zur Zeit des
Faschismus

Schulfest 1960

1923 erfolgte der Einmarsch der Reichswehr in unseren Ort. Es fanden Haussuchungen statt bei den Genossen Grüner und Hunger. Aber trotz dieser und aller folgenden Schikanen war 1926/29 die KPD eine der stärksten Parteien im Gemeindeparlament. In einer Aktionseinheit mit der SPD wurde der Genosse Max Roscher als Bürgermeister gewählt, aber von der Amtshauptmannschaft Flöha nicht bestätigt. Aus den Wahlkämpfen dieser Zeit ist heute noch an der Wasserbaubrücke Wahlpropaganda der KPD und SPD sichtbar. Als Hitler 1933 zur Macht gekommen war, dehnte sich die Verhaftungswelle auch auf unseren Ort aus.
Vom 13.3. bis 13.4. wurden die Genossen Alfred Marx, Georg Messig, Emil Hunger nach Plaue bei Fläha geschleppt und dort mißhandelt. Doch trotz des Verbots der KPD wurde auch in unserem Ort die illegale Arbeit weitergeführt. 1936 begannen erneut die Verhaftungen wegen illegaler Parteiarbeit. Die Genossen Paul Grüner, Max Böhm, Gerhard Rouscik, Fritz Melzer, Hans Melzer und Otto Neubert wurden zu 2 bis 3 Jahren Zuchthaus verurteilt. Während der Haftzeit verstarb der Genosse Böhm 1937 im Zuchthaus in Halle. Einzelnen Genossen gelang es damals, unter schwierigsten Bedingungen ins Ausland zu emigrieren. So konnte z. B. Genosse Emil Hunger noch rechtzeitig in die CSR fliehen. Jedoch wurde er beim Einfall der Hitlertruppen 1939 bei Prag wiederholt verhaftet und zu 21 Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Zwickau und Waldheim verbüßen mußte. Der Genosse Willy Löschner ließ als Mitglied der Internationalen Brigaden sein Leben bei Madrid im Kampf des spanischen Volkes gegen die Franko-Faschisten.

»Bis auf paar Spinner waren hier alle gegen die Nazis!« Wo wir auch im Internet in Ortschroniken und Heimatgeschichte stöberten, wie ein Leitmotiv zieht sich dieser Gedanke durch die Angaben zur Zeitspanne des Faschismus. Oder es gibt diese Zeit einfach nicht! Gewiss ist das bequem. Doch wenn wir diese Zeit aus unserer Geschichte streichen, sie vergessen, dann werden sich Leute finden, die uns einreden, Faschismus habe es nie so gegeben - das mag noch angehen. Wenn jedoch irgenwann erneut Faschismus entsteht, werden wir es erst bemerken, wenn es zu spät ist; wenn eben diese Leute uns erneut mit Blut und Eisen in unser Verderben schicken.

Vielleicht sind wir in der ehemaligen DDR da sensibler: Jahrzehnte hat man uns mit den Verbrechen der Faschisten immer und immer wieder konfrontiert; andererseits war die Darstellung so extrem einseitig, dass wir "zwischen den Zeilen" deutlich besser zu lesen verstanden als unsere westlichen Nachbarn; dass uns auch heute noch mehr auffällt, wo von Tatsachen nur eine Seite beleuchtet wird; wo Partei-Interesse mit Aufrichtigkeit kollidiert.

Schulfest 1935
Im Frühjahr 1931 war der erste Propagandamarsch der SA durch unseren Ort. 1932 wurde die NS-Frauenschaft gegründet mit vorläufig 15 Mitgliedern. ... Am 30. Januar 1933 fand sich der größte Theil der Parteigenossen und Sympatisanten zum Gemeinschaftsempfang im Gasthof Erbgericht ein. Die Übertragung des Fackelzuges zauberte auf allen Gesichtern ein freudiges Glänzen ... Am 7. März begann die SA früh mit dem Hissen der Hakenkreuzfahnen auf Schulen, Post und Rathaus ... wurde endlich vielen deutschen Volksgenossen auch bei uns klar, ... wie weit die jüdisch-bolschewistische Verhetzung und Verführung vorgeschritten war!

Trotzdem sind die Nachrichten aus jener Zeit dünn gesät. Kritische Chronisten lebten gefährlich, und Parteiredner hatten in aller Regel nichts von Bedeutung zu sagen. Was ist überliefert?

Unsere Generation hat noch die Ruinen des Krieges gesehen. Unsere Eltern haben ihn mitmachen müssen! -zig Millionen Menschen hat dieser Krieg das Leben gekostet; und angefangen haben ihn die Faschisten.

Wer das wirklich zur Kenntnis nimmt, der kann die damalige Zeit weder verharmlosen noch weglassen!