Krumhermersdorf Literatur
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Brücke

Autorenkollektiv unter Dr. Zühlke
Werte unserer Heimat Band 28
Das mittlere Zschopautal


Berlin 1977

Umfangreiche Darstellung historischer Daten. Das Buch vermittelt einen aktuellen Eindruck, allerdings sind die Beiträge teilweise auf dem Stand von 1920 und eher. Auf Rückfrage beim federführenden Autor erklärte dieser, dass die Beiträge von den Heimatfreunden der betreffenden Gebiete seien und NICHT auf Aktualität geprüft wurden. - Das ganze Buch ist sehr Sozialismus-lastig, 2/3 der Heimatgeschichte ist dem antifaschistischen Widerstand und dem Aufbau des Sozialismus gewidmet. Aus eigener Kenntnis kann gesagt werden, dass diese Darstellungen extrem einseitig sind.


Vorwort zur geschichtlichen Entwicklung

Das Erzgebirge und sein Vorland gehören im allgemeinen nicht zu den bevorzugten Siedelflächen ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Das bedeutet aber nicht, daß das Gelände völlig unzugänglich gewesen sei, wie antike Berichte vom "undurchdringlichen Urwald" Miriquidi besagten. Zumindest ist der Bereich der Zschopau, der Flöha und kleinerer Nebenflüsse in ur- und frühgeschichtlicher Zeit als Übergang zum Süden genutzt worden, teilweise auch für zeitweilige Aufenthalte. Die Verbindung zwischen dem sächsischen Gebiet und Nordböhmen erfolgte nicht allein über die bekannten Pässe.

Grundherrschaftlich-territoriale Gliederung im
16. Jahrhundert (Entwurf D. Zühlke)
1 Rittergut Lichtenwalde
2 Rg. Sachsenburg
3 Rg. Börnichen
4 Rg. Rauenstein
5 Rg. Scharfenstein
6 Rg. des eigenen Ortes
7 Pfarre Oederan
8 Amt Augustusburg
9 Amt Chemnitz
10 Amt Nossen
11 teils Rg. Witzschdorf
  teils Amt Augustusburg
Selbstverständlich sind nicht alle aufgefundenen Steingeräte - u. a. Altenhain: durchbohrter Schuhleistenkeil; Zschopau: Steinaxt und Steinbeil; Hennersdorf: gebohrtes Rohstück aus Felsgestein - Kennzeichen von Besiedlung, da solche Stücke auch aus abergläubischen Gründen in der Kolonisationszeit und später mit ins Gebirge gebracht wurden. Leider fehlen bisher keramische Reste oder gar größere Siedlungen mit zugehörigen Friedhöfen. Es muß allerdings vermerkt werden, daß die nicht zu hart gebrannte ur- und frühgeschichtliche Keramik auf feuchtem Felsboden durch Aufweichung teilweise nicht mehr als solche erkannt werden kann, wie auch Untersuchungen im Harz bewiesen.

Die Vollbesiedlung begann dann flußaufwärts, und es wurden in den letzten Jahrzehnten des 12., spätestens im 13. Jahrhundert Stützpunkte geschaffen, die den Schutz der Straßen und des Gebietes gewährleisteten: So Zschopau, Scharfenstein, Schellenberg (Augustusburg), Erdmannsdorf, Lichtenwalde und Börnichen.

Mit Lichtenwalde und Börnichen im Norden sowie Scharfenstein und Venusberg im Süden sind jene Eckpunkte genannt, zwischen denen ein durch die deutsche Ostexpansion bäuerlich erschlossener Landstrich lag. In nahezu allen Seitentälern von Zschopau und Flöha entstanden Dörfer mit mehr oder weniger ausgeprägten Waldhufenformen. Es wurde bereits darauf verwiesen, wie die stark zerschnittene Landoberfläche die Formen der Mehrzahl dieser Rodungssiedlungen beeinflußte. Durch diese Landnahme wurden immer stärker die ursprünglich zusammenhängenden Flächen des Erzgebirgischen Grenzwaldes zurückgedrängt, so daß nur inselhaft inmitten von Agrarflächen das Gehege, der Oederaner Wald, die Struth, die Foldung, die Mörbitz oder der Bornwald erhalten blieben, um nur einige zu nennen.

Die Anfangsphase der Besiedlung beiderseits der mittleren Zschopau unterscheidet sich nicht oder kaum von anderen Bereichen des Erzgebirges und seines Vorlandes. So bleibt uns lediglich der Hinweis auf territorialherrschaftliche und ritterschaftliche Zentren in einigen Burgen, wie im 13. und 14. Jahrhundert Lichtenwalde, Zschopau und Scharfenstein.

Eines der größten Territorien dieser Art, das von Schellenberg, brachten die Wettiner 1324 in ihre Hand, um mit Hilfe der Ämterverfassung ihre landesherrliche Macht in einer Vielzahl von Dörfern durchzusetzen. Bis zum 16. Jahrhundert schon war auf diese Weise die größte Zahl der Dörfer unter kurfürstlicher Kontrolle, zumal auch das Amt Chemnitz mit Dittmannsdorf bis nahe an die Zschopau reichte und Lichtenwalde vorübergehend ein solches Amt bildete. Der unregelmäßig gewachsene Flecken Augustusburg wurde noch 1551 lediglich als "Städtlein" bezeichnet, und obwohl ein Bürgermeister amtierte, blieb die Gerichtsbarkeit über den Ort stets beim landesherrlichen Amt. Alle anderen herrschaftlichen Zentren oder Burgsiedlungen haben bis auf Zschopau den Status ihrer Dorfverfassung nie abgelegt.

Nicht nur der bäuerlichen Rodung fiel der Wald zum Opfer. Wenn wir auch keine Kenntnis von sehr vielen Einzelheiten haben, so dürfen wir dennoch verallgemeinern, daß Bergbau und Hüttenwesen die Wälder um Augustusburg und Zschopau dezimierten, benötigte doch 1556 allein die Freiberger Hütte 265.000 Festmeter Holz. Der größte Teil davon kam ohne Zweifel aus den großen Waldgebieten des oberen Erzgebirges. Kohlenmeiler rauchten auf den Floßplätzen Bernsdorf und Borstendorf, von wo aus die Holzkohle nach Freiberg transportiert wurde. Der Weg betrug 26 bzw. 27 km, nicht gerechnet die Strecken zwischen den Dörfern der Fronpflichtigen und dem Kohlplatz. Kurt Löffler (1960) setzt den Beginn der Flößerei auf der Flöha in das Jahr 1570, auf der Zschopau in das Jahr 1586 und gibt allein für die beiden Kohlplätze Blumenau und Borstendorf an der Flöha - um 1605 - 63 fuhrdienstpflichtige Dörfer mit 2050 Bauern an. Für den Floßplatz Bernsdorf errechnete er ein jährliches Soll von 4004 Wagen, was einer Gesamtkilometerzahl von 285 846 und einer Fracht von etwa 2400 t entspricht.

Kohlholzfuhrenpflichtige Dörfer für das Freiberger Montanwesen um 1600
(nach Wilsdorf, Herrmann, Löffler 1960)
+ und unterstrichen = Kohl- und Floßplätze

Die Nutzung der größeren Wälder für eine nur privilegierten Schichten vorbehaltene Jagd nahm um Augustusburg ein besonders großes Ausmaß an. Die wachsende Macht und Repräsentationssucht des Landesfürsten äußerte sich in der Verwendung des Schlosses Augustusburg als Jagdsitz. Welcher Aufwand nötig war, macht eine Hauptjagd in dem Jahr 1621 deutlich, zu der Johann Georg I. 700 Bauern für Treiber- und Fuhrdienste befohlen hatte. Darüber hinaus mußten die Untertanen Dienstgelder zahlen, die herrschaftlichen Pferde einstallen und für sie Futter stellen. Das in großen Mengen gehegte Wild richtete Schäden an den Feldfrüchten an, worüber sich 1727 die Bauern aus 30 Gemeinden des mittleren Zschopaugebietes - freilich erfolglos - beim Landesherrn beschwerten. Die Bauern der ablieferungspflichtigen Dörfer des Amtes Augustusburg hatten außerdem noch für einen Teil der Lebensmittel zu sorgen, die bei den abschließenden Jagdfesten verbraucht wurden. Da auch Fisch zu den Hauptnahrungsmitteln zählte, hatte ein kurfürstlicher Fischmeister seinen Sitz in Hohenfichte. Als der reiche Fischbestand der Flöha - Forellen, Barben, Barsche, Hechte, Aale, Lachse, Schleien - zeitweilig durch Fischotter gefährdet war, wurden Jäger mit besonders abgerichteten Otterhunden eingesetzt, sogenannte Ötterer, die in Augustusburg wohnten. Neben der Jagdfron bewirkte die Verstärkung der übrigen Dienste, daß sich 1740 beim sächsischen Bauernaufstand auch Dörfer im Amt Augustusburg der Bewegung anschlossen. Auch schon in der Zeit des Großen Deutschen Bauernkrieges um 1525 hatte es Unruhen im Gebiet um Schellenberg gegeben.

Außer Augustusburg als Sitz des kurfürstlichen Amtmannes erlangte lediglich die Stadt Zschopau eine gewisse Bedeutung, durch die auch einer der alten Höhenwege führte, die dem Fernhandelsverkehr dienten. Den Hauptanteil an Handwerken und Gewerben bestritten anfangs Tuchmacher, Lein- und Kattunweber, später Strumpfwirker. Im 18. Jahrhundert wurden in der Flußaue Garnbleichen angelegt, und der Beginn der heutigen Spinnereiindustrie reicht an die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zurück.

Demgegenüber war die heutige Kreisstadt Flöha noch um 1800 ein Bauerndorf wie die vielen anderen Gemeinden ringsum, obwohl sie Mittelpunkt eines zeitweiligen Steinkohlebergbaus war. Für sie und ihre Umgebung wurden die Jahre 1809, 1817 und 1819, 1821 und 1833 bedeutungsvoll, als Spinnereien begannen, den Grundstock zur heutigen Industriestruktur zu bilden. Ihre Standortbedingungen, die Lage an einem Wasserlauf sowie die Nähe einer Fernstraße am Fuß des Erzgebirges, verbesserten sich noch durch den Bau einiger Eisenbahnlinien zwischen 1866 und 1875. Die damit verbundene Ausbildung eines Eisenbahnknotenpunktes in Flöha und die gute Erreichbarkeit dieses Ortes von der Umgebung her waren eine wesentliche Ursache dafür, daß hier von 1874 an die Behörden einer Amtshauptmannschaft Einzug hielten. Der dazugehörige Verwaltungsbezirk reichte bis nördlich von Frankenberg und südlich von Zschopau. Erst im Zuge der demokratischen Verwaltungsreform, im Jahre 1952, wurde aus dem südlichen Teil mit Orten der damaligen Kreise Annaberg und Marienberg eine neue Kreisverwaltung mit Sitz in Zschopau gebildet, so daß auch diese Stadt eine wichtige Funktion als Zentrum ihrer Umgebung erhielt.

Vorwort zur gegenwärtigen Struktur

Wollen wir die heutige Wirtschaftsstruktur des Territoriums beiderseits der mittleren Zschopau etwa zwischen Frankenberg und Zschopau kennzeichnen, so haben wir folgende allgemeine Feststellung zu treffen: Wir befinden uns hier im östlichen Teilbereich eines Gebietes starker flächenhafter Verdichtung der materiellen Produktion, der Bevölkerung, der Bausubstanz, der Versorgungsleitungen und -einrichtungen, der Verkehrswege, die mit der Annäherung an die benachbarte Bezirksstadt Karl-Marx-Stadt weiter zunimmt. Diese Aussage gilt nicht für alle Teile gleichmäßig; sie erfährt Einschränkungen dort, wo die morphologische Situation einer solchen Konzentration entgegensteht, also beispielsweise auf den Höhenrücken zwischen dem tiefeingeschnittenen Zschopau - Flöha-Talsystem.

Bevölkerungs-Beschäftigtendichte (Bevölkerungs- plus
Beschäftigten-zahl pro qkm, nach Unterlagen des Büros
fürTerritorialplanuflg Karl-Marx-Stadt, Entwurf D. Zühlke)
Solche Differenzierungen in der Territorialstruktur werden in der planerischen Praxis gern durch einen Kennwert dargestellt, der sich durch die Summe von Bevölkerungs- plus Beschäftigtenzahl auf den Quadratkilometer ermitteln läßt. Demnach ergeben sich starke Verdichtungen jener eben genannten Faktoren die elektrifizierte Hauptstrecke der Deutschen Reichsbahn zwischen Niederwiesa und Oederan sowie die Nebenbahnen im Zschopautal bis Hennersdorf und im Flöhatal bis Hohenfichte und Grünhainichen entlang. Mit noch etwas größeren Werten läßt sich ein Bereich im Süden zwischen Zschopau, Scharfenstein und Venusberg ausgliedern. Die Gebiete von Mühlbach-Schönerstadt sowie von Kleinolbersdorf- Dittmannsdorf dagegen erreichen nur 1000 der maximalen Dichtewerte.

Das Grundgerüst des Siedlungsnetzes bilden die Kreisstädte Flöha und Zschopau sowie in unmittelbarer Nachbarschaft des hier betrachteten Raumes Karl-Marx-Stadt, Frankenberg und Oederan. Alle übrigen Orte zeigen - mit Ausnahme von Augustusburg - noch Merkmale ehemaliger Waldhufendörfer und unterscheiden sich von der ursprünglichen Ortsanlage durch den Grad ihres Ausbaus. Auf diese Weise differenzieren wir Dörfer von bäuerlicher Struktur, so Hausdorf und Schönerstadt, Gemeinden mit stärkerem Wohnhausbestand kleinstädtischer Bauart, wie Gornau oder Grünhainichen, und mit Industriebetrieben durchsetzte, etwa Hohenfichte oder Scharfenstein und schließlich stark verstädterte Siedlungen, allen voran Niederwiesa. Eine Besonderheit des Siedlungsnetzes stellen ausgesprochene Werksiedlungen dar, von denen wir Lößnitzthal, Wilischthal oder den "Millionengrund" anführen können.

Mit Ausnahme des Nordostens, wo um Schönerstadt und Hausdorf Ausläufer eines stärker agrarisch geprägten Raumes hereinragen, ist das Gebiet um die mittlere Zschopau hochindustrialisiert. Als überwiegenden Zweig treffen wir auf Grund der historischen Entwicklung die Textilindustrie an, aus der der VEB Vereinigte Baumwollspinnereien und Zwirnereien Flöha mit seinen großen Werkteilen in Falkenau, Hohenfichte und Erdmannsdorf hervorragt. Als weiterer Großbetrieb besteht der im oberen Wilischtal gelegene VEB Feinspinnerei Erzgebirge. An zweiter Stelle folgt die Leichtindustrie; ihr größtes Unternehmen, der VEB Papierfabrik Grünhainichen, beschäftigt 670 Personen. Weitere Arbeitskräfte gehören meist kleineren Holzverarbeitungsbetrieben an. Südlich von Zschopau prägt die Metallbranche das Wirtschaftsgefüge, ausgewiesen durch die weit über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannten Fabriken VEB Motorradwerk Zschopau und VEB DKK Scharfenstein.

Die Größe der Siedlungen im Gebiet um Flöha und Zschopau - nur 2 Gemeinden besitzen 3.000 und mehr Einwohner - steht nicht in Übereinstimmung mit der Struktur der Industrie; mit anderen Worten: die Beschäftigtenzahl der Großbetriebe überwiegt deutlich die Zahl der in den entsprechenden Gemeinden zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte. Somit mußten alle diese Werke mit einem hohen Anifeil an einpendelnden Schichtarbeitern den Werksverkehr stark ausbauen. Sie beschäftigen Arbeitskräfte mitunter aus weit entfernten Orten, sogar aus dem Kreis Marienberg. Dabei überlagern sich zum Teil die Einzugsbereiche der Großbetriebe des Kreises Zschopau und ebenso diejenigen der Betriebsteile der Baumwollspinnereien von Falkenau, Hohenfichte und Flöha. Die Situation kompliziert sich dadurch, daß der Ballungskern Karl-Marx-Stadt einen starken Arbeitskräftesog vor allem auf die Orte an der elektrifizierten Reichsbahnstrecke nach Freiberg ausübt, darunter auf die Kreisstadt Flöha. Während die heimische Textilindustrie zum größeren Teil Frauen beschäftigt, überwiegen bei den Einpendlern nach Karl-Marx-Stadt und Zschopau die männlichen Arbeitskräfte.

Die Bedeutung der agraren Produktion in einem solchen Ballungsgebiet wird oft unterschätzt. Tatsächlich konzentriert sich in der Nähe der Verbraucher gerade die Tierzucht, und da die Landwirtschaft zu größeren Einheiten tendiert, erfordert diese Entwicklung den Bau größerer und moderner Stallkomplexe bzw. den Übergang zu industriemäßig produzierenden Anlagen. Der Feldbau organisiert sich zunehmend in Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP), die sich über mehrere LPG-Bereiche erstrecken. Als Beispiel dafür sei die KAP 7. Oktober Flöha genannt. Sie umfaßt den gesamten Westteil des Kreises und entwickelt teilweise Beziehungen über die Kreisgrenze hinaus.

Der Einführung industriemäßiger Methoden in der Landwirtschaft dienen solche neuen Anlagen wie das Kartoffellagerhaus und das Trockenwerk an der Straße von Gelenau nach Venusberg. Das Trockenwerk ermöglicht in normalerweise für den Getreideanbau ungünstigen Lagen eine verlustarme Bergung der Ernte. Es besitzt noch größere Bedeutung für die Grünfuttertrocknung und somit für die Erhöhung der Milchproduktion. Das getrocknete Getreide wird teilweise zu Kraftfutter verarbeitet und kann auch zur Schweinemast Verwendung finden. Auf der anderen Seite hat das Kartoffellagerhaus einen erhöhten Kartoffelanbau zur Folge. Der geplante Bau einer Schweinemastanlage im Gebiet Venusberg-Drebach fügt sich in diesen Wandlungsprozeß landwirtschaftlicher Strukturen konsequent ein. Solche Anlagen bedingen eine Anderung des Anbauverhältnisses der Fruchtarten in den Nachbargemeinden, so in Venusberg oder Weißbach. Im allgemeinen gilt sonst, daß gebirgswärts der Grünlandanteil zu-, der Feldfutteranteil jedoch abnimmt. Steile Hanglagen, wie in Krumhermersdorf oder Grünhainichen, verstärken diese Erscheinung.

Das mittlere Zschopaugebiet stellt mit Abstand das bedeutendste Naherholungsgebiet von Karl-Marx-Stadt dar. Günstige natürliche Voraussetzungen, wie Höhenstraßen und -wanderwege mit guten Aussichtsplätzen, Talpartien und -straßen, ganzjährige Nutzungsmöglichkeit, große Waldgebiete sowie vielgestaltiges, wechselhaftes Relief, verbinden sich mit kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, unter denen Schloß und Park Lichtenwalde, Schloß Augustusburg, Zschopau und Schloß Wildeck, aber auch die überdachten Holzbrücken in Hennersdorf und Hohenfichte zu nennen sind. Als besondere Konzentrationspunkte gelten die Naherholungskomplexe Lichtenwalde und Augustusburg sowie die Ausflugsgaststätten Adelsbergturm und Sternmühle bei Kleinolbersdorf, im Sommer auch die Talsperre Euba und die Freibäder in Niederwiesa, Falkenau, Leubsdorf, Grünhainichen, Krumhermersdorf, Gornau, Zschopau und Venusberg. An Feiertagen, zu Wochenenden und Ferienzeiten treten mitunter Überlastungserscheinungen auf, besonders in den Ausflugsgaststätten.

Dem Bedürfnis nach Ruhe und Erholung tragen vor allem die ein besonderes Landschaftserlebnis bietenden Wald- und Talgebiete Rechnung, von denen einige zu Landschaftsschutzgebieten erklärt wurden. In Großstadtnähe wären zu nennen das LSG Lichtenwalde, das LSG Augustusburg-Sternmühlental sowie das LSG Talsperre Einsiedel - Kemtauer Wald, das bis an die Dittersdorfer Höhe reicht. Etwas weiter entfernt bieten sich das Waldgebiet zwischen Augustusburg und Waldkirchen, der Born- und der Heinzewald sowie das LSG Oberes Zschopautal an. Nahezu überall bestehen günstige Voraussetzungen für den Wintersport. Gern genutzt werden auch die Möglichkeiten zum Wasser- und Angelsport, vor allem an den beiden größten Fließgewässern Zschopau und Flöha.

Diese überblicksartige Darstellung läßt bereits erkennen, daß verschiedenartigste Werte unserer Heimat aus der natürlichen, historischen, kulturellen, sozialökonomischen oder technischen Sphäre des Menschen nebeneinander und in inniger Verflechtung bestehen. Insofern bietet gerade das Gebiet zu beiden Seiten der mittleren Zschopau mehrfach gute Beispiele dafür, daß landschaftliche Schönheit und Industrieentwicklung einander nicht auszuschließen brauchen, wenn man nur die planmäßige Gestaltung der Landschaft nicht aus den Augen verliert.

Das Gansbachtal

Das wenig begangene Gansbachtal liefert in einer Reihe von Sammelbrunnen Trinkwasser für Zschopau. Zusammen mit einer Zuführung aus der Karl-MarxStädter Wasserleitung wird es über die Zschopaubrücke am Steghaus der Stadt zugeleitet, die auch aus dem Schotterstrang an der Zschopau sowie aus dem Kölpelbachtal und von Weißbach Trinkwasser erhält.

Das untere Gansbachtal wird von dem vom Zschopenberg kommenden und wegen seiner schönen Aussicht auf Zschopau gern begangenen Wurzelweg gekreuzt, an dem die "Heilige Dreifaltigkeit Fundgrube" betrieben wurde. Wie hier setzen in der Umgebung von Zschopau an mehreren Stellen in Glimmerschiefern Gänge der fluorbarytischen Bleierzformation auf. Während die Gruben "GöpelZeche" und "Freudiger Bergmann Stollen" westlich der Stadt nur noch auf älteren geologischen Spezialkarten verzeichnet sind, die dort 9 einzelne Gänge unterschiedlicher Streichrichtung und streichender Länge - maximal 500 m - erkennen lassen, findet man vom bedeutendsten Gang dieses Reviers südöstlich der Stadt noch Haldenreste. Diese enthalten auch Gangmaterial. Er streicht hier von Nordwest nach Südost und ist über etwa 1 km zu verfolgen, seine durchschnittliche Mächtigkeit betrug 0,5 m.

Dieser Gang wurde von der Fundgrube "Heilige Dreifaltigkeit" bebaut. Der eigentliche Gegenstand des Bergbaues war silberhaltiger Bleiglanz. Wichtigste Gangart ist meist weißer, derber Schwerspat. Mineralogisch interessant ist dieses Vorkommen durch den in der Oxidationszone reichlich auftretenden Pyromorphit, ein chlorhaltiges Bleiphosphat, welches hier grün gefärbt ist und deshalb auch als Grünbleierz bezeichnet wird. Diese Kristalle können bei einem hexagonal-prismatischen Habitus mehrere Zentimeter Länge erreichen. Daneben treten häufiger Brauneisenerz, seltener Flußspat und Cerussit (Bleikarbonat) auf.

Krumhermersdorf

zählt mit fast 4 km Ortslänge und gegen 12 km2 Gemeindefläche zu den wenigen großen Waldhufendörfern um Zschopau und Flöha. Die Flur dehnt sich aus vom Nesselgrund im Nordosten bis zur alten Zschopauer Straße mit den Ganshäusern im Südwesten, auf der zur Zeit des Fuhrmannswesens am Zschopenberg Vorspanndienste geleistet werden mußten. Bergwärts spannte man je nach Schwere der Last ein bis vier Pferde vor, und talwärts wurden die Pferde zum Bremsen hinten an die Planwagen angeschirrt. Die Gans war einer der Fuhrmannsgasthöfe an der alten Prager Straße. Von den Ganshäusern zieht der tief eingekerbte Gansbach zur Zschopau hinunter.

Vom Zschopaufluß in 310-320 m Meereshöhe steigt die Flur bis auf 610 m ü.NN südlich der Augustusburger Straße an und fällt von hier noch ein kleines Stück zum Grenzbach am Bornwald ab. Mit Ausnahme der südlichen Teile liefern die dunklen Glimmerschiefer zwar relativ günstige Böden, jedoch ist deren Nutzung mittels moderner Agrartechnik stark von der Hängigkeit des Geländes beeinträchtigt. Auf Abholzungen im Quellgebiet des Dorfbaches führt man es zurück, daß Krumhermersdorf wiederholt von Hochwasserkatastrophen heimgesucht wurde, am stärksten 1890 und 1898.

Der oberste Ortsteil von Krumhermersdorf und die umgebenden Flurteile gehören bereits den rauheren mittelhohen Gebirgslagen an, die hier zudem durch steinigere und ärmere Böden benachteiligt sind. Kleinere Güter zeichnen den Wandel der natürlichen Bedingungen noch recht gut nach. Die drei Feldgüter an der Bornwaldstraße deuten Tendenzen zur Streusiedlung an. Schließlich finden wir an der Börnichener Straße die für die einstigen Straßenwärter erbauten Straßenhäuser mit der Bornwaldschenke.

Krumhermersdorf hieß 1428 einfach Hermersdorf, also Dorf eines Her(i)mar (1). Der Zusatz "Krum", der den Verlauf des Ortes entlang dem Dorfbach bei 250 m Höhenunterschied verdeutlicht, tritt erst im 16. Jahrhundert auf. So auch in der Urkunde, in der Kurfürst August seinem Günstling Cornelius von Rüxleben 1567 Krummen-Hermssdorf übereignete. Nach dem Sturz Rüxlebens und dem Tod seiner Söhne kam das Rittergut 1654 an die Familie von Metzsch. Ihr Wappen erscheint noch auf Geräten der Kirche und über der Tür der Hofmühle im Unterdorf. Eine mächtige Scheune mit knapp 1 m messenden Mauern, die bei dem Gutsbrand von 1735 verschont geblieben war, wurde ein Opfer der amerikanischen Bombenwürfe auf das Dorf in der Nacht vom 14. zum 15. Februar 1945. Diese Angriffe, die auch anderenorts Zerstörungen anrichteten, galten ganz offensichtlich der Wasserversorgung von Chemnitz.

In dem Ort, der wegen seiner Länge seit 1845 über 2 Schulen verfügte, können wir zu Beginn des 19. Jahrhunderts Schumann zufolge mit 25 ganzen, 19 halben Hüfnern, 6 Gärtnern und 74 Häuslern rechnen. Bis 1945 zählte man 60 Höfe mit durchschnittlich je 10 ha Land, zu etwa 20 weiteren Kleingütern gehörten bis 10 ha. Mit Ausnahme des Oberdorfes hat den übrigen Ort die starke Industrialisierung der Nachbargebiete beeinflußt.

Zwei fast gleichartige Häuschen fallen wegen ihrer ornamentierten Verschieferung der Giebel- und Straßenseiten auf, das bescheidener geschmückte Haus Nr. 26 C und das reicher ausgezierte Haus Nr. 169 B. Zwei andere Gebäude unterscheiden sich von der übrigen Bebauung durch ihre Krüppelwalmdächer. Das eine, Haus Nr. 126, ist nur eingeschossig und laut Inschrift 1829 errichtet; das andere, zweigeschossige und mit einem flacheren Dach versehene Haus Nr. 102 B wurde im Hauptteil 1845 als [untere] Schule neu aufgeführt.

Der bescheidene spätbarocke Neubau der Kirche in Krumhermersdorf entstand 1756/58. Er ist ein langgestreckter, im Osten mit drei Seiten des Achtecks abgeschlossener Saal mit westlich vorgelegtem stattlichem Turm. Als Eingang zum Schiff dient ein aus der älteren Kirche übernommenes gotisches Portal aus der Zeit um 1400. Eine doppelgeschossige Empore umläuft an drei Seiten den flachgedeckten Kirchenraum; im Osten erhebt sich der schlichte Kanzelaltar.

Ahnlich wie in Gornau und Weißbach bestimmte auch in Krumhermersdorf die Strumpfherstellung die wirtschaftliche Entwicklung des Ortes. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts (2) tauchte der erste Strumpfwirkermeister, ein Zschopauer, in Krumhermersdorf auf, und um 1780 war die Wirkerei schon ziemlich verbreitet. Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert bewirkte einen immer steigenden Anteil der Arbeiterschaft an der Gesamtbevölkerung.

Von einer örtlichen Arbeiterbewegung kann man aber erst sprechen, als in Krumhermersdorf im Juni 1919 eine Ortsgruppe der KPD gegründet wurde. Mitbegründer waren die Genossen Emil Hunger, Gustav Grüner, Max Hieckel, Paul Harnisch, Albin Hunger, Otto Brödner, Fritz Grüner, Paul Melzer und Kurt Melzer. Die junge KPD-Ortsgruppe festigte sich von Jahr zu Jahr. 1928/29 stellte sie die stärkste Fraktion im Gemeindeparlament. Die Genossen waren vielen Verfolgungen und Schikanen ausgesetzt. Aber ihre Ortsgruppe entwickelte sich trotz alledem zu einer der wirkungsvollsten Ortsgruppen in der Umgebung. Der kommunistische Landtagsabgeordnete Max Roscher war ebenfalls im Ort politisch wirksam. In Aktionseinheit mit den SPD-Abgeordneten wurde er zum Bürgermeister gewählt. Die reaktionäre Amtshauptmannschaft in Flöha verhinderte jedoch seinen Amtsantritt.

Der Haß der Faschisten richtete sich im Jahr 1933 besonders gegen die Arbeiterbewegung in Krumhermersdorf. Vom 13.03. bis 13.04.1933 wurden die Genossen Alfred Marx, Georg Messig, Emil Hunger nach Plaue bei Flöha geschleppt und dort mißhandelt. 1936 begannen erneut Verhaftungen wegen illegaler Parteiarbeit. Die Genossen Paul Grüner, Max Böhm, Gerhard Rouscik, Fritz Melzer, Hans Melzer und Otto Neubert wurden zu 2½ bis 3 Jahren Zuchthaus verurteilt. Während der Haft verstarb Max Böhm im Zuchthaus in Halle. Einzelnen Genossen gelang es damals, unter schwierigsten Bedingungen ins Ausland zu emigrieren. So konnte Emil Hunger in die Tschechoslowakei entkommen. Er wurde jedoch beim Einfall der Hitlertruppen 1939 bei Prag wiederholt verhaftet und zu 2½ Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Zwickau und Waldheim verbüßen mußte. Willy Löschner ließ als Mitglied der internationalen Brigaden gegen die Francofaschisten bei Madrid sein Leben.

Heute beschäftigen 2 Strumpffabriken, das durch einen hohen Schornstein gekennzeichnete Zweigwerk des VEB Max Roscher, Gornau, und der VEB Hesotex, nahezu 300 Arbeitskräfte. Sie fertigen vornehmlich Socken und teilweise auch Texturseide. Weit weniger Beschäftigte zählen der VEB Modell- und Plastspielwaren sowie die beiden holzverarbeitenden Bctriebe im Unterdorf, die früher unter anderem Schneeschuhe und Schlitten herstellten, heute aber Handwagen und Wetterhäuschen produzieren. Die nicht im Ort Beschäftigten gehen in erster Linie nach Zschopau zur Arbeit.

11 Prozent der Berufstätigen sind in der im Ort ansässigen LPG Vereinte Kraft beschäftigt, zu der sich etwa 130 bäuerliche Kleinbetriebe Krumhermersdorfs, Börnichens und Waldkirchens im Lauf der letzten Jahre zusammengeschlossen haben. Sie bearbeiten eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 1.500 ha. Die Stall- und Wirtschaftsgebäude liegen am Ortsausgang Krumhermersdorfs nach Zschopau zu und auf Waldkirchener Flur jenseits des Bahnhofs, wo in dem neuerbauten Kombinat 600 Rinder untergebracht sind. Die Tiere werden im Sommer auf die Hangweiden getrieben. Der Grünlandanteil beträgt nahezu 50 Prozent der Nutzfläche. Auf den 500 bis 600 m ü.NN gelegenen Hochflächen betreibt die LPG Ackerbau, vorwiegend mit Kartoffeln und Getreide. Wegen der Konzentration und der immer mehr zunehmenden industriemäßigen Produktion in der Landwirtschaft konnten Ställe und Scheunen mancher Einzelhöfe zu Wohnungen ausgebaut werden. In einem Nebentälchen des Krumhermersdorfer Baches schufen sich die hiesigen Bewohner ein kleines, aber sehr schön gelegenes Freibad.

  1. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vergleiche dazu die erste Nennung 1369
  2. Schon 1721 wird ein Strumpfwirker genannt

Das Hölzel

Zwischen Krumhermersdorf, Waldkirchen und Börnichen liegt das nur rund 1 km² große, zum Forstrevier Heinzebank gehörige Hölzel. Von zwei Tälchen gegliedert und mit abwechslungsreichen Baumarten bestanden, steigt es vom Krumhermersdorfer Bach aus steil um 200 Höhenmeter an und bietet herrliche Ausblicke und Ruheplätze. Am oberen Rand begegnen uns bereits die auffälligen Felsklippen des hellen Glimmersehiefers, die anzeigen, daß wir die Waldkirchener Verwerfung überschritten und den Börnichener Rücken erreicht haben. Die 509,1 m ü. NN gelegene Felspartie etwa 200 m links des nach Waldkirchen führenden Weges ermöglicht eine bemerkenswerte Aussicht in den Nesselgrund, auf ganz Krumhermersdorf, den an einem Turm kenntlichen Pilzhübel, auf Zschopau, die Dittersdorfer Höhe und die Götzhöhe. Ein Höhenweg führt zwischen Nesselgrund und Waldkirchener Tal zum Bahnhof Waldkirchen.

Der Nesselgrund

Nordöstlich der Krumhermersdorfer Feldgüter geht aus einem steilen, fingerförmig zerschluchteten Hang der Nesselgrund hervor, dessen Wasser sich abwärts mit dem Krumhermersdorfer Bach vereinigt (1) und unweit des Bahnhofes Waldkirchen in die Zschopau mündet. Das schöne Tal wird verhältnismäßig wenig begangen. In den unteren Abschnitt führte Oskar Seidel, der Verfasser der Zschopauer Flora (1900), seine Naturfreunde, um ihnen Mondviole (Lunaria rediviva) und Haselwurz (Asarum europaeurn) zu zeigen, die heute nicht mehr gefunden werden. Die oberen Gründe zeichnen sich durch größere Anemonen- und Himmelschlüsselbestände aus. Über den mittleren Talabschnitt erhebt sieh der sonnenreiche Hang des Hölzels. Wo der Weg von Börnichen nach Zschopau den Nesselgrund schneidet, liegt das von Krumhermersdorfer Bürgern geschaffene Freibad.

Im oberen Nesselgrund mündet, von der unteren Neunzehnhainer Talsperre kommend, der durch den Börnichener Rücken geführte, fast 3 km lange erste Wasserstollen der Karl-Marx-Städter Trinkwasserleitung aus. Von hier wird das Wasser hangparallel in einem 1.242 m langen Kanal in Richtung auf die Hofgüter von Krumhermersdorf geleitet, überquert in einem 103 m langen und bis 11 m hohen Aquädukt den Krumhermersdorfer Dorfbach, verschwindet jenseits in einem 340 m langen Stollen und fließt von dort in einem weiteren rund 1 km langen Kanalstück der Druckrohrleitung über die Zsehopau zu.

  1. Der Nesselgrund-Bach endet am Krumhermersdorfer Dorfbach und ergießt sich daher nicht in die Zschopau

Die Bornwaldhäuser

Folgt man dem von der Bornwaldschenke bei den Straßenhäusern von Krumhermersdorf abwärts in den Wald führenden Weg, so findet man, knapp 1 km weiter am Schwarzbach aufwärts im Wald versteckt, zahlreiche Mauerreste sowie einzelne verwilderte Kulturgewächse. Hier standen die Bornwaldhäuser, die nach Anlage der Neunzehnhainer Trinkwassertalsperren in den zwanziger Jahren abgerissen werden mußten, um hochgradig reines Wasser zu garantieren. Kurz vor der Einmündung des Grenzbaches befindet sich eine kleine Waldwiese. Hier stand ein Forsthaus, das als letztes der Bornwaldhäuser 1935 verschwand. Der idyllische Schwarze Teich ist als ehemaliger Mühlteich der einzige Zeuge der Siedlung. Von der alten Bornwaldmühle kündet ein handgemaltes Bild im Gastraum der Bornwaldschenke.

Der Fabrikberg

Wenig südlich der Krumhermersdorfer Straßenhäuser trägt eine kleine bewaldete Kuppe (585,4 m ü. NN) die Bezeichnung Fabrikberg. Sie erinnert an eine mehrstöckige, von der Wasserkraft der Bornwaldmühle getriebene Spinnerei, die zwischen 1820 und 1830 gegründet wurde und Arbeiter aus Krumhermersdorf, Hohndorf und Börnichen, von wo aus der Fabrikweg hierherführte, beschäftigte. Der am Ostfuß des Hügels gelegene Betrieb brannte einige Jahre nach seiner Gründung vollständig nieder und blieb wüst liegen. Nur noch einzelne im Wald versteckte Mauerreste erinnern an jene Zeit.

Neunzehnhain

Als einzige Ansiedlung im Forstrevier Heinzebank existiert noch heute Neunzehnhain. Aber viele der ihm zugeordneten, einst im Lautenbachgebiet betriebenen Mühlen bestehen nicht mehr. Nahe der Straße Heinzebank-Lengefeld arbeitete noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Buschmühle. Am Lautenbach abwärts mußten Schickes Brettmühle und die unterhalb der großen Sperrmauer gelegene Zenkers Brettmühle der Trinkwasseranlage weichen. Unmittelbar oberhalb der Klatschmühle befindet sich heute die Anlage der Unteren Sperre. Weitere Mühlen lagen im Schwarzbachtal. Unterhalb des Zusammenflusses von Schwarz- und Lautenbach arbeitete von 1697-1729 der von Zschopenthal nach hier verlegte Zschopenhammer und dicht daneben die Hammermühle, die als letzte Brettmühle 1955 ihren Betrieb einstellte. Beide Produktionsstätten und die weithin bekannte Hammerschenke bildeten den Kern von Neunzehnhain, das zuletzt 8 Häuser umfaßte. 6 davon wurden 1945 zerstört, als den Sperranlagen ein amerikanischer Luftangriff galt.

Heute wird in der Neunzehnhainer Abgeschiedenheit wissenschaftliche Forschung betrieben. Die verbliebenen Gebäude sind zu einem hydrobiologischen Laboratorium der Sektion Wasserwesen der TU Dresden ausgebaut. Der Tanzsaal der alten Hammerschenke wurde in einen Kursraum verwandelt, in dem Studentengruppen spezielle Ausbildung erhalten. Oberstes Anliegen der Forschungsarbeiten in Neunzehnhain ist neben der Lehre die Erforschung der Ökologie in den Trinkwasserreservoiren, insbesondere unter der Fragestellung, wie die Mikroorganismen auf die Wasserqualität einwirken.

Wenig abwärts von Neunzehnhain befindet sich die 1905 bis 1907 erbaute untere Talsperre, von der das Trinkwasser in die Talsperre Einsiedel nach Karl-Marx-Stadt übergeleitet wird. Die reichlich 150 m lange Sperrmauer staut rund 550.000 m3 Trinkwasser, also fast doppelt soviel wie die Talsperre Einsiedel. Dennoch reichte auch diese Anlage nicht lange für den steigenden Wasserbedarf von Chemnitz, so daß, gestützt auf die gemessenen Überflußreserven, wenig später die Obere Talsperre errichtet wurde.

Am hinteren Ende der kleinen Talsperre finden wir, im Gebüsch versteckt, noch Reste einiger Kalköfen. Sie belegen den Abbau von Kalklinsen, die dem Glimmerschiefer eingelagert sind. Die nächste befindet sich wenig weiter hangaufwärts, zwei weitere stehen unterhalb der Sperre am linken Talhang an.

Der lange Stein

Der Lange Stein (622,4 m) gehört zu den großen Felsklippenpartien des Bornwaldes. Er überragt aber seine Umgebung nur unwesentlich, wird von einem in Nordnordost-Südsüdwest-Richtung verlaufenden Zug von Felskuppen gebildet und baut sich aus hellen Glimmerschiefern auf. Diese Gesteine bestehen im wesentlichen aus den Mineralien Quarz und Muskowit. Quarz tritt häufig in größeren Knauern auf. Nicht selten sind im Gestein Fältelungen zu beobachten.

Reichlich 800 m südsüdöstlich davon erhebt sich hoch über der Schwarzbachmündung eine weitere spornartige Felspartie über dem westlichen Ufer der Oberen Neunzehnhainer Talsperre. Ihr Name, Weißer Stein, nimmt auf den Quarzreichtum der Glimmerschiefer Bezug. Drei weitere Klippenbereiche finden wir auf dem schmalen Rücken ostwärts des Lautenbaches im Lengefelder Wald:

Sie markieren alle die ausstreichenden Schichtköpfe des widerstandsfähigen Gesteins.

Alle diese eindrucksvollen Klippen tragen Wald. In Abhängigkeit vom jeweiligen Holzeinschlag bieten sich von einzelnen immer wieder einmal Ausblicke über die nähere Umgebung und auf die nahen Talsperren, von den östlichen auch über das Flöhatal, auf die Saidenbachtalspetre und die dahinter gelegenen Höhen um Sayda.

Bornwald


Dieser Beitrag besticht durch die hochtrabende Sprache kluger Leute, mit der sie ihr Halbwissen unters Volk bringen. Brrr ...

Wer von Augustusburg in Richtung Marienberg fährt, bemerkt von Waldkirchen linksseitig ein geschlossenes Waldgebiet, das uns bis zur Roten Pfütze und darüber hinaus begleitet. Aus Unterlagen des 16. Jahrhunderts geht hervor, daß der Wildenstein zwischen Waldkirchen und Grünhainichen mit Buche und Tanne bewaldet, aber stark verhauen war. Dieselben Arten bildeten auch den hauptsächlichen Holzartenanteil des sich nach Süden anschließenden Bornwaldes. Heute herrscht die Fichte vor, die durch ihre Massenleistung besticht. Die Buche finden wir bestandsbildend, sie kommt aber auch in Einzelmischung vor. Edellaubhölzer in sickerfeuchten Schluchten werden durch Eiche, Lärche, Birke und Eberesche ergänzt. Entlang den Wasserläufen ist die Erle anzutreffen. Viele Wege und Flügel durchziehen den Heinze- und Bornwald, der eine ausgesprochene Ruhezone darstellt. Neben den in den niederen Lagen vorkommenden Tierarten, wie Reh, Schwarzwild, Fuchs, Dachs, Hase, Mäusebussard, Habicht und Sperber, trifft fnan in dem großen Wald auch Rotwild.

Der Bornwald, auch Forstrevier Heinzebank genannt und umsäumt von den Orten Börnichen, Krumhermersdorf, Großolbersdorf, Lauta, Lauterbach, Lengefeld und Wünschendorf, bedeckt fast völlig das gesamte Einzugsgebiet des Lautenbaches. Inmitten des sonst noch stark gerodeten unteren und mittleren Erzgebirges deutet dieses große geschlossene Waldrevier auf für den Ackerbau ungünstige Verhältnisse hin (1). Das Relief zeichnet sich um Neunzehnhain durch tiefe und steilhängig felsdurchsetzte Teile aus. Außerdem belegt eine Vielzahl von Felskanzeln und Klippen auf den Nebenwasserscheiden deutlich, daß wir hier, wie auf dem Börnichener Rücken, den quarzreichen hellen Glimmerschiefer als Ausgangsgestein vor uns haben, und nahezu das gesamte Waldgebiet, weit über die Talhänge hinaus, verrät die armen skelettreichen Böden dieses Gebietes.

In den noch weniger tief zertalten westlichen Teilen des Bornwaldes bestanden einst 3 Dörfer (2), die zusammen ein Kirchspiel bildeten: Oberhalb der großen (Neunzehnhainer Talsperre am unteren Goldbach das Dorf Mittelbach, oberhalb des Schwarzen Teiches das Dorf Sehwarzbach, an das heute die Gewässerbezeichnung erinnert, und schließlich am Grenzbach das Kirchdorf Bert(h)elsdorf, das ziemlich groß gewesen sein muß; denn in alten Urkunden schrieb man von "Krumhermersdorf bei Berthelsdorf". Die Flurnamen Kirchhof und Kirchhof-Flügel erinnern noch an die Gegend des ehemaligen Friedhofes. Diese Dörfer wurden 1632 durch die Schweden zerstört. Daß sie nicht wieder aufgebaut wurden, mag wohl der geringen Ergiebigkeit des Ackerbaus zuzuschreiben sein. [Anmerkung von C+H. Doerffel: Dieser Absatz ist reine Erfindung!]

Auf den armen sauren Böden kommt es zu Podsolierungserscheinungen, es werden also unter der Humusauflage durch das Sickerwasser die braunfärbenden Eisenverbindungen ausgewaschen, wodurch ein fahler bis heller Bleichhorizont entsteht. Derartige Böden, reichliche Jahresniederschläge (um 950 mm) und höhenlagebedingte kühlere Sommer bieten dem Waldwachstum sehr günstige Bedingungen. Das Lautenbach-Gebiet bildet durch seine natürliche Beschaffenheit und Landnutzung eine auffallend einheitliche Kleinlandschaft, die heute neben der Holzproduktion zwei weitere, nicht minder wichtige Funktionen erfüllt. Der Wasserreichtum und die hochgradige Reinheit der Fließgewässer stempeln es zum hochwertigen Trinkwasserquell für Karl-Marx-Stadt, womit der Name Bornwald mehr denn je besonders gerechtfertigt erscheint. Zugleich entwickelt sich hier in der Gegenwart ein stark zu beachtendes Naherholungsgebiet als physischer und psychischer Born für die Bewohner der näheren und weiteren Industrie- und Ballungszentren.

Auf Grund seiner Vegetation rechnen wir den Bornwald bereits zur montanen Stufe des Erzgebirges. In der Bodenflora der artenarmen Fichtenforsten herrschen Säurezeiger vor, wie Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), Dorniger Wurmfarn (Dryopteris austriaca) und Drahtschmiele (Descharnpsia /lexuosa). Große Flächen bedeckt das mitteleuropäisch-montane Bergreitgras (Calamagrostis villosa), das bei zu geringer Höhenlage in Fichtenforsten nur Blattwerk ausbildet und seine Massenausbreitung höchstwahrscheinlich durch die Intensivierung der Fichtenwirtschaft erhalten hat. In diesen Reitgrasrasen finden wir vereinzelte Herden des nordischen Siebensterns (Trientalis europaea). Vor allem an Weg- und Schneisenrändern tritt das subatlantisch-montane Harzlabkraut (Galium hercynicum) auf, an Gräben erscheint hin und wieder der ebenfalls subatlantische Rippenfarn (Blechnum spicant). Die größten Teile des Bornwaldes dürften ursprünglich mit bodensauren Buchen- und Buchen-Fichtenwäldern bestockt gewesen sein, worauf noch heute manche Buchenbegleiter, wie Hasenlattich (Prenanthes purpurea), Waldmeister (Galium odoraturn) und Quirlblättrige Weißwurz (Polygonatum verticillatum), an einzelnen Stellen hindeuten.

Reste von Borstgrasrasen auf anmoorigen Böden im Einzugsbereich des Grenzbaches zeichnen sich durch das Auftreten von Blutwurz (Potentilla erecta), Bergplatterbse (Lathyrus montanus), Bärwurz (Meurn athamanticum), Sparriger Binse (Juncus squarrosus), Waldläusekraut (Pedicttlaris silvatica) und Arnika (Arnica montana) aus.

  1. Vielleicht. Der östliche Teil des Waldes ist für Landwirtschaft einfach zu hängig. Der westliche Teil jedoch hat sanfte Hänge, und vor allem schützen die Höhen vor Nordwestwind - dieses Gebiet sollte also durchaus für die Landwirtschaft brauchbar sein.
  2. O weh, das alte Leiden! Dieses Fantasieprodukt muss doch wirklich immer wieder einer unkritisch vom anderen abschreiben!

Weißer Ofen

Unter den zahlreichen Kalksteinvorkommen, die den kambrischen Glimmerschiefern eingeschaltet sind und früher Anlaß zu bergmännischer Gewinnung gaben, ist das vom Weißen Ofen jenes, welches noch in jüngster Zeit vom VEB Marmor- und Kalksteinwerke Zöblitz, Zweigwerk Lengefeld, ausgebeutet worden ist. Seit 1960 ruht der Abbau, der zuletzt unter Tage vor sich ging. Reste des feinkörnigen kristallinen Kalkgesteins von hellgrauer Farbe sind in der Umgebung der Stolleneingänge zu beobachten. Auf Grund seines verhältnismäßig hohen Magnesiumgehaltes muß das Vorkommen als dolomitischer Kalkstein angesprochen werden. Harnischflächen an der Südostwand des Bruchgeländes weisen auf tektonische Beanspruchungen hin. Das Nebengesteiri, ein heller Glimmerschiefer, steht auf der Nordseite des Zuganges zum Bruchgelände an. Außer den Hauptbestandteilen Quarz und Muskowit beteiligen sich Granat und Feldspat an der Zusamniensetzung dieses grobflasrigen bis schiefrigen Gesteins.

Obere Talsperre Neunzehnhain

Obwohl umzäunt und für den Wanderer nicht direkt zugänglich, bietet die im Wald eingebettete Obere Talsperre Neunzehnhain von den Randwegen, aber auch von einigen weiter entfernten Standpunkten des Bornwaldes einen reizvollen Eindruck. Besonders bleibt die den Wasserkörper umgebende Stille in tiefer Erinnerung.

Erbaut wurde die Anlage wenige Jahre nach der Unteren Talsperre 1911 bis 1914 mit einem Kostenaufwand von 2,8 Millionen Mark. Bereits 1913 begann der Wasserstau und damit die Inbetriebnahme. Die 288 m lange und 33 m hohe Sperrmauer ist aus Glimmerschieferbruchsteinen unter Verwendung von Zement-Trass-Mörtel errichtet, am Fuß 27,5 m, auf der Krone 4,5 m breit und besitzt eine Mauermasse von 51.600 m³. Das Fassungsvermögen der Sperre beträgt 3 Mill. m³ Wasser, womit sie heute zu den kleinen Anlagen zählt. Der Wasserspiegel befindet sich 525 m ü. NN, die überstaute Fläche nimmt rund 29 ha ein, und das wasserreiche Einzugsgebiet umfaßt nur 14 km². Einen besonderen Eindruck vermittelt die Anlage dann, wenn der Sperrenraum gefüllt ist, Wasser in einem 40 m breiten Wasserfall überfließt und zu Tale tost.

Knappe zwei Jahrzehnte nach dem Bau reichte auch diese Talsperre nicht mehr aus, um den Chemnitzer Wasserbedarf voll zu decken. So entstand in den Jahren 1929 bis 1933 östlich der Flöha zwischen Reifland und Forchheim die Saidenbachtalsperre mit 22,4 Mill. m³ Stauraum. Belief sich 1929 der tägliche Wasserbedarf der Industriestadt (360.000 Einw.) auf 40.000 m³ (pro Einw. 111 Liter), so benötigte das neue Karl-Marx-Stadt 1971 (300.000 Einw.) pro Tag 108.000 m³ Wasser (pro Einw. 360 Liter). Damit kann auch die Saidenbachtalsperre den ständig wachsenden Bedarf nicht immer voll befriedigen, und es muß zeitweilig noch Wasser aus der 1967 fertiggestellten Rauschenbachtalsperre von der oberen Flöha bei Cämmerswalde übergeleitet werden (1).

Die Obere Neunzehnhainer Talsperre hat mithin gegenwärtig nur noch einen begrenzten Anteil am Karl-Marx-Städter Trinkwasseraufkommen. Dafür hält sie einen anderen Rekord. Sie stellt die mit Abstand qualitativ beste Trinkwassertalsperre dar. Das Wasser ist von solcher Reinheit, daß das Sonnenlicht bis auf den Talsperrengrund gelangen kann. Die natürliche Entwicklung von pflanzlicher und tierischer Substanz im Wasser, welche besonders bei Anwesenheit von Stickstoff und Phosphor rasch zunimmt, ist die geringste in ganz Mitteleuropa. Wenn andere, gleichfalls in Waldgebieten angelegte Talsperren, wie der schlecht durchlüftete Wasserkörper der Anlage Sosa, nicht mit Neunzehnhain konkurrieren können, so wird verständlich, welche wichtige Forschungsaufgabe dem nahe gelegenen hydrobiologischen Labor zufällt.

  1. Das ist aber kein Zeichen ökonomischer Stärke!
    Nach der Wende sank der Wasserbedarf durch den flächendeckenden Einsatz von Wasseruhren und realistischeren Wasserpreisen so stark, dass der Stollen nach Chemnitz nach Aussage des Talsperrenmeisters nicht mal mehr halb voll ist.