Markante Jahreszahlen im Überblick:

 

Im Mittelalter

Mittelalter-Markt mit tollen Naturprodukten!

Spielleute mit wunderlichen Instrumenten und gellender, rhythmischer Musik!

Gaukler, Feuerschlucker und derbe Späße!

Aber was wissen wir vom unsagbaren Schmutz der damaligen Zeit, von Armut bis zum Verhungern neben protzigen Palästen, vom kaum vorstellbaren Aberglauben voller Angst, den Kirche und Inquisition noch schüren.

Das Kloster Hersfeld in Hessen hat im 12. Jahrhundert Land erworben im fernen Meißner Land: Vom Kamm des Gebirges bis hin nach Döbeln, im Westen vom Chemnitzer, im Osten vom Altzeller Klosterland begrenzt. Siedler für dieses Land werden im Umland des Klosters angeworben. Diese ziehen bis zur Salzstraße (von Halle nach Prag), hinter der das unbesiedelte Hersfelder Land liegt. Hier gründet der Zug mit dem Anführer Hermann unser Dorf.

1289 bis 1324: Ritter Heinrich von Schellenberg legt sich mit dem Kloster Altzella an und zieht den Kürzeren: Seitdem gilt er als Raubritter. Ihm untersteht unter anderem die Burg Rauenstein, von der aus Krumhermersdorf verwaltet wird. Nach dem Sieg über ihn läßt der neue Herr Johannes von Waldenburg 1369 erstmals genau aufschreiben, welchem Ritter welche Dörfer unterstehen.

Um 1350: Die Pest wütet. Manche Orte sterben fast aus; möglicherweise auch Berthelsdorf im Bornwald, das nach dem Hussittenkrieg (um 1430) aufgegeben wird.

Eine Kirche wird gebaut. Reichlich 200 Jahre nach der Ortsgündung sollten die Bauern das schon bezahlen können.

 

Zeit der Reformation

 

Auf dem Weg ins Armenhaus

Nie wieder würde vom reichen Erzgebirge die Rede sein!

Das war nicht allein das Ergebnis von 16 Jahren Krieg. Oder von versiegendem Erzgängen.

Die Verarmung unserer Gegend ist auch durch die gnadenlose Ausplünderung von Südamerikas Silberminen entstanden.

Die Krumhermersdorfer mußten sich neuen Erwerb erschließen.

1654 wird Georg Friedrich von Metzsch für 130 Jahre der neue Grundherr Krumhermersdorfs. Jahrzehnte dauert es, bis alle abgebrannten Höfe wieder bewohnt sind. Doch Landwirtschaft und Silberbergbau werfen kaum noch Gewinne ab. Das Erzgebirge wird zum Armenhaus. Ein Zschopauer lässt sich 1721 im Ort nieder: Die Strumpfwirkerei wird in der Folge zum Haupterwerbszweig. Doch ist es mit ihr ähnlich wie mit Leineweberei und Klöppelei: Zum Verhungern zuviel, zum Leben zu wenig.

Eine neue Kirche wird 1756 gebaut, denn der alten baufälligen Kirche hat ein Hochwasser den Rest gegeben. Im neuen, hellen Gebäude sieht der Pfarrer nun doppelt scharf auf moralische Fehltritte. Erstmals erfährt man Konkretes über Schule und Schulmeister; aber nicht viel Gutes ... Doch ehe die Kirche richtig fertig ist, marschieren die Preußen ein: 7 Jahre Krieg!

Nach dem Krieg versucht die Stadt Zschopau, den Bergbau wieder zu beleben: Es entsteht unterirdisch ein riesiges Wasserrad zum Auspumpen der Gesenke. Doch letztlich scheint sich der Aufwand nicht zu lohnen: Nach 1800 wird die ganze Anlage erneut praktisch stillgelegt.

1790: Was in Frankreich zur Revolution führt, wird in Sachsen nur zum Bauernaufstand: Unterdrückung, Willkür der Herren und maßlose Steuererhebung sind doch nicht so umfassend wie dort. Hier in Krumhermersdorf findet trauen sich die Bauern immerhin aufzumucken. Gegen die Wildplage, und gegen den ehemaligen Grundherrn von Metzsch, der immer noch meint, den Ton angeben zu müssen

 

Industrialisierung und Weltkriege

Der Fortschritt ist ungeheuer ...

Dampfkraft und Strom verändern erneut das Leben der Krumhermersdorfer erheblich. Die bis dahin selbständigen Handwerker werden zu getakteten Fabriksklaven, heute gebraucht und morgen entlassen. Schulden auf Schulden häufen die Bauern an, bis ihr Hof de facto der Bank gehört. Unerhörte Kriege verheizen die Söhne an Fronten, die tausende Kilometer von zu Hause liegen.

Das ist doch kein Fortschritt!!
Eben. Es ist der Preis für unseren Wohlstand. Ob er angemessen ist, darf gefragt werden.

Napoleons Armee und später seine Gegner ziehen durch die Gegend. Grabkreuze am Abzweig Pfarrstraße/Alte Marienberger Straße erinnern lange Zeit an verstorbene Soldaten und führen zur Sage vom feurigen Hund

Um 1820 wird im Bornwald am Schwarzen Teich eine Fabrik gebaut. Auch im Ort entstehen nach und nach Fabriken. Obwohl das Spinnen oder Strumpfwirken in der Fabrik produktiver ist, verdienen die Arbeiter weniger als früher. Zur Industriekrise 1888 gibt die Gemeinde kostenlos Suppe ab für Arbeitslose, was Krumhermersdorf den Spitzname Suppenland einbringt.

Ein letztes Mal versucht 1873 eine Aktiengesellschaft den Bergbau. Geschönte Zahlen versprechen sagenhafte Rendite. 1883 bleibt ein riesiger Schuldenberg, und das Bergwerk wird geschlossen.

1885 bekommt das Oberdorf von Krumhermersdorf eine neue Schule. Der Versuch, auch gleich noch eine neue Moral einzuführen, führte jedoch nicht so recht zum gewünschten Ergebnis ...

1907 wird die untere Bornwald-Talsperre gebaut. Ein Kanal verbindet sie mit Chemnitz, der das Krumhermersdorfer Tal mit einer markanten Brücke überspannt. Die Bewohner des Wassereinzugsgebietes Bornwaldhäuser müssen fortziehen.

Die Glocken müssen 1916 abgegeben werden, um Granaten daraus zu machen. Zum Glück entkommt die alte Glocke von 1400 dem Schmelztiegel. - 89 Krumhermersdorfer kommen im Weltkrieg um, ein Denkmal dafür steht heute noch auf dem Friedhof

Weitere Fabriken werden zwischen 1920 und 1930 gebaut. Die Landwirtschaft wird unergiebig, denn Produkte aus dem Flachland sind billiger. Viele Bauern gehen nebenbei noch "Auf Arbeit". Um 1920 bekommt Krumhermersdorf Stromanschluss, wenig später auch Gas und Trinkwasser. Man kann Radio hören und ab 1930 fahren Busse von Zschopau hierher.

Die Verarmung der Arbeiter und Bauern, die Konzentration des Reichtums in wenigen Händen erfordern 1930 dringend soziale Lösungen. Vereine und Parteien kämpfen mit Parolen, Fackelzügen, Freibier, aber auch mit Knüppeln um Wähler für ihren Weg.

Massive Aufrüstung ab 1935 mindert die Arbeitslosigkeit merklich. Einige wenige Kritiker werden im Ort verhaftet und ins KZ-Straflager gebracht. Die meisten ziehen sich ins unpolitische Privatleben zurück. 1939 und später werden Männer zum Krieg eingezogen, dafür müssen auf vielen Bauernhöfen Kriegsgefangene Dienst tun. Erneut werden Glocken konfisziert Amerikanische und englische Bomber versuchen die Talsperren zu zerstören, treffen aber Krumhermersdorf: 18 Menschen kommen um, zahlreiche Gebäude werden zerstört.

 

Die DDR bis zur Wende

Früher war alles besser!

DDR-Zeit ist keine Geschichte, sondern eigenes Erleben. Wir sollten sie besonders gut kennen?

Mir scheint, dem ist nicht so. Unsere Enttäuschung hat uns 1989 einstimmen lassen in den Chor der ewigen Besserwisser. Jetzt aber ist es an der Zeit, dass wir mutig den Kopf vom Fernseher wenden und ins eigene Leben sehen.

In den letzten Kriegstagen 1945 desertieren viele Soldaten. SS streift durchs Dorf, und der Vater der Autorin wird nur wie durch ein Wunder nicht entdeckt. - Russische Truppen marschieren am Dorf vorbei, ein Kriegsgefangener sagt: Jetzt Glück! Ich wieder Major, nicht gefangen. 1947 plündern russische Soldaten bei den Eltern der Autorin.

Wer 1950 einen größeren Bauernhof, eine Fabrik, einen Laden hatte, ist Kapitalist und gehört nach Sibirien. Ebenso, wer früher in der NSDAP war. Es gibt Verhaftungen, und westliche Radiosender schlachten das weidlich aus. Eine merklich Anzahl von Leuten verlässt die DDR Richtung Westen: Plötzlich sind sie weg, und die Nachbarn hören tags drauf das Vieh in den Ställen rumoren.

1956 bekommt Krumhermersdorf ein Freibad. Es wird mit viel freiwilliger Aufbauarbeit ("Nationales Aufbauwerk") geschaffen.

Einzelbauern ade: Die Landwirtschaft wird ab den 60er Jahren fabrikmäßig organisiert, dazu müssen die Bauern (trotz heftigem Widerstand) Felder und Tiere in die neuen Genossenschaften einbringen und dort arbeiten. Die Produktivität nimmt aber nicht wie gewünscht zu, da die Initiative des Einzelnen nicht mehr gefragt ist. Allerdings hat die LPG auch ihre Sonnenseiten: Urlaub, feste Arbeitszeit, und später billiges Futter für die private Tierhaltung.

Eine neue Schule für ganz Krumhermersdorf wird 1977 fertig.

Krumhermersdorfer Betriebe müssen in den 80er Jahren "Standfestigkeitspläne" entwickeln: Wie kann die Produktion nach einem Atomkrieg weitergeführt werden?

Die Komplexmodernisierung beginnt 1986 im oberen Dorfteil. Eine Kläranlage wird errichtet für das gesamte Oberdorf, alle Leitungen in der Straße werden erneuert. Nach und nach soll der gesamte Ort so versorgt werden, doch nach der Wende gibt es andere Prioritäten.

1989: Ende Oktober versammeln sich ca 300 Krumhermerdorfer im Gasthof. Das einladende Neue Forum, die ganz neu entstandene Anti-SED-Partei, kann jedoch keine Perspektiven aufzeigen. Drei Stunden lang wird lediglich Dampf abgelassen. - Aus dem Wunschzettel von damals ist nur ein kleiner Teil Realität geworden.

 

Seit der Wende 1989

Die Freiheit

ist uns seit der Wende gegeben: Zu fahren, wohin wir wollen. Zu wählen, welche Leute uns regieren werden. Vom Tellerwäscher zum Millionär zu werden.

Und unbequeme Fragen zu stellen:

  • Können wir die Wiege der Zivilisation im Zweistromland Irak besuchen?
  • Halten sich die gewählten Politiker an ihre Wahlversprechen?
  • Ist denn ein Krumhermersdorfer zu nennenswertem Reichtum gelangt?

Die Industrie des Ortes und der Umgebung wird fast vollständig vernichtet. Kleine Betriebe sterben an völlig unzureichender Unterstützung gegen die mächtige Konkurrenz des Westens, bei größeren hilft jene ganz offen mit beim Stilllegen. Einige neu gegründete Dienstleistungsunternehmen können es nicht verhindern: Die Mehrzahl der Krumhermersdorfer wird arbeitslos. Demografische Probleme werden sichtbar: Die Jugend wandert ab, da keine Arbeitsplätze vorhanden sind. Häuser stehen leer, und Hochzeiten und Taufen bekommen Seltenheitswert. Aus der Schule wird 1992 eine Grundschule, 2001 schließt sie dann ganz.

Nachdem es nun endlich Baumaterial nach Bedarf gibt, können viele nötige Arbeiten an Haus und Hof erfolgen. Das Dorf wird wieder richtig ansehenswert! Auch Böschungen des Bachs werden erneuert und Kanalisation bis ins Unterdorf verlegt. Der Dorfbach führt wieder WASSER statt Abwasser. Solaranlagen und Sonnenkollektoren künden vom Umweltbewusstsein der Einwohner, das langsam wächst ...

Ein Orts-Blättchen erscheint, jedoch nicht lange: "Wegen Informationsmangel" wird es bald wieder aufgegeben, Der neue Umgang mit der Öffentlichkeit scheint zunächst schwierig zu sein. Ab 1998 gibt es Informationen über das Dorf im Internet zu lesen, die nach und nach auch auf frühere Zeiten ausgeweitet werden.

Der globale Klimawandel schickt seine Vorboten:

Noch berührt uns das alles nicht sehr ...