohr zu einer facettierten Perle zu schmelzen.

Das bei den Schurfarbeiten von 1989 angefallene Material bestand aus einzelnen Stufen mit

An mehreren Proben wurden zur Charakteristik der Kristallmorphologie Untersuchungen mit dem Rasterelektronenmikroskop durchgeführt

Die REM-Aufnahmen zeigen sehr unterschiedliche Wachstumsformen der Pyromorphite mit relativ einheitlicher Tracht. Häufig sind parallelverwachsungen langprismatischer Kristalle zu beobachten. Das Kristallwachstum erfolgte offensichtlich nicht kontinuierlich. Die 0001- und die 1011- Flächen als bevorzugte Endflächen der Kristalle, sind meist stark gegeneinander verschoben. In vielen Fällen kann eine jüngere Wachstumsgeneration in Form orientierter Aufwachsungen beobachtet werden, was zu einer Bildung von eigenartigen "Kappen" führte.

Die Pyromorphitkristalle sind häufig von gelartig ausgebildeten Eisenhydroxid - bzw. -oxidkrusten überzogen, was bis zur vollständigen Umkrustung besonders bei größeren Kristallen führen kann. Untersuchungen mit der Mikrosonde ergaben, daß neben Eisen nur noch geringe Mangananteile in diesen Krusten enthalten sind. Zuweilen werden kleine Hohlräume im Schwerspat vollständig von gelartigen Eisenhydroxiden mit stalaktitenartigen Abscheidungsformen ausgekleidet.

Genetisch ist der Pyromorphit ein charakteristisches Mineral der Oxidationszone von Bleierzvorkommen und auf die Zersetzung von primären Bleiglanz unter Einfluß von Oberflächenwässern mit Phosphationen zurückzuführen.


Literatur:


  1. Wir fanden einen Riss von 1720 !
  2. Das dürfte das ausgehende 18. Jahrhundert gewesen sein ...