1618 - 1648
30 Jahre Krieg

Es klingt wie aus sehr fernen Zeiten, was wir davon wissen: Niedergebrannte Orte, zerstörte Burgen, grausamer Terror schwedischer Landsknechte.

Nach offizieller Lesart ging es in diesem Krieg von 1618 bis 1648 um den richtigen christlichen Glauben: Hier katholischer Papst, dort evangelisch, oder protestantisch, oder reformiert mit vielen bekannten Namen: Luther, Kalvin, Zwingli. - Das fünfte der zehn Gebote fordert von jedem Christen kategorisch:

Du sollst nicht töten!

Und Jesus selbst hat recht eindrücklich dazu aufgerufen, Gewalt nicht mit Gewalt zu beantworten: "Wenn einer dich auf die linke Backe schlägt, so halte ihm auch die rechte hin". Wie vertrug sich das mit Krieg um den rechten christlichen Glauben?

Nein, es ging hier keineswegs um die richtige Art, zu beten, mit Gott zu sprechen. Das war lediglich Propaganda, Wahlkampf würde man heute sagen. Tatsächlich ging darum, ob in Mitteleuropa die Kirche oder die Adligen das oberste Sagen hatten - und damit über den vom Volk erzeugten Reichtum verfügen konnten.

Die Kipper und Wipper waren damalige Großhandels- und Bankhäuser.Sie kauften vom Kaiser das Recht, Münzen herauszugeben. Da der Kaiser geld zum Kriegführen brauchte, musste er dulden, dass seine Geldgeber sich nicht an die Vorschriften hielten zum Edelmetallgehalt des Geldes. Daher galten diese Münzen im Handel weniger als ihr aufgeprägter Wert - ein Vorläufer der Inflation.

Dieser Reichtum war schon beachtlich: Städte voller fleißiger Handwerker, Silberbergwerke, Handelsschiffe, die nach Indien und Amerika fuhren. Und nicht zuletzt Bauern, die vor allem für die Erzeugung von Steuern arbeiteten. Konnte man der anderen Seite diesen Reichtum nicht ablisten, mußte er zerstört werden. Dazu also Krieg!

Krieg ist unproduktiv. Die Menschen, die ihn führen, zahlen keine Steuern mehr und kosten statt dessen Geld. Auch die Waffen kosten Geld. Auch die Reparaturen der Kriegsschäden! Also mußten weniger Bauern und Handwerker nun mehr Steuern zahlen, und dazu fiel der jeweiligen Obrigkeit immer etwas ein - siehe links.

14 Jahre lang spürte man in Sachsen diesen Krieg nur aus der Entfernung. Beispielsweise an den Silbermünzen, die aus weniger Silber bestanden und doch noch genausoviel gelten sollten. Keiner nahm sie gern, doch ohne Geld konnte selbst ein Bauer nicht leben.

Am 31. Juli 1631 ist Michael Felbers Sohn Adam begraben worden, welcher an einer Seuche, der Durchlauf genannt, gestorben. Welche soll Jobst Birner mit aus dem Heerlager Frankfurt-Oder gebracht haben.
Auch an häufigeren Seuchen war der Krieg zu spüren. Sächsische Soldaten brachten sie aus der Fremde, aus den unhygienischen Bedingungen von Feldlagern mit:
Am "Durchlauf" starben damals in 14 Tagen soviele Leute wie sonst in einem ganzen Jahr. Beispielsweise sämtliche Bewohner des Felberschen Bauerngutes, so daß es beim Einmarsch fremder Soldaten bereits wüst und leer stand.

Dieser Einmarsch erfolgte im August 1632. Anlaß war das sächsisch-schwedische Bündnis, das dem Kaiser mißfiel. General Holck aus Wallensteins Heer erhielt den Auftrag, in Sachsen Dörfer und Städte zu zerstören, bis der sächsische Kurfürst dieses Bündnis auflösen werde. Diesen Befehl erfüllte Holck nicht nur mit besonderer Grausamkeit, sondern auch mit besonderer Gründlichkeit. - Sein Ruf eilte ihm voraus. Die Einwohner Zschopaus flüchteten bis auf 50 Leute in die Wälder. Ähnlich dürfte es überall gewesen sein. Als die Geflüchteten zurückkehrten, war ihr Eigentum geplündert und zerstört.

Hilfe? In Krumhermersdorf gab es nichtmal eine richtige "Obrigkeit"! Der Nachfolger des ehemaligen Grundherrn, das war der

wohledle, gestrenge und ehrenfeste
Herr Rudolf Vitzthum von Apolda,
kurfürstlich sächsischer geheimer Kammerrat,
Oberkämmerer und Hauptmann der Ämter
Chemnitz, Augustusburg und Lichtenwalde

hatte infolge eines "Lehnsfehlers" Krumhermersdorf nur bis 1635 zu eigen. Das Pfarrhaus wurde 1632 zerstört, der Pfarrer zog nach Waldkirchen und betreute Krumhermersdorf lediglich als Außenstelle. - Und die Amtleute in Augustusburg dürften mit den Schultern gezuckt haben: Es ist Krieg, da gilt Faustrecht. Möge sich jeder schützen, so gut er kann.

Weil man etliche Soldaten unten im Dorfe abgesetzet und [ihnen] die Pferde genommen [hat] welches nicht nur hiesige Leute, sondern auch benachbarte verübet, [haben] General Holcks Völker [Soldaten] auf ihres Generals Befehl das Dorf angestecket [angezündet]; niedergehaun, was sie angetroffen, also daß sie etlichen die Köpfe in einem Hieb abgehauen [haben] und der Kopf den Berg [hin]abgelaufen, das Corpus [Körper] aber liegengeblieben [ist], welches jämmerlich zu sehen gewesen. Und sonst übel verfahren, wie die Rudera [Spuren] noch ausweisen.
Aus der Chronik der Pfarrer

Zorn und Verzweiflung der Krumhermersdorfer werden zu der folgenden Partisanenaktion geführt haben: Ein Trupp Soldaten wurde gefangen, entwaffnet und verprügelt. Die Pferde nahmen die Krumhermersdorfer mit. General Holck nahm dafür schreckliche Rache.

Krumhermersdorf muß damals ziemlich gründlich abgebrannt sein. So standen allein von den Bauerngütern, die von der Kirche Geld geborgt hatten, 1636 dreizehn "wüst und abgebrannt". - Auf die Zerstörungen folgte gleich wieder eine Seuche, so daß innerhalb von zwei Jahren 700 Menschen aus Krumhermersdorf starben. Von dem Rest verließ ein Teil vorübergehend oder für immer unseren Ort. Als 1634 erstmals seit der Zerstörung wieder Kirchenbuch geführt wird, sind nur noch ein bis zwei Geburten pro Jahr zu verzeichnen. Vorm Krieg waren es 20 bis 30!

Doch das Elend war noch nicht vorüber. 1635 schloß der Kurfürst einen Separatfrieden mit dem Kaiser. Nun waren die Schweden die Feinde, und kaiserliche Soldaten sollten sie aus Sachsen vertreiben. - Für die Einwohner blieb es sich fast gleich, wer Freund oder Feind war: 1635 drangen kurfürstliche (sächsische, also eigene) Soldaten in die Kirche ein und nahmen die letzten Wertstücken mit, zwei Leuchter. Was sie sonst im Dorf noch raubten, ist nicht vermerkt. Vielleicht waren sie wenig später die Gejagten im Bornwald und vergruben dort eben jene Leuchter?

Es wurde in der Folgezeit gefährlich, allein aus dem Dorf zu gehen. Die Soldaten betrachteten den Krieg mehr und mehr als Quelle zur Bereicherung und zum Befriedigen ihrer Wünsche. Etliche Kinder wurden in dieser Zeit geboren, von denen im Kirchenbuch steht: "Wurde in der Unehre mit einem Soldaten gezeugt." - Eine Wiese, die alljährlich von der Kirche verpachtet wurde, "wollte keiner um gebührlichen Zins bewirtschaften". - Ja, selbst in die Kirche trauten sich die Leute kaum, so daß wochenlang der Gottesdienst ausfallen mußte! Da die Bauern nicht aufs Feld gingen, wurden nicht viel Nahrungsmittel produziert. Diese wurden daher teurer und teurer, "daher auch viele Menschen sogar das gestorbene Vieh kochen und vor Hunger essen mußten".

Als 1648 Frieden geschlossen wurde, konnte von Siegern keine Rede sein. Das Land war entvölkert und verwüstet. 30 Jahre hatten gezeigt, daß Gewalt ausnahmslos alle schädigte. Aber wieviel Opfer hatte diese Erkenntnis gekostet!

Nicht nur, daß es keine Sieger gab: Es gab nur Verlierer!


1289: Die Schellenberger Fehde
1420: Hussitenkrieg
1547: Schmalkaldischer Krieg
1632: 30-jähriger Krieg
1756: 7-jähriger Krieg mit Preußen
1813: Napoleon contra Alliierte
1870: Reichseinigung und Krieg gegen Frankreich
1914: 1. Weltkrieg
1939: 2. Weltkrieg
1980: Ausblick auf einen 3 Weltkrieg?
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