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Mächtige Feste über der Pockau
Vor 350 Jahren wurde Burg Lauterstein zerstört. Ruine ist Denkmalsobjekt


W. Markgraf in der Zeitung Die Union, Dresden/Karl-Marx-Stadt 18.02.1989
Anmerkung von C+H Doerffel: Ein sehr oberflächlicher Beitrag mit (zu) vielen Fehlern. Da helfen auch die lose eingestreuten Mittelalter-Vokabeln nicht darüber hinweg.

Von der Talstraße und der Eisenbahnlinie aus, die seit 1875 Flöha mit Marienberg verbindet, wird bei der Talauffahrt links vor dem Bahnhof Zöblitz-Pobershau ein schroffer Felsen sichtbar. Auf Grund seines Aussehens erhielt er die Bezeichnung "Löwenkopf". Kaum läßt sich bei diesem steil aufragenden Steingebilde erahnen, daß es sich hier um eine uralte Befestigungsanlage handelt.

Lange Zeit vor der Gründung Marienbergs gehörte ein großer Teil dieses Gebietes zum sogenannten "Hersfelder Eigen" (1). Vor über 1 000 Jahren: genau 981, schenkte Kaiser Otto II. dieses Land dem Kloster Memleben in Thüringen. Heinrich II. gab dann 1015 diesen Besitz an das Kloster Hersfeld im Hessischen. Vor der Besiedlung führte hier der "alte Böhmische Steig" vorüber durch das unwegsame Gelände von Rochlitz über Chemnitz - Zschopau - Zöblitz - Rübenau nach Prag.

Ein Stück dieses Pfades ist heute als Hohlweg noch vorhanden. Wo nämlich der Fahrweg (nicht die Hauptstraße über die Kniebreche) von Zöblitz hinab nach Pockau geht, zweigt unterhalb des 614 Meter hohen Burgberges links ein schmaler Weg mit steilem Gefälle ab. Nicht mehr vorstellbar ist uns, daß dies einmal ein bedeutender Verbindungsweg durch den dichten dunklen Wald war. Heute reicht der Blick bis hinab nach Niederlauterstein. Mehrere Jahrhunderte lang rumpelten hier auf ausgefahrenen Geleisen die Fuhrwerke aller Art damaliger Zeit vorüber. Sehr wahrscheinlich kam auch Heinrich II. auf seinem ersten Italienzug hier durch.

Der Löwenkopf
An diesem Wege steht links hinter einem Feld ein kleiner hölzerner Schuppen. Die Fundamente von etwa sechs mal sechs Metern sind (2) mit ihren zwei Metern Stärke einmal die Grundmauern eines Wachturmes (3) gewesen, der außerhalb der eigentlichen Befestigungsanlage stand. Es ist dies der Ort, wo vor Zeiten die Feste Nidberg stand, hoch über dem Tal der vereinigten Pockau. Der Löwenkopf hat die Hauptburg getragen. Vom 23. Juli des Jahres 1292 ist eine Urkunde erhalten, die die Grenzen des Besitzes dieser Hersfelder Kirchenbesitzungen ziemlich genau lokalisiert (4). Von der Großen Striegis bis hinan an die Pockau (5) über der "Nidberg liegt, den Werner gebaut hat". Dieser Werner war als Ritter ein Glied der reichsunmittelbaren Herren von Erdmannsdorf, welche den alten Pleißengau mit besiedelten. Diese Straßensicherung am Fernweg über den Pockaufluß (aus dem slawischen "pochava", jäh niederstürzender Fluß (6)) dürfte also zur Besiedelungszeit nach 1150 durch Friedrich Barbarossa entstanden sein.

Eine Landkarte von 1750 zeigt an dieser Stelle ein wüstes Schloß. Vor 160 Jahren stieß man bei versuchter Urbarmachung des Geländes auf Mauerreste und Scherben. Jedoch durch die vor 20 Jahren begonnene systematische Untersuchung, verstärkt durch die 1976/77 erfolgte Grabung durch das Dresdner Landesmuseum für Vorgeschichte (7) konnte der Beweis erbracht werden, daß hier die gesuchte Burg Nidberg stand und einst durch zwei bogenförmige Gräben gesichert war. Es ist dies auch gleichzeitig die für 1323 bezeugte Zöblitzer Zollstelle (2).

Burg Lauterstein 1629
nach einem Stich von Dilich
Man braucht nur wenige Schritte auf dem Wege talwärts zu gehen und erblickt dann links die Ruine der Burg Lauterstein. Die Burg entstand wahrscheinlich schon um 1200, nachdem Nidberg seine Bedeutung als Wegesicherung bereits verloren hatte. 1304 wird ein "Johannes in Lutirstein" genannt. Der Name ist nach dem Lauterbach, dem "geräuschvollen" Bach, genannt. 1434 kam Burg und Besitz Lauterstein an die Freiberger Patrizierfamilie von Bersbisdorf. 1497 wurde diese in Ober- und Niederlauterstein zertrennt. Das führte zum Errichten einer Trennmauer auf der Feste und deren Ausbau zum Schloß (8). 1530 kam es im Schloß zu einem verheerenden Brand. Der Schloßherr, Georg von Berbisdorf. seinerzeit im 90. Lebensjahr, lag an sein Krankenbett gefesselt. Um ihn vor dem Verbrennen zu bewahren, knotete man in aller Eile Bettücher zusammen und wollte den Regent am Fenster in Sicherheit bringen. Doch die Knoten lösten sich und der alte Herr stürzte in die Tiefe und war darauf sofort tot. In der alten Lauterbacher Wehrkirche hat man den Leichnam beigesetzt.

Burgruine Lauterstein
1559 kauft Kurfürst August die Herrschaft Lauterstein für 107 784 Gulden. Ihm ging es dabei vor allem um die Wälder, da die Bergwerke ja bekanntlich eine Unmenge von Nutzholz verschlangen. Die am 29. September 1560 erlassene Holzordnung sollte einem zu frühen Kahlschlag der Waldungen Einhalt gebieten. Auf der Burg entstand ein kurfürstliches Amt. Das Burgverlies im runden Turm diente bis 1603 als Gefängnis (9). Zur Herrschaft Lauterstein gehörten etwa 20 Dörfer und die Stadt Zöblitz, wie Olbernhau, das ja erst 1925 zur Stadt erhoben wurde. Erstaunlich ist, daß der zu Ausgang des 14. Jahrhunderts erbaute quadratische Turm etwa die gleichen Grundflächenparameter aufweist wie der einstige der Nidberg-Feste und ebenfalls aus Bruchsteinen aufgeführt ist (10). Der hiesige runde Bergfried ist dagegen älter und läßt noch einen früheren Eingang in zirka sechs Meter Höhe erkennen. Wilhelm Dilich zeigt in einer Federzeichnung Burg Lauterstein 1629 in schematisch-topografischer Lage mit Fluß und Brücken. Es ist dies die letzte Darstellung der Anlage, wie sie noch als stolze Trutzfeste (11) über den Felsen thronte. Während dieser Zeit tobte schon elf Jahre lang der Dreißigjährige Krieg (12). Am 14. März 1639, vor nunmehr 350 Jahren, schlug auch die Stunde der Zerstörung dieser herrschaftlichen Wohnstatt auf gneisischem Felssporn. So blieb seit jenem Tage das Gemäuer eine Ruine.

An über 30 Untergebene des Amtes Lauterstein vergab August der Starke am 26. September 1701 einen Teil des Kammergutes und des Vorwerkes. Somit ist der eigentliche Ort Niederlauterstein erst 288 Jahre alt. Die Schloßruine wurde beim Bau benötigter Wohn- und Arbeitsstätten wiederholt als Steinbruch genutzt. Gab es doch noch keine Denkmalpflege, wenngleich daraus entstandene Bauwerke heute bereits anerkannten Kulturwert besitzen. Auch Bergbau wurde vor 400 Jahren hier betrieben. Belegt sind die Zechen "St. Wolfgang" und "St. Wenzel". Fundgrüberei ist also längst Geschichte in dieser Gegend. Doch wurde 1974 - 1979 wieder auf dem Schloßareal gegraben, und zwar ebenfalls durch das Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden. Die Funde ergaben, daß die Burg in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstand. Durch den Rat der Gemeinde Niederlauterstein werden um den Ruinenkomplex Pflegearbeiten durchgeführt. Hinweisschilder lassen die wichtigsten Daten der langen Geschichte dieser Stätte ablesen. Die Ruinen selbst genießen gesetzlichen Schutz als Denkmalobjekte und sollen in diesem Zustand auch noch kommenden Generationen von einstiger Feudalmacht künden.


  1. Nach der Grenzbeschreibung des "Hersfelder Eigens" aus der Mitte des 12. Jahrhunderts gehörte das Gebiet Lauterstein/Nidberg nicht zum Klosterbesitz!
  2. vielleicht! Vielleicht aber auch nicht. Ein einziges Dokument und einige mittelalterliche Scherben sind ein ziemlich dünner Beweis. Genausoviel spräche beispielsweise für den Standort am Katzenstein (Das Raubschloss): Scherbenfunde, Lage an der Pockau ... siehe auch 4).
  3. Herr Geupel meint, die Grundmauern des "Turmes" hätten außerhalb der Mauern gelegen. Was für eine Burg immerhin sehr außergewöhnlich wäre.
  4. "Die Grenze verläuft von der Pockau zur Striegis" steht in der genannten Urkunde. Das ist gewiss alles andere als genau!
  5. Und wenn man die Originaltexte verändert, bis sie passen, wird man nicht viel Realität erfahren! Original heißt es nämlich: "bis Nidberg, welches Werner erbaute, und vom Fluss, der vor Nidberg vorüberfließt, bis an die große Striegis".
  6. Es ist wenig wahrscheinlich, hier viele slavische Namen zu finden. Schließlich war die Gegend vor 1100 unbewohnt; wer sollte da Details benennen?
  7. Dazu Geupel 1978 und 1979, der damalige Chef-Ausgräber.
  8. "Schloss" ist wohl mächtig übertrieben, die Burg nannte sich auch nie so.
  9. Auch nur die halbe Wahrheit: Es diente zwar als Gefängnis, wurde aber nie dazu benutzt, weil es zu eklig war (Neue Kirchengalerie 1904)
  10. Wirklich erstaunlich: Mitten im Erzgebirge baut man im Mittelalter Türme aus Bruchsteinen ...
  11. Mit "Trutzfeste" wars da aber schon lange, lange vorbei!
  12. Klingt gefährlich, wars aber nicht: Der Krieg "tobte" weit weg und kam erst nach 1629 hierher.